Sex Sex Sex*

Es ist schon eine seltsame Geschichte, nachts relativ wahllos Leute durch die Gegend zu fahren.  Und auch wenn viele Kunden das ungern hören: Ich bin nunmal als Taxifahrer auch nur Mensch und ich mache mir Gedanken über sie und auch alles andere.

Neulich erst hatte ich mal wieder eine Prostituierte im Auto, gemeinsam mit dem Freier, ein netter Kerl mit deutlichen optischen Anleihen von Peter Zwegat. Ich fand es durchaus sehr interessant, mal mitzuerleben, wie eine Nutte (ich sehe das nicht als Schimpfwort, nur als angenehm kurzes Wort für den Berufsstand) mit ihrem Kunden umgeht, d.h. in dem Fall redet.

Als Nachtfahrer in einer Großstadt, noch dazu einer verhältnismäßig liberalen wie Berlin, wird man einfach immer wieder mit Sex konfrontiert. Und ja, ich muss gestehen, ich finde das einen interessanten Teil meines Jobs. Zum einen ist das Gewerbe rund um käuflichen Sex für mich als Dienstleister einfach eine faszinierende Branche, weil sich dort in meinem Wertesystem die Grenzen zwischen privatem und Arbeit vermischen und es mich einfach jenseits aller durchaus vorhandener voyeurhaften Neigungen beschäftigt, wie so ein Gewerbe funktioniert. Und obwohl es für mich jenseits meiner eigenen Vorstellungskraft liegt, eine solche Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder gar anzubieten, finde ich es als aufgeschlossener Mensch dennoch nicht per se abschreckend. Wie in so vielen Bereichen folge ich auch hier keiner political Correctness, und möchte hier auch gerne mal meine Bewunderung kundtun für die Schreiberinnen eines Artikels in der extrem linken Untergrundzeitschrift radikal, die es vor geschätzten 10 Jahren gewagt haben, Prostitution als normale Beschäftigung zu sehen.

Ich bin ja nun ein langweiliger monogamer Hetero, glücklich liiert und (soviel Freizügigkeit erlaube ich mir) ohne gesellschaftlich sonderlich inakzeptable Interessen im sexuellen Bereich. Noch dazu bin ich nicht nur tolerant, sondern auch hart im Nehmen, was entsprechende Avancen angeht. Von Homos wie Heteros schon angemacht habe ich mich in meinem Job nie unwohl gefühlt, natürlich auch wohlwissend, dass ich meist nur Durchgangsstation für liebestolle Abenteurer bin, und den meisten bewusst ist, dass sie erst am Zielort unserer Fahrt bekommen, was sie eigentlich gerade dazu anhält, in ein Taxi zu steigen.

Bisher sind meine geschäftlichen Erfahrungen auf dem Sektor gering. Anmachen beiderlei Geschlechts hatte ich schon, mit viel Fantasie kann man auch den einen Kuss dazu zählen, den ich einer Passantin zuliebe erwidert habe. Ich hatte Nutten, Freier, Stripclubbesucher und notgeile Jugendliche im Auto. Nicht zu vergessen wäre der Greis, den ich von einem Bordell zum nächsten gefahren habe, weil sie dort „auch Betten haben, wo man sich hinlegen kann“.

Und von den widerlichen Spontan-Ausfällen des uniformierten Teils der Gesellschaft, wenn wir den Straßenstrich passiert haben abgesehen, kann ich nicht behaupten, dass auch nur eine der Fahrten in irgendeiner Form negativ aufgefallen ist. Das mag an meinem Interesse, meinem dicken Fell oder auch meiner Nachsichtigkeit mit unzurechnungsfähigen Individuen liegen, aber egal was es davon ist: Es ändert ja nichts:

Würde mich ein Kunde je wie Torsten fragen: „Machst du auch sexuelle Fahrten?„,

dann würde ich in der Hoffnung, nicht gedanklich bereits einbezogen zu sein, stets ein „Ja klar, gerne doch!“ als Antwort parat haben. Überraschenderweise sind das nämlich meistens recht unanstrengende Kunden.

