Monthly Archives: Juni 2012

Sehenswertes

Das Ende des vorher beschriebenen Tages wurde letztlich sehr kurz. Gefühlt. Ähnlich wie viele von euch sich im Internet zu mir verirren, lande ich auch manchmal bei euch. Wir haben alle interessantes zu erzählen. Ein wenig peinlich ist mir nun, dass ich gar keine großen Worte über ednongs Blog verlieren kann, ich schaue zu selten rein. Da bin ich ehrlich. Ich lese so viel, dass auch einiges mal hinten überfällt. Das ist nicht immer fair. Aber ednong, den ich als treuen Leser und Kommentator immer geschätzt habe, hat mir nun eine sehr amüsante Zeit beschert. Denn er hat in seinem Blog ein Video von Volker Pispers verlinkt. Ich kenne Volker Pispers zwar schon, mag ihn und habe einiges von ihm gehört – aber das neue „bis neulich“-Programm (in dem tatsächlich quasi keine Elemente des ursprünglich unter diesem Namen veröffentlichten Programms zu finden sind) war mir bis dato unbekannt.

Und das teilte ednong hier mit der Welt.

Ich weiß nicht, was ich zu Pispers noch sagen sollte. Er hat eigentlich wie immer auf ganzer Linie Recht. Wer sich seinen Auftritt komplett angehört hat und einen entscheidenden sachlichen Fehler findet, der soll es mir gerne mitteilen. Und das meine ich ernst. Auch wenn der Mensch uns allen zwei Stunden lang das eigene Leben schlechtredet, hat er dennoch Recht. leider natürlich.

Was mich aber – um auf die Veröffentlichung des tollen Youtube-Videos-Audios zurückzukommen – noch mehr freuen würde: Kommentiert das doch besser in euren Blogs, auf euren Seiten! Und dann verlinkt das hier. Ich verspreche nichts, aber ich freue mich darauf, ein paar neue Blogs kennenzulernen und vielleicht ist mir das ja auch mal eine Empfehlung wert!

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Time of my life

after school I took my chances
continued (to) do the things I love
now I find that I was right
I’m 26 and still I
do what I want to

(H-Blockx, 1999, „Bang Boom Bang„, Time of my life)

Eine wahrlich zu schöne Strophe, ein schönes Lied und hoffentlich dauerhaft der Soundtrack meines Lebens. Ein bisschen jugendlicher Leichtsinn und dennoch die Erkenntnis: Nein, verdammt: Ich bin schon alt genug, aber ich stehe immer noch zu meinen Entscheidungen. Und die 26 Jahre hab ich ja nun auch schon deutlich hinter mir gelassen.

Kurz bevor dieses Album rauskam, war das Jahr meines Lebens 1997. Obwohl ich während dieses Jahres allein in ungefähr ein Dutzend Mädels ebenso überschwänglich wie unglücklich verliebt war, war es eine geile Zeit mit vielen Parties, Konzerten neuen Freunden und und und. Geschworen hatte ich mir damals, alle folgenden Jahre am Jahr 1997 zu messen und einige Briefe von 1998 ziert noch das Datum „1997 (2)“

Nun, die Zeit bleibt nicht stehen und wesentlich mehr als damals sollte eigentlich klar sein, dass das Leben kein Ponyhof ist und man nicht immer nur machen kann, was man will. Vielleicht. Aber ich krame an dieser Stelle – sicher zum Stolz meiner Deutschlehrerin – nach den Worten des Faust: „Allein mir fehlt der Glaube“ und halte mich einfach nicht an diese Regeln.

Nett zu zweit kochen, Fischstäbchen zum Frühstück, ein großes Geschenk freudig auspacken, einfach mal die Arbeit absagen und nebenbei noch lobende Post von einem Helden der eigenen Jugend bekommen. So sah mein gestriger Tag aus. Das Fußballspiel, so spannend es war, war für mich nur das i-Tüpfelchen auf einem Tag, an dem ich selten mehr als meine Boxershorts getragen habe und an dessen Ende ich zufrieden ein paar Zeilen niederschreibe, während es sich in meinen Fingern anfühlt, als würde ich irgendwas ungleich erhabeneres machen als mal eben zu bloggen oder eine Buchgeschichte zu vollenden. Es gibt ein Wort dafür: Hach!

