Die Bekloppten in der Heimat

Am heutigen Tag fand in Stuttgart ja eine scheinbar wirklich innovative und intelligente Aktion gegen Gewalt statt. Das „Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden“ stellte vor der Stuttgarter Oper Container auf, in die man seine „Killerspiele“ werfen konnte.

Ehrlich gesagt bewirkt diese Lernresistenz der natürlich moralisch über alles erhabenen Opfern der Tragödie bei mir ziemlich dringlichst das Bedürfnis, mich an irgendwas abzureagieren. Wie praktisch, dass ich gerade FarCry installiert habe… 😉

So leid es mir für die Betroffenen tut, aber mehr als Fremdscham, Wut und Verzweiflung wird diese Aktion bei mir nicht hervorrufen. Und ehrlich gesagt: Ich halte mich nicht einmal für den unsensibelsten Menschen.

„Spiele, die das Töten von Menschen simulieren“ konnten dort also in einen Container geworfen werden. Das ist so unglaublich neu – das wird die Bedeutung von Containern revolutionieren. Es ist ja nicht so, dass verantwortungsvolle Eltern nicht bisher auch gewisse Möglichkeiten gehabt hätten, in irgendeiner Form mit dem Medienkonsum ihrer grenzdebilen Sprößlinge umzugehen.

Die Tatsache, dass einige der nun vernichteten Spiele sicher irgendwann nachgekauft werden, und somit dieser total verantwortungslosen Industrie, die quasi mit Mord ihre Umsätze macht, einen weiteren Gewinnzuwachs bescheren wird, fasse ich mal als witzigen Nebeneffekt auf.

Ich meine, es gibt viele politische Aktionen, die auf kurze Aufmerksamkeit setzen, und das ist nicht per se schlecht. Ein paar Leute beschäftigen sich ja durchaus erstmals bei solchen Gegebenheiten mit Politik. Das Anliegen in diesem Fall ist aber eine so lächerliche Form von Selbstgerechtigkeit, dass es nicht mehr feierlich ist. Ich bin wirklich so dreist, und sage einfach mal, dass jeder verdammte Idiot auf diesem Planeten, der Computerspiele dafür verantwortlich macht, dass Menschen getötet werden, zu dumm oder zu faul ist, sich mit den wirklichen Problemen vertraut zu machen. Und nicht nur das: Wenn sie selbst Kinder haben, dann ist als besonders eklatanter Vorgang der Verblödung festzustellen, dass sie von ihren Kindern und ihrer Welt keinen Plan haben. Punkt.

Da braucht mir keiner daherkommen mit „Sie können das nicht beurteilen, wenn sie selbst kein Kind verloren haben“. Denn es ist integraler Bestandteil dieser Debatte, dass keiner der Akteure wirklich informiert über irgendwas ist.

Ich hab die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen, und all die psychologischen Gutachten, die regelmäßigen Spielern eine höhere Gewalttoleranz oder eine niedrigere Hemmschwelle attestieren, will ich nicht mal ansatzweise angreifen. Aber ich werde niemals von der Behauptung abrücken, dass man für das letztliche Umsetzen eines Blutbades ganz gehörig einen an der Murmel haben muss – und das ist bei aller Angst vor „neuen“ Technologien noch keinem Medium alleine gelungen.

Ich meine, es ist doch sehr bezeichnend, dass die ganzen Horror-Videos, die in den Achziger Jahren all die Gewalt verursacht haben sollen, weiterhin existieren und heute scheinbar nicht mehr so schlimm sind. Also, dann warten wir doch noch 10 Jahre, dann legt sich die Gefährlichkeit der Killerspiele sicher auch wieder…

Und zum Abschluss ganz ruhig ausformuliert:

Liebe besorgte Eltern im Ländle. Ich weiss ihr Bemühen um eine sicherere Welt zu schätzen. Zur Wirksamkeit ihrer Kampagne möchte ich – ohne dass dies überspitzt gemeint ist! – anmerken, dass ich als Sash wahrscheinlich Amok laufen würde, wenn Menschen wie sie das Geschehen in diesem Land über ein erträgliches Maß hinaus bestimmen. Denken sie darüber nach, ob das ein Fortschritt wäre…

Nachtrag:

Die „sehr erfolgreiche Aktion“ fand im übrigen enorme Resonanz:

(via lawblog.de und jensscholz.com)

8 Comments

Filed under Medien, Politik, Vermischtes

8 Responses to Die Bekloppten in der Heimat

  1. sachsentaxi

    Ich glaub vorher defragmentier ich meine Festplatte, schmeiß alle Cds weg und installier Löwenzahn, Teletubbies,Pokemon und Bob der Baumeister auf meinem Rechner. Dann lauf ich Amok. Das wird den Psychologen EINIGES zu denken geben!

  2. @sachsentaxi:
    Vergiss nicht die Biene-Maja-Videos und Kastelruther-Spatzen-Alben… tut zwar bei der Anschaffung weh, ist es aber wert 😉

  3. Aro

    100% der Attentäter trugen übrigens Unterwäsche. Daher bin ich auch dafür, Unterhosen generell zu verbieten und öffentlich zu verbrennen.

  4. @Aro:
    Oder wie schon so oft gefordert: Verbietet endlich Brot! 🙂 Naja, eigentlich isses ja nicht allzu lustig…

  5. sachsentaxi

    @ Sash: bei den Spastelruter Katzen, hätte glaube sogar der Staatsanwalt Verständnis;O)

  6. @sachsentaxi:
    Ich sage doch, es ist einen Versuch wert. Und wenn der Erfolg „nur“ darin besteht, dass sie verboten werden… 😉

  7. Mi-Go

    Häh? Seitwann gibts denn Aktionsbündnisse für Amokläufer? Kommen die da im allegemeinen nicht selber drauf? Mal davon abgesehen isses doch etwas unfair sowas ausgerechnet in Winnenden zu gründen, die hatten schlieslich ihren Amoklauf… 😀

    Ne, mal im ernst: Wie bekloppt muss man eigentlich sein um allen ernstes zu glauben das so ne Aktion IRGENDWAS bewirkt? Ausser das sich die Beteidigten zum Gespött sämtlichen Lebens auf dem Planeten machen…

  8. @Mi-Go:
    Wer weiss, vielleicht ist es ja auch eine etwas masochistisch angehauchte Vereinigung, die auf Spott steht…

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