Wie Vertreter verschwinden…

Der Anfang war ja relativ normal. Ein Typ stand vor derWohnungstür und gab sich als Luftrettungsassistent oder dergleichen aus – eine arme Sau auf Spendenjagd. Ehrlich gesagt, ich hasse das grundsätzlich. Denn im Prinzip wäre es am ehrlichsten, gleich zu sagen:

„Verpiss dich, kein Interesse!“

Aber das kann ich nicht. Dennoch werde ich an der Haustüre keinen Vertrag unterschreiben. Naja, wie das so ist, erzählte er mir davon, dass sie wichtige Anschaffungen machen müssten, dabei auf Hilfe angewiesen seien bla etc. Ich gehe auch mal davon aus, dass das soweit stimmt. Er hat auch gleich klargestellt, dass er an der Haustüre gar nicht befugt ist, Geld anzunehmen und so weiter. Alles in allem gar nicht mal so unseriös.

Vorerst.

Dann ist er nach kurzer Zeit damit rausgerückt, dass es um 8 € im Monat geht, und das ja gar nicht so viel ist. Das hat er auch nicht dumm angestellt, indem er gleich gemeint hat, das sei ja gerade mal eine Zigarette weniger am Tag, und sowas hat man ja doch eigentlich immer übrig.

Ich hab dann – ehrlich, wie ich bin – zu Bedenken gegeben, dass ich allerdings noch einiges an Außenständen offen habe, und ein Zehner am Monatsende auf dem Konto doch manches Mal ganz gut wäre. Das war vielleicht nicht die einleuchtendste Logik als Diskussionseinstieg, aber was dann kam, hat mich wirklich überrascht. Plötzlich schien er jedes Interesse daran verloren zu haben, mir irgendwas schmackhaft zu machen und begann, sich darüber zu entrüsten, wie scheiße es doch sei, dass die Leute sich wegen solcher Kleinstbeträge immer so anstellen. Es war ein etwa einminütiger Monolog, in dem ich die Zahl der Verkehrstototen in Deutschland und die Zahl der Rettungshubschrauber erfuhr. Zudem, dass ein Kumpel von ihm – der auch wirklich nur 500 € in der Ausbildung bekommt – auch einen Zwanni im Monat zahlt, und ob er und seine Kollegen eigentlich bescheuert seien, sich fürs arrogante Volk den Arsch aufzureissen, wenn überall eine „Geiz ist geil“-Mentalität vorherrsche.

Es ist nun auch wirklich nicht so gewesen, dass ich seine Einwände nicht wenigstens zum Teil nachvollziehen hätte können, aber ein wenig absurd war es schon. Ich hab nur darauf gewartet, dass er mal einen Punkt macht, denn schließlich kann ich – als offenbar erwünschter Finanzier – auch den ein oder anderen Einwand bringen. Insbesondere den, dass ich natürlich 8 € im Monat zahlen könnte. Vielleicht sogar für irgendwelche übergeschnappten Bruchpiloten. Aber dass es eben seine Aufgabe ist, mich davon zu überzeugen, dass diese Investition wirklich sinnvoller ist, als vielleicht die Hilfe für krebskranke Kinder, die Unterstützung der Renaturierung des Amazonas-Urwalds, Zahlungen an die Unterstützergruppe „Magersucht bei Geschmacksbehinderten“ oder ehrenamtliche Arbeit beim Hauseingangs-Liga-Favoriten Klingelputz 43 der Seniorengruppe Ostmark-Donnervogel. Denn natürlich hätte ich Geld zum Spenden übrig, aber es ist wohl unschwer zu erkennen, dass 100 unterstützenswerte Gruppen à 8 € mein Monatsbudget dann doch überfordern würden.

All das konnte ich allerdings gar nicht mehr anbringen, da er mit theatralischer Entrüstung hervorstieß:

„Sowas kotzt mich wirklich an. SCHÖNEN TAG NOCH!“,

und daraufhin im Hausflur verschwand…

Irgendwie hab ich die Vermutung, dass ich gestern einen erfolgreicheren Arbeitstag hatte als dieser fliegende Paradiesvogel. Sei es drum!

4 Comments

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4 Responses to Wie Vertreter verschwinden…

  1. Aro

    Das erinnert mich an stark an Taxi-„Kollegen“, die ihre Fahrgäste unfreundlich behandeln, nur weil diese eine kurze Fahrt haben, statt einer für 50 Euro.

  2. @Aro:
    Ja, ist irgendwie selbe Liga…
    Wobei ich auch mal sagen muss, dass ich zwar ablehnend war, aber für jeden halbwegs fähigen Verkäufer noch Spielraum gelassen hab. Das macht es ja so absurd. Der ist mir jedenfalls ganz schön auf den Senkel gegangen – schon alleine, weil er mir keine Chance gelassen hat, meinen Standpunkt zu erklären. Sowas regt MICH echt auf!
    Dass er enttäuscht war – ok! Dass er seine Zeit lieber mit vielversprechenderen „Kunden“ verbringen will – ok! Aber sich beschweren und vor der Antwort flüchten… das kann ich mal gar nicht ab!

  3. Aro

    Ja, merkwürdig. Du musst echt abschreckend sein…
    😉

  4. Scheinbar 🙁
    Ist schon komisch, diese Welt…

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