So ein Tag, so wunderschön wie heute…

Der gestrige Tag war abgesehen von meinem Amtsbesuch noch auf andere Weise sehr schön. Einige meiner Leser werden es sicher mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, aber: Ralf zieht aus!

Nein, nicht gestern. Auch nicht heute. Aber nächste Woche am Montag, bzw. Dienstag. Er kam heute auf mich zu bezüglich des Termins und entschuldigte sich sogar nochmal dafür, dass er erst jetzt erfahren hat, wann er frei hat. Nun könnte man ja meinen, dies sei ein Termin wie jeder andere auch, den Ralf mal fix genannt hat, um einmal mehr Verantwortung los zu sein. Das mag im Zweifelsfall auch stimmen… aber ich habe seine Unterschrift diesbezüglich!

Kaum eine Stunde nachdem Ralf das unterzeichnet hatte, ist der Brief raus an die degewo gegangen, und ab jetzt wird das Ganze ein Kinderspiel. Nicht nur, dass die Zahl der verbleibenden Stunden mit Ralf demnächst nach seinen Angaben (einmal mehr) einen zweistelligen Wert annimmt…

Nein, nun haben wir auch was in der Hand, wenn er in einer Woche noch hier ist.

Unter diesen Umständen muss ich inzwischen fast lächeln über die Kackspuren, die jeden Tag erneut unser Klo zieren, weil er – der ausgebildete Koch – offenbar unter Hygiene versteht, sich einmal am Tag mit einer halben Flasche Deo einzusprühen, und sonst… ja, sonst… nix!

Es ist zwar relativ egal, ob er das tut, denn man riecht es ungelogen wirklich, ob er binnen der letzten halben Stunde das Haus verlassen hat – egal ob das am Deo oder am Körpergeruch liegt. Irritiert war ich nur einmal, als er mir – im Spaß, zugegeben! – vorgeworfen hat, man würde es in der ganzen Wohnung riechen, wenn ich mal Deo nehmen würde. Was sicher nicht grundsätzlich falsch ist, da Deo nun einmal ziemlich penetrant im Geruch ist. Aber gut…

Ralf hat mich heute auch gefragt, wie das denn mit dem Geld aussieht, das er noch von uns kriegt. Der nicht gut informierte Leser muss hier wissen, dass Ralf zum Umzug nach Berlin etwa 1200 € ausgelegt hat, mit dem Auto, Sprit, Renovierung etc. bezahlt worden sind. Das war damals verdammt wichtig, und dafür kann ich ihm prinzipiell auch heute noch dankbar sein, denn weder ich, noch Ozie, noch die WG an sich hatte das Geld damals. Diese Schulden haben sich dezimiert zu 900 €, die wir beiden (als die, die sich um die WG-Finanzen kümmern) ihm bereits im Juni oder Juli angeboten haben, zurückzuzahlen. Denn der WG geht es finanziell blendend! Ralf hat damals abgelehnt mit der Begründung, er habe gerade genug Geld. Das hat ihn allerdings nicht daran gehindert, in den Monaten danach bei gemeinsamen Freunden zu jammern, dass wir ihm noch „voll viel Geld“ schulden würden. Das ist eine regelrecht asoziale Geschichte, aber glücklicherweise leben wir nicht in einem Ralf-Universum, in dem uns unsere Freunde nach hohlem Geschwätz bewerten.

Nun hat sich seitdem aber einiges getan. In der Zwischenzeit verlief die WG-Geschichte so, dass Ralf nicht einmal mehr einen freundschaftlichen Furz gelassen hat, wenn es der WG zuliebe nötig gewesen wäre. Das heisst, er hat sich darauf besonnen, zu regeln, was wichtig ist. Da wären z.B. die Rechnungen des Pizza-Service…

Die Miete – Normalsterbliche kennen das als einen monatlich zu berappenden Betrag – hat der werte Ralf nur gezahlt, wenn in Tansania zufällig Tierarten entdeckt wurden, die die gleichgeschlechtliche Liebe praktizieren. Oder so. Naja, die letzte Mietzahlung kam Mitte Oktober (für September) – was uns dazu veranlasst hat, vom gemeinsamen Konto (wir haben inzwischen ein neues) einfach alles entsprechend abzuziehen. Nun hat Ralf also ein Konto, auf dem 350 € lagern. Das ist nicht wenig – ich hätte es gerne für mich – aber dank seiner oft kruden Einstellung zur Welt wird er sicher noch einmal fragen, wo denn der Rest ist. Ich freue mich darauf, weil ich wenigstens darauf inzwischen eine passende Antwort habe.

Ich habe so das Gefühl, dass ihn das erschüttern wird, weil er irgendwoher noch 900 € erwartet. Sei es drum!

