Der heutige Tag fühlt sich ein bisschen an nach „Jugend vorbei“. Es ist nicht so, dass ich mich heute besonders reif fühle, oder andersrum bisher jeden Tag noch auf total debile, hormongesteuerte Weise in volljugendlicher Verantwortungslosigkeit beging. Nein, auf mein Handeln möchte ich heute gar nicht hinaus.
Heute ist unser Mitbewohner ausgezogen, und vorerst ist kein Ersatz geplant. Die WG ist seit heute Morgen kurz nach halb zehn Uhr mehr oder minder offiziell nur noch Pärchenwohnung. In gewisser Weise ist es nach wie vor eine Art Wohngemeinschaft, auch haben Ozie und ich getrennte Zimmer. De facto ist eine WG mit zwei liierten Personen aber nicht mehr wirklich das, was man eigentlich darunter versteht. Und auch nicht das, was wir gerade in unserer Bude sehen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass irgendwann doch mal wieder längerfristig jemand einzieht, aber es könnte ebensogut sein, dass das WG-Leben als Kapitel mit dem heutigen Tag für mich komplett der Vergangenheit angehört. Und das ist hart.
Im Grunde ist eine WG ja sehr bequem. In aller Regel gibt es immer nochmal jemanden, der noch weniger putzt, noch weniger zahlt, noch mehr Strom verbraucht… Man kann die eigene Unzulänglichkeit prima hinter den anderen verstecken, und im Ernstfall ist immer noch einer aufzutreiben, der den dringend benötigten Fuffi vielleicht doch gerade zur Hand hat. Die Verantwortung verteilt sich auf viele Personen, und selbst wenn dadurch mal was völlig in Vergessenheit gerät, wird doch jeder Ärger als Gemeinschaft wesentlich leichter wieder aufgefangen.
Zusätzlich zum immer präsenten sozialen Umfeld ist eine WG zugleich auch – zumindest war das bei uns früher so – eine Art soziales Netz. Bei uns ist nie jemand rausgeflogen, weil er dank Hartz 4 zu wenig Kohle hatte.
Aber Ozie und mir ist vorerst nach was anderem. Sicher nicht, weil wir nicht auf Gesellschaft stehen. Obwohl wir durchaus beide gut alleine über die Runden kommen. Aber es geht auch ein bisschen ums einfachere Leben. Wir müssen zwar beide ein paar Euro mehr investieren, wenn wir die Bude zu zweit halten wollen – dafür ist es wesentlich einfacher, jetzt zu entscheiden, was wir machen.
Ich erinnere mich zurück an die Diskussionen vor zwei Jahren über das äußerst wichtige Thema, welche Hocker wir nun für die Küche nehmen. Das geht zu zweit schneller. Insbesondere, wenn man sich gut versteht und sowieso jeder ein eigenes Refugium in Wahlausstattung zur Verfügung hat.
Folglich darf man gespannt sein, wie es hier weitergeht. Aber eines ist klar: Hier in der Bude wird einiges passieren! Wir haben Pläne über Pläne, und am Ende könnte es tatsächlich sein, dass wir hier in Marzahn mal keine versiffte Kommunenbude, sondern eine gemütliche Wohnung nach zumindest den Standards des Prekariats haben.
Aber irgendwie behalte ich doch so ein bisschen die Hoffnung, dass das nicht die letzte Änderung hier sein wird. Zum spießig sein fühle ich mich einfach noch zu… ja: jugendlich! 😀
Nun mit 29 bist du ja noch nicht so alt, aber du geht natürlich schon etwas in Richtung der Ü30 Party. Ca. noch 1000 Tage und du bist schon ein drittel Jahrhundert alt. 🙂
ps. Ist die Wiki weg? Immerhin auf der Suche einen Blog gefunden (Mehr Wissen). 🙂
Hmm, ich habe nie das WG-Leben gekannt. Bin jetzt 25 und Status Pärchenwohnung, nachdem es kurzzeitig sowas wie Alleinwohnung war, aber auch nicht richtig.
Wenn ich mir angucke, was meine Freundin mit ihren WG-Genossinen für einen Stress hatte, vermisse ich es auch nicht. Die erste Mitbewohnerin war noch super, danach kamen nur Honks.
@Nobody:
Hey! Noch bin ich nicht 29!
Weiss gar nicht, was das Wiki macht. Aber ja, ich dünne da ein wenig aus. Und welchen Blog hast du gefunden?