Zumal ja bisweilen auch noch hammermäßig Extra-Kohle von den „Clubs“ dabei rausspringt.

Ach ja, in diesem Zusammenhang verlinke ich auch gerne noch den streetgirl-Blog von Melanie, die eben jene Dienstleistungen anbietet und darüber schreibt. Und natürlich auch das, was Klaus kürzlich präsentiert hat: Der Taxifahrer, der „Uwe Wöllner“ gesteht: „Ich werd wie ’ne Nutte bezahlt„. Ist ja irgendwie schon wahr 🙂

Ich weiss, viele vermuten, dass das die eher negativen Seiten des Taxifahrens bei Nacht sind. Stimmt aber eher nicht. Zumindest bei mir bisher.

*macht sich als Überschrift sicher gut in Suchmaschinen und soll als kleine Hommage an J.B.O. gedacht sein, die ich trotz gelegentlichen Ablegens der Männern zutiefst eigenen pubertären Gedanken gerne mal höre…

19 Comments

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19 Responses to Sex Sex Sex*

  1. Wow, ich war schon fast verzweifelt in dem Glauben, dass es heute morgen nichts zu berichten gibt. Saß quasi mit dem Zeigefinger auf F5 😉

  2. @Ingmar:
    Ui, dann solltest du aber mal überlegen, ob das noch im Rahmen liegt oder schon ein Suchtverhalten widerspiegelt… 😉

  3. Mit der Überschrift suchst du doch nur Futter für deine Rubrik Suchbegriffe der Woche. 😀
    Aber wer oder was ist J.B.O.?

  4. idriel

    Dio (rip) in Rioooooooo 😉

  5. @Klaus
    Du kennst J.B.O. nicht?
    Nachhilfe ist in diesem Fall dringend nötig! Youtube sollte ein geeignetes Informationsmedium sein!

  6. @Nick
    Okay. Jetzt weiß ich, was er mit pubertär meint.

  7. Und wie geht sie nun mit dem Kunden um?

  8. @Klaus:
    Ach, das ist ein netter Nebeneffekt. Man muss ja auch mal ein bisschen mit den Suchmaschinen und ihren Nutzern spielen dürfen. Im Übrigen hab ich aus Langeweile-Gründen inzwischen einige klassische Begriffe aus dem Metier aussortiert, sodass da gar nicht mehr alles auftaucht, was möglich wäre.
    Und was J.B.O. angeht: Waren ein paar sehr nette Abende auf Konzerten (damals, als ich noch lange Haare hatte 😉 )

    @Rinjah:
    Ehrlich gesagt, ich kann es nicht beschreiben. Zumal ich noch nicht so viele Zweiergespanne gefahren habe, um da Regelmäßigkeiten herzuleiten. Ich fand einfach den Umgangston spannend, ohne dass der jetzt besonders war. Aber wahrscheinlich liegt es einfach nur daran, dass ich mich wahrscheinlich wie ein Idiot verhalten würde, wenn ich mich für ein solches Angebot interessieren würde 😀

  9. @Sash: Ich geb’s ja zu! Ich bin süchtig 😉

  10. @Ingmar:
    Das ist aber ganz schlecht. Ich wüsste nicht einmal, welche Selbsthilfegruppen oder Therapien da in Frage kämen 🙂

  11. Walter

    Is doch ganz einfach,- als Taxifahrer verdienst du doch dein Geld auf der Strasse .
    Ein Fahrgast hat nachts mal zu mir gemeint, als ich „Vorkasse“ von Ihm wollte, wo es denn sowas gäbe ? Die Antwort lag mir auf der Zunge . . .
    Gruß aus westfalen
    Walter

