Im Rampenlicht

Es ist schon seltsam. Ich blogge für eine immer noch wachsende Leserschaft, genieße völlig normal das bisschen Aufmerksamkeit, dass mir dadurch hier und da zuteil wird – aber ich fühle mich eigentlich total unwohl, im Rampenlicht zu stehen. Im privaten Umgang wird mir gerne nachgesagt, ich sei ein recht erträglicher Gesprächspartner – dass ich in meinem Leben noch keine öffentliche Rede gehalten habe, ist indes kein Zufall.

Als ich gerade die Kurve Richtung Abitur gekratzt habe, waren die großen Themen in der Diskussion um die Bildung das Ende des Frontalunterrichts, mehr selbständiges Lernen und vor allem: Viel mehr Präsentation! Präsentation ist wichtig! Überall muss man sich präsentieren können: Beim Vorstellungsgespräch, bei mündlichen Prüfungen und nicht zuletzt überall im Arbeitsleben. Präsentationen, Vorträge, Reden!

Man kann schon sagen, dass die Berufserwartungen seitens meiner Schule in eine ziemlich klare Richtung gewiesen haben. Unnötig zu erwähnen, dass sich meine bisherige Berufslaufbahn fernab dieser Vorstellungen entwickelt hat.

Ich hätte sicher viel gelernt, hätte ich mehr Referate in der Schule halten müssen. Tatsächlich waren es während der ganzen Schulzeit vielleicht 4 Stück, bei denen ich mich nicht als Teil eines Teams nur im schriftlichen und konzeptionellen Teil beteiligt habe, sondern selbst sprechen musste.

Nein, die großen Ansagen liegen mir nicht. Ich kann sie schriftlich formulieren und ein guter Redner kann sich beim Verlesen derselben vielleicht viel beklatscht ein Erfolgserlebnis verschaffen – wenn ich mal selbst etwas vorlese, breche ich jeden Geschwindigkeitsrekord im Wissen, dass ich danach wieder weggehen kann.

Manchmal denke ich mir, ich bin einfach nicht so arrogant zu glauben, auf meine Person käme es an. Tatsächlich ist es einfach nicht meine Stärke und ich gehöre nicht zu den Masochisten, die ihre Fehler gerne in der Öffentlichkeit ausbaden.

Wie komme ich eigentlich drauf?

Das wiederum ist etwas kurios: Im Rahmen unserer allgemeinen Wohnungs-Entschmandung haben Ozie und ich heute auch endlich die zweite Lampe hier in meinem Zimmer installiert. Und wenn ich von Lampen rede, dann ist das das, was gemeinhin Malerfassung genannt wird und in Kombination mit den üblichen Energiesparlampen wahrscheinlich ein ganzes Heer deutungslustiger Freudianer zum Sinnieren darüber bringen würde, warum sich erwachsene Menschen derlei phallusähnliche Konstrukte an die Decke hängen.

Als einziges Zimmer dieser Wohnung hat meines zwei Lampenanschlüsse, und mein Schreibtisch steht – wohlig ins Dunkel des Schattens eines schützenden Regals (und darauf thronender leerer Flaschen und allerlei Krimskrams) getaucht in der entgegengesetzten Ecke zur bisherigen Lampe.

Sinnigerweise habe ich nun – da es möglich ist – zur düsteren Nachtzeit die Lampe über dem Schreibtisch brennen, was den Blendfaktor der beiden Monitore angenehm eindämmt. Und obwohl das Beleuchtungsumfeld so deutlich optimiert ist, die Türe geschlossen und die Vorhänge zugezogen, fühle ich mich irgendwie seltsam ausgestellt wie auf einem Präsentierteller.

Schön, dass ich das einfach bloggen kann. Und nicht einen Vortrag darüber halten.

6 Comments

Filed under Haushalt, Vermischtes

6 Responses to Im Rampenlicht

  1. Das Präsentieren wird völlig überbewertet. Es ist schon sinnvoll, den Leuten ein wenig Handwerkszeug an die Hand zu geben, so dass ein schlechter Präsentator zu einem wenigstens halbwegs erträglichen wird. Dennoch wird daraus selten ein Meister. Die haben das im Gespür.

    Ich bin ja selbst einer dieser Businesskasper, die gelegentlich etwas vor Publikum vortragen müssen. Und noch viel öfter muss ich die Vorträge von anderen ertragen. Und da fällt es schon auf, dass nur einer von zehn es wirklich beherrscht – und alle zehn machen das tagtäglich.