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@sashbeinacht

Ich wollte mal ein kleines bisschen Werbung für dieses sympathische kleine soziale Netzwerk namens Twitter machen. Also nicht, dass die mich jetzt bezahlen würden. Ich bin in letzter Zeit einfach gerne da. Und wenn, dann – ich muss es ja gestehen – lange!
Wenn ich um die frühe Mittagszeit mal schon halbwegs wach bin und nicht so recht weiß, was ich mit meiner vielen Freizeit anfangen soll, weil ich mich zu längeren Blogeinträgen oder gar Geschichten für Bücher nicht aufraffen kann, dann vergeht schon mal einige Zeit, bis ich meine Timeline wieder schließe und mich davon abwende, mir möglichst absurdes aus den Fingern zu saugen.

Twitter hat lange Zeit unter meinen Online-Aktivitäten eine geringe Rolle gespielt, aber im Moment – das muss nicht ewig so sein – ist es mein liebstes soziales Netzwerk. Trotz – oder gerade wegen – der geringen Möglichkeiten. Deswegen isses natürlich nicht neu und von vielen weiß ich ja, dass sie schon vor mir bei Twitter waren. Aber mal was dazu sagen, wollte ich jetzt da ich Twitter vermehrt nutze, eben doch mal.

Die Erfinder von Twitter hatten ja eigentlich schon eine ziemlich bekloppte Idee mit ihrer Begrenzung auf nur 140 Zeichen pro Tweet. Und dann, dass man Leuten einfach einseitig folgen kann: Ist zwar inzwischen Standard auch bei Facebook und G+, aber so radikal wie bei Twitter wird es kaum umgesetzt. Das hätte das Ganze auch schnell langweilig machen können, aber das wurde es nicht.

Dass man bei Twitter nicht jedem gleich folgt, der das bei einem selbst tut, gehört dazu. Wenngleich ein Haufen Bots und noch mehr SEO-Werbestrategen das immer noch für ein tolles Konzept zu halten scheinen. Und das ist gut. Denn nicht jeder, für den man sich interessiert, interessiert sich andersrum für mich – oder umgekehrt. Und während es irgendwie schon peinlich ist, bei Facebook Sascha Lobo zu liken, bloß um seine Kolumnen nicht zu verpassen, folge ich ihm auf Twitter ohne Bedenken. Dass er im Gegenzug mir nicht folgt, finde ich eher beruhigend 😉
Dann die Begrenzung auf 140 Zeichen: Ich hab selten etwas gesehen, das Menschen mehr beflügelt hat und merke es auch langsam selbst. Tweets, insbesondere die guten und unterhaltsamen, sind eine ganz eigene Kunstform geworden. Viele haben eine ganz eigene Grammatik, eine ganz andere Funktionsweise als Sprache in anderen Bereichen. Das verwirrt am Anfang ein bisschen, aber es funktioniert und macht die Sache nicht weniger gut!
Und die Geschwindigkeit ist atemberaubend. Natürlich verbreiten sich auch bei Twitter sinnfreie Mems schneller als alles andere, aber je nach Zusammenstellung der Timeline erfährt man Dinge maximal Minuten, wenn nicht Sekunden, nachdem sie passiert sind. Das Leben ist allgemein schnell und man muss es nicht übertreiben, aber wenn ich wissen will, ob Facebook seine Datenschutzrichtlinien gerade wirklich umschaltet, erfahre ich das schneller bei Twitter als bei Facebook selbst. Maßgeblich daran beteiligt ist natürlich das Retweeten, das noch kompromissloser und einfacher als das Teilen bei Facebook passiert und hier sogar ganz uneitel ohne das im eigenen Namen zu tun oder noch etwas ergänzen zu können.

Ich hab eine Weile gebraucht, ja. Und als Blogger mit einer Monster-Software wie WordPress als Standard hatte ich an soziale Netzwerke auch Erwartungen, die Twitter nicht gerade übererfüllt hat. Mir kam Facebook schon lächerlich funktionslos vor, da musste ich mich bei Twitter ja fragen, ob die nicht zufällig vergessen haben, für mich die 2010er-Version freizuschalten. Außer faven, retweeten und mal eine Message schreiben kann man da ja nix. Selbst das Profil hat bloß 140 Zeichen und Fotoalben gibt es auch nicht. Aber das hat dem Dienst nicht geschadet und er sorgt für unglaubliches Amusement und schnelle Verbreitung von Wissen. Oder beides. Oder nix davon und man verfolgt nur mit, ob andere den Tatort gerade genauso scheiße finden wie man selbst.