Nochmal zur allgemeinen Problematik mit ihm:

Ralf ist krank! Das ist keine Polemik, kein fieser Seitenhieb oder dergleichen, sondern eine – zugegeben unprofessionelle – Diagnose. Ralf leidet an dissozialer Persönlichkeitsstörung. Das würde ich hier nicht schreiben, wenn ich mir nicht sehr sicher wäre. Er empfindet nur bedingt Empathie und verstößt bewusst gegen soziale Normen – nicht ohne Lustgewinn – er erfindet dafür Rechtfertigungen blödsinnigsten Ausmaßes und fühlt sich dann noch benachteiligt. Er vermutet hinter allem einen Angriff auf seine Person, ist weder lern-, noch kritikfähig, sondern begegnet jeder Kritik mit einer latenten Aggressivität, die jedoch – glücklicherweise – nicht in Ausbrüchen mündet. Seine Ziele sind Macht und Geld, was zwar im Widerspruch zu seiner oberflächlichen kommunistischen Meinung steht, jedoch in seinem Handeln deutlich erkennbar ist. Ebenso deutlich erkennbar ist die für dieses Krankheitsbild typische innere Leere, die ihn dazu bringt, stundenlang Zigarettenschachteln zu zerschneiden oder sich selbst mit Kuli zu bemalen, ohne dass ihn das Ergebnis interessiert. Er ist schlicht und ergreifend nicht in der Lage sich selbst zu beschäftigen, sondern giert – uns gegenüber hat er das inzwischen unter Kontrolle – nach Aufmerksamkeit durch andere. Zumindest hier in der WG ist er nicht imstande, sich auch nur um die einfachsten Verpflichtungen zu kümmern, was sich außerhalb aber auch darin zeigt, dass er trotz ausreichender finanzieller Mittel nicht in der Lage war, z.B. seinen Handy-Vertrag zu bezahlen.

Das alles ist im Grunde sehr traurig, aber leider auch wahr. So sehr ich meinen Groll ihm gegenüber hege, so hoffe ich doch, dass er irgendwann mal die Hilfe bekommt, die er braucht. Nur leider ist es diesem Krankheitsbild zueigen, dass er wohl kaum jemals einen Leidensdruck verspüren wird. Zudem ist dieses Verhalten laut Psychologen durch Strafe oder dergleichen nicht konditionierbar. Mir persönlich ist die Therapie trotzdem zuviel…

2 Comments

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2 Responses to So ein Tag, so wunderschön wie heute…

  1. doch, irgendwann spürt man auch in diesem krankheitsbild einen leidensdruck, nur dauert es etwas, weil man sich imemr noch irgendwo winden kann. irgendwann jedoch, wenn das komplette umfeld sich gegen ihn abschottet wird der druck beginnen. das fängt ja schon an, dass er theoretisch niemanden in sein zimmer lassen kann…. da kommt ein puzzle zum anderen und irgendwann ist er dann ganz alleine. ich kenne leute mit ähnlichen zügen und eine z.b. zeiht jetzt aus s-h weg. keiner mehr hier, der etwas mit ihr zu tun haben will. naja, dabei macht sie es denn auch gründlich und lässt ihre kinder alleine. sie redet sich das dann schön, das die ohnehin gegen sie wären und sie sollten dann doch bitte beim vater bleiben, dann wüssten sie endlich mal, was sie an ihr gehabt haben. ich rede hier von 3 kindern, 19, 12 und 7 jahre alt….

  2. Kann schon sein, dass sich dieser Leidensdruck irgendwann mal einstellt. Ich glaube es aber nicht, da er so in seiner eigenen Welt lebt. Ich meine, wenn wir ehrlich sind, dann kann doch an allem jemand anders schuld sein. Selbst wenn ich alleine in der Wohnung sitze. Dann muss ich mir vielleicht eingestehen, dass ich den Berg Müll selbst produziert habe – aber der stört ja auch nicht, wenn niemand kommt. Dass das Geld nicht reicht? Na aber hallo: Scheiss Regierung, scheiss Arbeitsamt, scheiss Strompreise, die Wichser von der Telekom, diese Handwerker, blöder Vermieter, der nicht mal ein halbes Jahr ohne Miete auskommt…

    Ich bin mir fast sicher, dass Ralf sich gerade drauf freut, dass er ohne uns mehr Geld hat, obwohl mich echt mal interessieren würde, wo man heutzutage noch für 350 € ein warmes Zuhause mit fließend Wasser, Strom, DSL und Futter im Kühlschrank findet.

    Das Beispiel, das du anfügst, ist krass – aber ich bin mir sicher, Ralf würde dem, wäre er Vater („Diese scheiss Kondome!“), in nichts nachstehen. Er glaubt sicher, dass wir ihn vermissen werden, weil er doch Geld hatte, oder sonstwie tolle Eigenschaften. Der glaubt bestimmt dran, dass wir ohne ihn mehr spülen müssen, weil er es nicht mehr für uns macht.

    Wir haben ihm ein Jahr lang sämtliche Freiheiten gelassen, und ich kann dir versichern, mehr Leidensdruck als „Scheisse, ich muss aufräumen, wenn Mami kommt!“, ist da nicht. Und daran ist dann Mami auch selber schuld.

    Ich hatte mit Ozie jetzt oft Gespräche drüber, wie wir uns Ralfs Wohnung vorstellen, wenn er alleine wohnt. Nur so viel: Wenn ich Ralf ernsthaften Schaden zufügen wollte, dann würde ich ihm ein 10000teiliges Geschirrset und dazu noch Plastikteller schenken. Das würde wohl reichen.

    Naja, vielleicht kriege ich ja auch in Zukunft noch was mit. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, da – oh Wunder! – der gemeinsame Freundeskreis inzwischen irgendwie dazu tendiert, Ralf zu ignorieren, und ich so schnell erst mal kein Bedürfnis nach seiner Nähe habe 😉

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