  2. Lifthrael

    Als Student wird man ja auch in so gut wie jedem Seminar mit Referaten gequält. Mit denen, die man selber halten muss und mit denen, welche die Kommilitonen halten.
    Warum man aber als jemand, der nicht ins Lehramt geht und auch später etwas machen wird, was wenig mit Menschen zu tun hat, so übertrieben viele Referate halten muss, konnte mir noch kein Dozent erklären.
    Für mich sind Referate vor allem Stress. Auch wenn ich mich selber wohl eher im soliden Mittelfeld ansiedeln würde, was das Vortragen angeht. Für meinen späteren Berufswunsch bin ich also jetzt schon deutlich überqualifiziert.
    Bei diversen Lehrämtlern, die ich mir auch in Hauptseminaren (also ziemlich weit fortgeschritten) anhören darf, rollen sich mir allerdings die Fußnägel hoch. Und im Studium müssen sie nur vor halbwegs Gleichaltrigen vortragen, die in der gleichen Situation sind wie sie. Bei einer Schulklasse wird das dann ein bischen kritischer. Da haben solche Leute wohl schnell verloren…
    Worauf wollte ich nun eigentlich nochmal hinaus?
    Ach ja. Ich mag Präsentationen mit meiner Person im Mittelpunkt auch gar nicht, muss aber gezwungener maßen da durch. Ich schlage drei Kreuze, wenn ich meine mündlichen Prüfungen für meinen Abschluss hinter mir habe und dann nurnoch Bewerbungsgespräche hinter mich bringen muss, die ja aber meist in eher kleinen Gruppen abgehalten werden.

  3. @Der Maskierte:
    Insofern ist es ja schon ok – wenigstens die Grundzüge zu vermitteln. Will ich nichts gegen sagen. Mich hat es halt tierisch genervt damals…

    @Lithrael:
    Ja, manchmal ist eine Gleichbehandlung auch wieder falsch. Ich kann jetzt ja auch nicht behaupten, dass mir was fehlt ohne diese (sicher im Allgemeinen brauchbare) Qualifikation.

  4. Big Al

    Schön dass du deine Gedanken mit uns teilst.
    Schriftlich kann man ja so einiges nochmal korrigieren, verwerfen, entfernen, ändern, was einem beim gesprochenen Wort schlecht möglich ist solange die Zeitreisen noch nicht erfunden sind.
    So manchen meiner Beiträge den ich nochmal nachschaue, ob es ein Blogartikel oder „nur“ ein Kommentar ist habe ich schon schlicht und einfach gelöscht bevor ich mich mit halbgaren Sachen abgefunden habe. Gelegentlich kommt auch einfach nix gescheites dabei raus, und solange man das noch bemerkt ist es gut. Nicht jeder hat das Talent zur freien Rede, warum sollte man sich also damit rum quälen wenn es nicht nötig ist. Lehrer und Referate sind bestimmt schon ein wenig prägend ob man da eine andauernde Abneigung entwickelt, manchmal bessert es sich noch, und andere Leute haben auch ihr Leben lang Lampenfieber.

  5. @Big Al:
    Mir passiert es schon häufiger mal, dass ich einen Text raushaue und mir später denke, dass der jetzt eigentlich nicht gut war.
    Aber ja: Es ist beim Reden natürlich nochmal anders. Vor allem muss man wesentlich direkter aufs Publikum eingehen. Ich denke, in jeder Form der Kommunikation muss man mal Dinge verwerfen. Besonders schlagfertige Menschen schaffen das auf der Bühne sicher besser als an der Tastatur. Ich für meinen Teil fühle mich hier doch deutlich wohler 🙂
    Dass die Schulzeit da eine gewisse Prägung gibt: Mag sein – das klassische Horrorerlebnis kann ich da allerdings auch nicht vorzeigen 😀

  6. Karin

    @Lifthrael
    Da stimmt doch was nicht. Die, die das Präsentieren nicht brauchen müssen einen Vortrag nach dem anderen halten und ich bin mittlerweile im sechsten Semster eines Lehramtstudiums ohne auch nur einen einziges Mal überhaupt was gesagt zu haben.
    Ich meine, ich habe keine großen Probleme mit dem Präsentieren wenn ich einigermaßen vorbereitet bin, aber da kann ich schon verstehen warum so viele unfähige Lehrer da draußen rumlaufen.

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