In den letzten Tagen habe ich via Facebook (Ja, ihr dürft alle meine Freunde sein) von einem ehemaligen Klassenkameraden (und damals guten Freund) erfahren, dass nun ein Klassentreffen stattgefunden hat. Das 10-jährige. Ich bin deswegen nicht dabei gewesen, weil ich eine Klasse wiederholt habe und mein Abi folglich nicht mit den entsprechenden Leuten absolviert habe.
Aber immerhin heisst das: In einem Jahr habe ich 10 Jahre mein Abi, bin 30 und WAAAAHHHHHH!!!!
Sowas erwartet man doch jetzt von mir, oder?
Wenn ich ehrlich bin, dann sehe ich das Ganze wesentlich unaufgeregter. Ja sicher, ich bin älter geworden. Im Vergleich zu dem Depp, der damals seine Abinote nur knapp über dem Notwendigen gehalten hat, bin ich sicher sogar erwachsener, reifer oder was auch immer geworden. Aber soll mir das was sagen?
Nö.
Viele meiner ehemaligen Mitstreiter um die besten Noten haben heute eigene Kinder, sind längst verheiratet und/oder haben auf der berüchtigten Karriereleiter schon ein paar Sprossen mehr erklommen als ich. Nicht nur, dass das völlig normal ist, nein ich kann mit der mir eigenen Gelassenheit sowohl sagen, dass ich mich für sie freue, als auch dass es mir egal ist.
Wahrscheinlich gibt es unter den Leuten, mit denen ich ein Klassenzimmer geteilt habe, heute viele, die mich bedauern würden, dass ich „nur Taxifahrer“ bin. Und natürlich fallen die Rückschlüsse auf meine beschissenen Noten leicht, ebenso die auf meine laxe Arbeitsmoral. Und ja: Hallo Leute, das bin ich!
Und als relativ langweiliger Mensch tauge ich auch nur schlecht zum Gegenentwurf zur derzeitigen Gesellschafr, das ist mir klar.
Aber wenn ich jetzt die Möglichkeit hätte, etwas in meinem Leben anders zu machen – ok, zugegeben, vielleicht würde ich im Nachhinein versuchen, hier und da während meiner Jugend etwas öfter zum Vögeln zu kommen – aber letztlich will ich mein bescheidenes Leben nicht hergeben für ein anderes.
Bald bin ich also 30, und nächstes Jahr werde ich irgendwelche Mails bekommen, dass ich an diversen Klassentreffen teilnehmen soll. Schön. Ich freue mich gewissermaßen drauf, denn natürlich bin auch ich interessiert daran, zu erfahren, wer unter den mir ehemals wichtigen Personen seinen Lebenstraum hat umsetzen können. Ich persönlich hatte nie eine bestimmte Vorstellung von meiner Zukunft, aber mein jetztiges Leben übererfüllt alle vagen Vermutungen:
Ich habe genug Geld zum Leben, eine mehr als glückliche Beziehung und denke mir maximal einmal pro Monat, dass ich gerade keinen Bock auf das habe, was ich tue. Noch dazu habe ich eine Leserschaft von mindestens 1.500 Leuten, die mir fast täglich bestätigt, dass es super ist, was ich mache. Nenne mir einer irgendwas, was ich hätte besser mache sollen!
Also: Wen auch immer es aus meiner alten Bekanntschaft es hierher verschlagen hat: Vielleicht klingt es erbärmlich, was ich mache – aber so ist es nicht. Ich weiss schon, was ich tue. Das schlechte Gewissen macht mir schon die Rentenkasse – da brauch ich euch nicht dazu…
Der Job ist eben nicht alles im Leben, nichtmal das Wichtigste. Und wer von sich behaupten kann, mit seinem Leben zufrieden zu sein, ist ein glücklicher Mensch, völlig unabhängig von der erzielten Abinote (die sowieso nach ein paar Jahren keinen Menschen mehr interessiert) oder dem gewählten Beruf. Glückwunsch also, zum geglückten Leben und der mehr als glücklichen Beziehung – das sind doch die Dinge, auf die es ankommt im Leben!
Bei allem, was man tut, ist es nur wichtig, dass die Zufriedenheit gegeben ist. Viele verstehen auch meinen Werdegang nicht, auch wenn sie heute mich drum beneiden, dass ich immer das im Leben getan habe, was mir richtig und gut erschien.
Insofern gilt: Egal, was du tust, Hauptsache du bist dabei glücklich und zufrieden.