@Matthias:
Ist wie alles ein zweischneidiges Schwert! Eine gewisse Liebe zum Obskuren und zum Chaos sollte man sicher immer mitbringen, damit es gut wird.
Aber wenn man über 4 Jahre in DER WG im Umfeld gewohnt hat. Ein Freund meinte mal bei einem gemütlichen Abend beeindruckt: Weisst du, ich finde es ja schon geil, euch zu besuchen. Aber wie muss es erst sein, hier zu wohnen?
Und zu wissen: Hey, die besten Parties, die ich je hatte, haben bei mir zuhause stattgefunden…
Und wir hatten auch Stress, keine Frage. Mitbewohner haben nicht gepasst, Geld war knapp, die Bude dreckig… ich weiss schon, warum ich jetzt gerade froh bin, das nicht mehr zu haben. Aber rückblickend war es dann doch überwiegend geil.
Nun ich habe den Blog von einem gewissen Sash gefunden. Das ist so ein WG Typ aus Stuttgart der dort verschmandet. 🙂
@Nobody:
Puh, welcher? Der bei overblog?
Oder hast du die Fragmente bei myblog.de auch schon gefunden? 😉
Oh mehr Futter. 🙂 Nein ich hab nur in der WG geschaut aber ich hole dieses Versäumnis natürlich nach.
@Nobody:
Sehe gerade, dass der overblog-Blog inzwischen down ist. Bei myblog.de kenne ich die Adresse selbst nicht mehr 🙂
WG-Leben ist anstrengender, nervenaufreibender, chaotischer, alternder, ganz klar. Aber es ist cooler, wenn es denn passt. Ich habe etwa 30 Jahremeines Lebens in WGs, Kommunen, besetzten Häusern gewohnt und vermisse es sehr (auch wenn ich gerade erst sein zwei Wochen allein wohne).
Ich finde es toll, wenn man schnell mit verschiedenen Leuten zusammen sein kann. Zum Quatschen, gemeinsamen Kochen, Glotze glotzen, zusammen was unternehmen – und dass man nicht allein sein muss, wenn man nicht will. Sonst muss man sich immer erst verabreden, das ist einfach was anderes.
@Aro:
Das stimmt. Uneingeschränkte Zustimmung. Das Witzige ist: Ich bin eigentlich gar kein Gesellschaftsmensch. Natürlich brauche ich wie jeder andere auch seine sozialen Kontakte, und mir ist eine ehrliche Freundschaft immer wichtig gewesen.
Aber wenn ich mal – was ich schon aus Beziehungsgründen selten bin – wirklich alleine bin, dann ist das auch eine Wohltat sondersgleichen. Ja, ich bin von meiner Natur aus tatsächlich ein Mensch, der gefährdet ist, zu vereinsamen. Ich kann mich stundenlang nur mit mir selbst oder mit Texten von anderen, Musik oder sonstigen Kulturgütern beschäftigen.
Deswegen war es sicher nicht dumm, dass ausgerechnet ich Teil einer WG war, die damals in Stuttgart noch einen gewissen Ruf genossen hat, bei der man nicht nur schnell mal einen Mitbewohner im Zimmer stehen hatte, sondern wo auch Leute mal mittags geklingelt haben, einfach um eine Runde gemeinsam zu kochen.
Aber gerade (derzeit ist auch Ozie ausgeflogen) weiss ich es wahnsinnig zu schätzen, mal wieder ein paar Stunden / Tage einfach mit mir zu verbringen.
Das hat mir in der WG bisweilen gefehlt, und so war ich immer einer derjenigen, der sich als erster bei einer Party zurückgezogen hat, um alleine ein bisschen Musik zu hören etc.
Aber gut, letztlich macht es die Mischung! Nach 2 Wochen Einsamkeit werde ich auch depressiv, ebenso wie ich nach 2 Wochen gezwungener Anwesenheit in Gesellschaft aggressiv werde.
Ich freue mich darüber, wie es gerade ist, und bin zuversichtlich, dass nichts im Leben ewig gleich ist 😉
@Sash
Herzlichen Glückwunsch, du bist jetzt offiziell alt. Bald schimpfst du über die Jugend und sammelst Gartenzwerge. 😛
Ich musste erst 29 werden, dass mir das attestiert wurde. Und das, obwohl ich schon seit geraumer Zeit alleine wohne.
@Der Maskierte:
Ach, ich schimpfe oft genug über die Jugend 😉