  12. @Walter:
    Ich bin bisher auch noch nicht dazu gekommen, von jemandem Vorkasse zu nehmen. Die Zahlungsausfälle sind glücklicherweise verschwindend gering. Aber auf die Reaktionen, wenn es mal doch sein muss, bin ich auch gespannt 🙁

  13. Marcus

    Sagmal, kannst du denn Streetgirl Blog rechts in einer deiner Bloglisten packen…sonst muss ich ewig diesen Beitrag suchen 😉

  14. Immer diese Hektik mit den Links 🙂
    Ich mache es. Aber hast du keinen Reader, keine Lesezeichen oder so?

  15. Ich kenne einige Stripperinnen, und manch eine von denen geht auch mal mit nem Kunden aufs Zimmer. Ich könnte das nicht, verurteile es aber auch nicht.
    Und ob man nun durch die Discos zieht, sich einladen lässt, und am Ende geht man mit dem Kerl ins Bett oder ob man von vornerein auf Bezahlung besteht, letztendlich ist da kein Unterschied.
    Prostitution ist Dienstleistung, und scheinbar wird sie gebraucht.
    Wer das freiwillig macht, nicht minderjährig ist und auch damit aufhören kann, wenn es zu viel wird, also nicht gezwungen oder irgendwie unter Druck gesetzt wird.
    Leider gibt es viele schwarze Schafe, aber genau deshalb ist eine Stigmatisierung von Prostituierten der falsche Weg.
    Das gilt übrigens auch für Pornographie.

  16. @Anise:
    Meine Meinung.
    Klar gibt es eine Menge schwarze Schafe und kaputte Leute in dem Milieu. Aber daran wird man nichts ändern, wenn man das Ganze illegalisiert. Und die Nutten wissen am Besten, dass ihre Kunden nicht nur die letzten Randgestalten sind, sondern durchaus auch manch „angesehenes Mitglied der Gesellschaft“, was immer das heissen mag und warum es im Widerspruch zur Prostitution stehen muss.
    Es gibt einen enormen Markt für käuflichen Sex – egal welcher Art. Das herunterzuspielen und zu behaupten, das würde alles nur Kranke und Kriminelle betreffen, ist ein bisschen zu kurz gegriffen, schätze ich.
    Ich hab als Nachtfahrer mit so vielen potenziellen Freiern zu tun, ich glaube, ich kann jetzt schon bestätigen, dass da neben ziemlichen Idioten auch ein paar ganz vernünftige Kerle dabei sind. Und im Grunde ist es definitv besser, einer Nutte 100 € Einkommen zu bescheren, als eine besoffene 16jährige unter Vorspielung falscher Gefühle ins Bett zu kriegen.

  17. Da gebe ich dir absolut Recht.
    Ich bin für absolute Legalisierung des Jobs einschließlich Krankenkasse, Rente und Sozialversicherung, ansonsten hab ich meine Freundin schon besucht in dem Club, in dem sie gearbeitet hat, die Kunden sahen völlig normal aus, da trägt niemand ein F auf der Stirn, und ich verurteile auch das nicht.
    Ob sie nun kostenlos oder bezahlt fremdgehen, das müssen sie mit dem jeweiligen Partner klären.
    Ansonsten halt jeder wie gesagt wie er mag.

  18. @Anise:
    Es ist ja eigentlich für alle Beteiligten bekloppt, wenn man das zwingend in so eine Ecke stellt. Und nur weil das Gewerbe aus einer eher illegalen Ecke kommt, muss man das ja in aufgeklärteren Zeiten nicht beibehalten.
    Und wenn es schon keine Grenzen mehr gibt bezüglich der Partnerwahl beim Sex, dann muss man sich ja nicht künstlich aufregen, nur weil dabei noch Geld den Besitzer wechselt.

  19. Es ist zumindest ehrlich, nur Sex, keine Gefühle.
    Da gibts viel schlimmere Sachen, die ich moralisch deutlich verwerflicher finde.

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