*stimme zu*
Das gute an der eigenen Situation erkennen und Zufriedenheit empfinden zu können ist ein nicht zu unterschätzendes Talent. ^_^
Ach Sash, zarte Dreißig! Wie niedlich! 🙂
Midlife-Crisis kommt später, und auch mit anderen Themen als „Mein Haus Meine Yacht Mein Auto“. Wart mal noch ein paar Jahre ab.
Grüsse von der Nihilistin (Jahrgang 67)
Als ich 30 wurde, konnte ich auch nicht verstehen, was sich manche Leute deswegen immer anstellen.
Aber wenn ich ehrlich bin, jetzt wo die 40 an der Tür kratzt, sieht das schon anders aus. Gedanken á la „shit, dann ist die 50 auch nicht mehr weit“ machen einem schon ab und an ein komisches Bauchgefühl.
Ich stimme der Nihilistin nicht zu, denn Midlife-Crisis kommt ganz exakt mit 30! Bei mir seinerzeit jedenfalls. Ich war damals mitten im Studium, saß in einer Vorlesung, und der Prof berichtete von irgendeiner Jugendstudie. Und er erwähnte in diesem Kontext, dass Jugendstudien mit 30 enden. Man kommt nicht mehr vor, ist krass erwachsen und v.a. nicht mehr jung. Ich wurde wenige Tage später 30 und hatte tatsächlich eine ziemliche Krise, fühlte mich gruselig alt und nicht mehr zugehörig. War ein sehr, sehr seltsames Gefühl.
Mit 40 (bin Jg 1966) ging es mir nicht ansatzweise so seltsam….
Kurzum – 30 ist ein sehr klassisches Jahr für eine (wenn auch biologisch zu frühe) MC, ich war damals nicht die einzige. 🙂
Wie du schon schreibst, wichtig ist doch, dass man zufrieden ist, und das scheint bei dir in mehrerer Hinsicht der Fall zu sein. Somit hast du alles richtig gemacht.
Und ja, ich hätte dir deutlich mehr zugetraut als „nur“ Taxifahrer (bzw. tu es immer noch), aber du hast dich so entschieden, und bist zufrieden, also paßt doch alles.
Und mit deinen beiden Blogs und dem angehenden Buchprojekt nutzt du ja auch noch dein durchaus vorhandenes Talent zum schrauben und läßt es nicht verkümmern – Die „Mo“ wäre stolz, wenn sie denn einen Computer bedienen könnte 😉
P.S.: Wenn du irgendwann mal was von nem Klassentreffen mitkriegst informier mich bitte – ich hab (abgesehen von dir) kaum noch Kontakt mit den Leuten aus der Stufe.
@Der Maskierte:
„Es ist egal, was du fährst, so lang du nur klärst: Es hat ein Rücklicht…“ *sing*
@Altenheimblogger:
Deine Zustimmung habe ich erwartet 🙂
@idriel:
Wie wahr, wie wahr!
@Nihilistin:
Ich warte gespannt 🙂
@Abalone:
Dieses komische Bauchgefühl kenne ich auch. Das ist mit ein Grund für den Artikel. Natürlich merke ich, dass ich nicht mehr zu den „Jungen“ gehöre und es immer weiter geht…
@antagonistin:
Also grundsätzlich hab ich die Hoffnung, ganz um eine MC herumzukommen. Auch wenn meine Freundin das vielleicht nicht gerne hört, aber ich kann mir mich ganz gut in alt vorstellen. Auch jetzt schon.
@Daniel:
Ich muss es einfach öfter mal erwähnen, weil man gerade mit so einem Job immer wieder Bedauern und Bedenken mitbekommt. Von Leuten, die selber nur hoffen, bald in Rente gehen zu können. Bäh!
Ansonsten: Ja, an die Mo hab ich auch öfter denken müssen in letzter Zeit, wo es mit dem Bloggen so langsam richtig gut läuft und ich am Buch arbeite. An die Au übrigens auch – jedes Mal wenn ich im Taxi für mein Englisch gelobt werde, sage ich: „My english-teacher would be proud of me!“
Falls ich was von einem Treffen höre, melde ich mich. Ich hab zwar selbst keine Kontakte mehr, aber ich würde sagen, dass ich doch mittlerweile im Netz ganz gut zu finden bin 😉
@Ylva:
Sorry für die verspätete Freischaltung! Und ja, ich sehe das genauso!