Ich jedenfalls will es nicht mehr missen und kann es nur empfehlen. Und auch wenn ich den Text damit begann, dass das Werbung sein soll: Das war jetzt ausnahmsweise keine eigennützige Folgt-mir-alle-Bettelei. Ihr findet mich dort wenn ihr wollt unter dem Namen in der Überschrift. Tatsächlich ist das gerade aber vielleicht doch eher eine Liebeserklärung als eine Werbeunterbrechung  …

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Als ich ein Arschloch war …

Im Allgemeinen bin ich ja ein eigentlich recht leicht liebzugewinnender Mensch. Ich achte auf meine Umwelt, die Menschen um mich herum und selbst im Taxi verprügele ich nur selten meine Fahrgäste. Spaß beiseite: Ich hab noch keinen verdroschen!

Aber – ein paar wenige kennen mich so – ich war auch mal anders.

Nein, der typische Schul-Rowdy war ich nie. Glaube ich zumindest. Aber es gibt Menschen, die bleibende Schäden durch mich erlitten haben. Die meisten allerdings verdient.

Als „Fettsack“ der Klasse bin ich oft genug Opfer gewesen. Ich habe Spott, Hänseleien und dergleichen mehr zur Genüge abbekommen. Das Problem der meisten meiner Gegner war: Ich war nicht nur fett, sondern auch groß und stark. Mit Entsetzen nahm meine Mutter vor zig Jahren zur Kenntnis, dass ich einem Jungen namens Goran aus meiner Klasse ein blaues Auge verpasst hatte. Was kaum jemand wusste war indes, dass er dieses bekam, als ich bereits am Boden lag und einer meiner verteidigenden Fußtritte ihn glücklicherweise so treffsicher in die mich verhöhnende Fresse traf, dass ich noch heute ein wenig von der Genugtuung zehren kann, wenn ich nur daran denke.

Kinder sind Arschlöcher. Und als solche sind sie sehr effektiv. Da hab ich eben keine Ausnahme gemacht. Wenn ich etwas in dieser Hinsicht bereue, dann höchstens, dass mein zeitweiliger Freund Thomas von mir einen Bleistift ins Bein gerammt bekam, dessen Spitze er wahrscheinlich noch heute vorzeigen kann. Die anderen hatten die Schläge ins Gesicht und die Stühle auf den Kopf (kein Witz, so war ich wirklich drauf!) verdient.

Wie man in mir gut erkennen kann: Nicht aus jedem verhaltensauffälligen Kind wird ein Psychopath. Allerdings kann ich bestätigen, dass äußerst brutale Mordfantasien in meinem Leben als (kindliches) Arschloch durchaus vorgekommen sind. Ich vermute, die Fachwelt wird es erschrecken, dass das etwa zeitgleich mit dem Aufkommen von „Killerspielen“ nachgelassen hat …

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Gratis Scheiße! Freut euch!

Bösartig, Irrational, Lügend, Demokratiefeindlich: Noch eines der freundlicheren Backronyme, die mir für die BILD einfallen.

Ich weiß, dies ist nur einer von zigtausend Texten, die heute landauf und landab über die kostenlose BILD veröffentlicht werden, die in knapp 41 Millionen Haushalte flattern wird. Und natürlich bin ich auch nicht der einzige, der sich kritisch äußert. Da könnte ich es also eigentlich auch lassen? Nein.

Denn ich bin überzeugt davon, dass die BILD nach wie vor eine der größten Gefahren für diese Gesellschaft darstellt und ich halte das nicht für einen Zufall. Man sollte zwar nie Bösartigkeit vermuten, wo auch Blödheit als Erklärung reicht, die Grenze überschreiten das Blatt und der zugehörige Konzern jedoch zu regelmäßig. Und so sehr diese angebliche Zeitung auch immer öfter belächelt und marginalisiert wird – genau darin liegt auch ihre Gefährlichkeit.
Mir geht es nicht um irgendeine Rache, weil die BILD mit mir politisch nicht auf einer Wellenlänge liegt. Das bin ich bereit zu ignorieren. Nein, wirklich schlimm an dem Blatt ist die Selbstverständlichkeit, mit der es alleine aufgrund der Auflage und eben jener belustigenden Akzeptanz ganz tief in die Gesellschaft eingreift.

Na klar, wer hat noch nicht gelacht über Artikel wie „Frau verwechselt Globus mit Kopf des Nachbarn“?

„Lustig, Schenkelklopfer! Siehste: Nehm ich doch nicht ernst!“

Aber bei wievielen Menschen bleibt z.B. nach der beispiellosen und mitunter nicht weniger faktenfreien „Berichterstattung“ der letzten zwei Jahre eine schlechte Meinung über Griechen? Einfach so, bei Leuten, die von Finanzpolitik nicht den Hauch einer Ahnung haben, dank Bild aber immer treffsicher über irgendwelche irrelevanten Luxus-Rentner und korrupte Beamte in Athen informiert wurden?
Und die ganz hartgesottenen Fans berufen sich dann darauf, dass sie die Zeitung ja nur des guten Sportteils wegen lesen. Ein Sportteil, in dem bildblog vor Jahren beispielsweise eine Bundesliga-Tabelle mit mehr als 150 Fehlern (!) gefunden hat.

