26. April 2009 · 12:20
So, um – beinahe mit Verspätung – doch noch meine Meinung zu „Pro Reli“ glaubwürdig kundzutun, habe ich beschlossen, dieses Foto zu veröffentlichen:
Dagegen: Der Sash (Quelle: Offensichtlich)
Ich hoffe, es ist jetzt niemand schockiert, dass ich als Freund des Datenschutzes auch noch präsentiere, für was ich gestimmt habe – ist das doch mit Fug und Recht meine Privatentscheidung. Ehrlich gesagt hatte ich lange schon vor, etwas zum Thema zu schreiben.
Es ist nämlich schlicht abartig, wie bekloppt die Pro- und Contra-Parteien bei diesem Volksentscheid agieren. Insbesondere die Werbung, mit der die Stadt zugepflastert ist, entbehrt manchmal jeder Logik, weil sie absurd verkürzt argumentieren. Ist doch schön: Die einen Fordern Freiwilligkeit, die anderen Freiheit! Warum nicht mit ja und nein stimmen?
Für alle Nicht-Berliner – Worum es geht:
Die Initiative „Pro Reli“ fordert, dass in Berlin Religion als Wahlpflichtfach eingeführt werden soll. Das klingt erstmal komisch, und ist ein wenig unverständlich. Anders als in den meisten anderen Ländern in Deutschland kann hier Religion bisher nur als zusätzliches Fach – ähnlich einer AG – gewählt werden. Seit 2006 gibt es in Berlin einen verbindlichen Ethik-Unterricht, der den Schülern „Werte und Normen“, sowie – soweit ich weiss – auch die Ansichten der großen Religionen lehren soll. Wer auch einen Unterricht von Katholiken für Katholiken beispielsweise haben will, der muss diesen extra besuchen. Zu wohl meist unattraktiven Stunden – was für Zusatzfächer normal ist.
Die Initiative möchte jetzt, dass Religion quasi den selben Status wie Ethik erhält, und sich die Schüler für eines der Fächer entscheiden muss. Noch dazu nicht nur von Klasse 7 bis 10, wie Ethik bisher – sondern ab Klasse 1.
In meinen Augen ist das bescheuert. Nicht mal so sehr, weil ich von Religionen nicht viel halte. Das Problem ist, dass die Initiative „Pro Reli“, die mit Slogans wie „Es geht um die Freiheit“ wirbt, gar keine Freiheit in dem Sinne interessiert. Jeder Schüler hat die Freiheit, Religionsunterricht zu besuchen! Es geht darum, dass der Religionsunterricht in dieser Form bei den Schülerzahlen rückläufige Tendenzen zeigt. Wer kommt schon Nachmittags gerne extra für Religion in die Schule?
Es geht also viel mehr darum, Schüler (oder bis sie 14 sind deren Eltern) leichter in den Religionsunterricht „schleusen“ zu können, weil sie ja eh irgendwas wählen müssen. Und wenn die Eltern sowieso katholisch sind…
Ausgerechnet dem – zumindest vom Grundgedanken her – ausgewogenen und neutralen Fach Ethik wird vorgeworfen, schlecht für die Schüler zu sein. Schlecht ist dieser Unterricht in dem Sinne aber höchstens, weil Schüler feststellen könnten, dass es auch ganz coole andere Religionen gibt.
Es ist für mich schon grundsätzlich schwer nachzuvollziehen, was gegen einen übergreifenden Unterricht einzuwenden ist – insbesondere wo doch gerade alle jammern wegen mangelnder Integration von Muslimen beispielsweise – und stattdessen konfessionell getrennte Stunden zu befürworten. Dass das Ganze aber auch praktische Probleme aufwirft, ist ein kleiner aber nicht unbedeutender Nebeneffekt. Zum Beispiel muss man aus dem Nichts einen Haufen qualifizierte Lehrkräfte für diese Religionsstunden herzaubern. Am Besten für alle Glaubensrichtungen. Da dies aber zunächst eher utopisch ist, werden sich wahrscheinlich auch hier Qualitätsunterschiede geben.
Im schlimmsten – vielleicht nicht wahrscheinlichsten – Fall führt das dann sogar zu einer zunehmenden Trennung der Glaubensgemeinschaften, weil es dann hier eine gute evangelische, da eine gute katholische, und woanders eine gute muslimische Schule gibt…
Bei diesem Volksentscheid gab es für mich keinen einzigen Grund, dem blödsinnigen Freiheitsgeschwätz seitens „Pro Reli“ zu erliegen, und somit habe ich mich dafür entschieden, mit „Nein“ zu stimmen. Wahrscheinlich reicht schon die Wahlbeteiligung nicht aus, damit „Pro Reli“ Erfolge feiert, aber es wäre doch schön, wenn sie auch im Ergebnis der Wahl unterliegen.
PS: Die Gegenseite hat sich wirklich auch nicht clever verhalten. So hat der Senat es z.B. fertig gebracht, seine Nein-Haltung in unrechtmäßig von Steuergeldern bezahlten Zeitungsannoncen zu vertreten. Das ändert aber an der Sache nichts.