Als wenn wir Um-Die-Dreißig-Jährigen überhaupt noch eine Rente bekommen… und wenn doch, auch nur annähernd das rauskriegen, was wir eingezahlt haben…
@Matthias:
Ich glaube auch nicht dran 🙁
REnte? Das Wort wird es wohl in ein paar Jahren nicht mehr geben. Nicht, dass man dann noch denkt, man bekäme was als GEgenleistung fürs Einzahlen 😉
30 – hach, was waren das noch für Zeiten 😉 Heut müßte ich mich wohl uralt fühlen. Wie fragte vor ein paar Tagen der Vorgesetzte für mein Praktikum in spe: „Und Sie müßten doch jetzt das und das bereuen!“ Von mir kam dann nur ein für ihn unverständliches „Nö!“.
Ich kann nicht nachvollziehen, wie man sein Leben über Karriere und Arbeit definieren kann. Hm, Arbeit vielleicht schon. Merkt man deutlich, wenn man arbeitslos ist. Aber nicht über Karriere. Ich lebe, um zu leben. Zu genießen. Dafür muß ich Geld verdienen, ja. Aber Karriere? Ne, nicht mein Fall.
Und Rente wirds wohl auch bei mir schon nicht mehr geben. Die voraussichtliche Rente wird von Jahr zu Jahr weniger, die Zeiten, die anerkannt werden, von Jahr zu Jahr zusammengestrichen. Grad so, wie sie noch Geld haben. Ich denke mal, die Generation meiner Eltern dürften die letzten sein, die noch was von der Rente haben. Leider.
@ednong:
Ich denke, dass es durchaus normal ist, dass man sich mit dem identifiziert, was man so alles erreicht hat. Und wenn Leute in ihrem Beruf wirklich aufgehen, diesen als sinnvoll erachten und das Gefühl haben, damit etwas geschaffen zu haben, worauf sie stolz sein können – dann mag ich das nachvollziehen können.
Ich verstehe es einfach dann nicht, wenn man auf Positionen stolz ist, die man demnächst liebend gerne gegen die nächste in einer anderen Firma tauscht, weil sie besser bezahlt wird.
Ich war auch stolz drauf, als Zugewanderter binnen eines Jahres die Ortskundeprüfung für Berlin geschafft zu haben. War ein tolles Gefühl!
Aber selbst jetzt bin ich nicht „der Taxifahrer“ sondern Sash. Ich bin vielleicht stolz, wenn ich während meiner Arbeit etwas sinnvolles tue oder etwas tolles „erreiche“, genauso freut es mich, wenn ich einen tollen Text schreibe und die Bestätigung kriege. Schwierig wird es dann, wenn man seine persönlichen Defizite damit glattbügelt, dass man ja „im Job“ weit gekommen ist. Das ist für mich auch kein Qualitätsmerkmal mehr…
Was die Rente angeht:
Da kommen harte Zeiten auf uns zu. Ganz ehrlich. Aber es gibt genügend Gründe, Angst zu haben. Ich will mir nicht mein Leben versauen in der Hoffnung, dass es am Ende vielleicht doch noch was wird. Ich habe noch die Hoffnung, einen netten letzten Lebensabschnitt zu haben, der auch gesellschaftlich keine großen Löcher hinterlässt. Dass das im Rahmen des derzeitigen Rentensystems was wird, wage ich allerdings zu bezweifeln…
Warte mit der Midlife Crisis noch ab bis Du Kinder hast. Bei Nachtarbeit und dreijährigen Trotzköpfen zählt jedes Jahr doppelt.
Sicher wirst Du Dich jetzt mit Händen (so groß wie Bratpfannen) und Füßen ( beschuht in Größe 50+) dagegen wehren und Ozie will bislang sicher auch keine Kinder. Aber plötzlich steht man da und ist schwanger und „muss“ heiraten und 22 Jahre und 2 Kinder später ist auch dieser Lebensentwurf ok.
Apropos Rente: Ich würde ab dem 65. Lebensjahr ca. 560 € Rente bekommen für derzeit 13 Jahre Vollzeit und 21 Jahre Teilzeit, wenn ich so weiterarbeite wie bisher.
@Petra:
Ich hab das Gefühl, dass ich nie plötzlich schwanger sein werde 😉
Spaß beiseite: Wie das dann mit Kindern wird: Mal sehen…
Und das mit der Rente kenne ich so in etwa 🙁