Und die BILD arbeitet systematisch mit Vereinfachungen, Überspitzungen und wenn es mal nach hinten losgeht, dann war ja alles nur Spaß und der Boulevard funktioniert eben so. Da mag ich als unbedingter Vertreter der Pressefreiheit auch ein ganzes Stück weit mitgehen, aber die Grenzen, an denen sich BILD stößt, sind keineswegs nur die des guten Geschmacks, sondern regelmäßig die des Rechtsstaates an sich.

Die BILD verletzt ungefähr täglich (!) das Persönlichkeitsrecht von Menschen. Viele davon, meist Beschuldigte in einem Strafprozess, werden zwar von manchen Lesern nicht als schützenswerte Individuen eingeschätzt, aber schon an dieser Stelle zeigt sich, wie die perfide ständige Aushöhlung von Normen das Gesellschaftsklima ändern. In Dubio pro Reo? Auf’s Maul! Man wundert sich kaum noch, wenn irgendwo ein „Sex-Verbrecher“ mitsamt Foto von sich und seinem Wohnhaus in der BILD abgedruckt wird. Die meisten empörten Leser kriegen dann gar nicht mehr mit, dass der Mann noch gar nicht verurteilt und am Ende unschuldig war – und jetzt trotzdem in seinem Dorf nicht mehr leben kann.

An dieser Stelle zeigt sich oft auch, dass die BILD gerade bei solchen „großen Meldungen“ nicht den Hauch einer Recherche anstellt. So wurde neulich aufgrund einer einfachen Namensverwechslung eine Bloggerin von der Zeitung für tot erklärt – und weil man davon ausging, dass es sich um die richtige Person handele, hat man bei der Redaktion gleich noch Details aus ihrer Vita dem real existierenden Todesfall zugeschrieben.
Und auf der anderen Seite kämpft der Springer-Verlag, dem die BILD zugehörig ist, mit allen Mitteln für das Leistungsschutzrecht und jammert herum, wie schlimm es sei, wenn die Leute „aus dem Internet“ Fotos und Texte klauen.

Natürlich landet die BILD auch mal einen Treffer. Sicher haben sie auch schon mal einen Skandal aufgedeckt oder einen Politiker zu Recht in Bedrängnis gebracht. In weit mehr Fällen allerdings geschah das entweder mit fragwürdigen Methoden oder die Eigenleistung der BILD war überschaubarer als sie selbst verkündet. Denn auch in keiner anderen Zeitung werden derart viele Exklusiv-Meldungen verkündet, die in Wirklichkeit weder exklusiv, noch aktuell, in den schlimmsten Fällen aber sogar völlig haltlos sind – und somit exklusiv nur in dem Sinne, dass sich niemand anders getraut hätte, diesen Datenmüll auf Papier zu drucken.

Nein, die BILD ist nicht einfach irgendein doofes Käseblatt, das man nicht ernst nehmen muss. Die BILD ist eine angebliche Zeitung, die wiederholt, planmäßig und mit einer perversen Arroganz darauf hinwirkt, die Gesellschaft in ihrem Sinne zu beeinflussen. Und trotz sinkender Auflage schafft sie es immer wieder. Da werden anlässlich von Fußballspielen Nationen gegeneinander aufgehetzt, den Menschen Angst vor Ausländern gemacht, in dem man die Namen von Verbrechern in Achmed und Mohammed ändert und Menschen werden zu Freiwild gemacht, weil der BILD nichts daran liegt, dass sich in Deutschland Gerichte damit befassen, Straftäter zu verurteilen. Persönlichkeitsrechte werden mit Füßen getreten, Existenzen zerstört und nach 10 Jahren mit der BILD unterm Arm rutscht dann doch vielen mal ein „Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass …“ heraus.

Nein, bei mir wird heute keine BILD im Briefkasten liegen. Ich habe meinen Widerspruch rechtzeitig abgesendet. Und vielleicht kann man bei der Reichweite der Zeitung schon froh sein, dass es noch mehr als 200.000 andere auch so gehalten haben. Dennoch wird das Land heute geflutet mit gedruckter Scheiße in Multi-Millionenauflage und neben den an dem Projekt direkt beteiligten Schaumschlägern im Diekmann-Gewand werden sich wahrscheinlich auch ein Haufen Menschen finden, für die „Geil, für umme!“ ein Grund ist, dieses Hetzblatt zu lesen. Ich für meinen Teil habe nicht den Hauch eines Verständnisses dafür und ich betrachte jeden, der die BILD verteidigt, als potenziell gefährlich. Und Blödheit alleine entschuldigt das in diesem Fall kein Bisschen!

Links:

bildblog
Spiegeloffline mit einem Tipp
Lukas Heinser im Freitag über die Abstumpfung durchs ständige BILD-Lesen
Stefan Niggemeier darüber, wie die BILD Ausländerfeindlichkeit fördert

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Filed under Medien, Politik

Make good Art!

Manchmal passiert es mir, dass ich Dinge sehe, höre oder lese, die mich vor Erstaunen und Ehrfurcht erschaudern lassen. Wortwörtlich. Bilder, Musik, Sprache, ein paar Häppchen meist digitaler Darreichungsform, sorgen dann dafür, dass mich ein wohliger Schauder überkommt, sich meine Nackenhaare aufstellen und ich gefesselt bin vor Staunen. Manchmal sind es ausdrucksstarke Fotos oder innovative Songs, viel öfter allerdings ist es die Sprache. Im einfachsten Fall reicht ein Tweet von 140 Zeichen aus, um mich innerlich zu verneigen vor dem Verfasser, meist braucht es ein wenig mehr: Ein Buch, einen Blog, zumindest aber mal einen ganzen Text, und wenn es „nur“ ein Gedicht ist.

In dieser Aufzählung nicht vorgekommen ist bis jetzt immer die Rede. Reden sind zwar eigentlich dazu da, Menschen zu bewegen und die Geschichte ist reich an ihnen, mein persönlicher Kontakt zu dieser Kommunikations- und Kunstform beschränkte sich allerdings bislang eher auf die unschönen Beispiele uninspirierter Demo-Beiträge oder die kleinen Ansprachen zu Familien- oder Betriebsfeiern.

Auf meinen verschlungenen Pfaden durchs Internet bin ich dann neulich allerdings bei einer Rede gelandet, die gleichermaßen einen etwas seltsamen Anlass, dennoch einen Schnittpunkt mit dem Leben vieler Menschen hat: die inzwischen nicht zu Unrecht relativ bekannte Rede von Neil Gaiman vor den abgehenden Studenten der University of the Arts in diesem Frühjahr. Wer jetzt das große Fragezeichen auf der Stirn hat: Keine Panik! Ich kannte ihn vorher auch nicht. 😉

Auf jeden Fall hat der Autor eine Rede gehalten, die in Punkto Inspiration für Künstler alle Register zieht und die einfach nur das schwer zu übersetzende Prädikat „awesome“ verdient. Die Rede ist 20 Minuten lang und auf Englisch, aber ich kann sie jedem ans Herz legen. Auch ohne jedes einzelne Wort zu verstehen, ist sie einfach mitreißend. Wer also rudimentäre Englischkenntnisse hat und das Wort Kreativität nicht nur aus Buchstabierwettbewerben kennt, sollte sich die Zeit nehmen:

Eigentlich gäbe es genügend gute Ansatzpunkte, um sich mit dem Inhalt der Rede auseinanderzusetzen. In Anbetracht dessen, dass ich nach diesem zeitintensiven Video sicher nicht noch Millionen weit langweiligerer Zeichen nachzuschieben brauche, will ich nur kurz einen kleinen Nebenaspekt aufgreifen:

Gaiman sagt, dass sobald sich ein geringer Erfolg als Künstler einstellt, man das Gefühl hat, gerade mit irgendwas quasi unlauterem durchzukommen und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis man entdeckt wird und der Traum damit aus ist. Dass diesen Gedanken auch andere haben, noch dazu wirklich erfolgreiche Menschen, hat mich in mich hineinkichernd hinterlassen, wohlwissend, dass das gleichermaßen ein reales Gefühl wie völliger Irrsinn ist.

Da sitzt man z.B. als Schreiberling da und hat einen Haufen halbwegs brauchbare Texte vor sich. In meinem Fall landet der Haufen dann recht schnell, höchstens ein bisschen verteilt, im Netz. Und mit der Zeit häufen sich die Komplimente für die Arbeit, für die Kreativität, für schöne Formulierungen und irgendwann kommen dann sogar Anfragen. Anfragen, ob man nicht im Radio was über sich erzählen will, ob man hier oder da mitarbeiten möchte. Ja, es kommen plötzlich sogar Leute an, die sich darüber freuen, wenn man sie auch nur in einem Nebensatz erwähnt.
Und was macht man in dem Moment als „Künstler“? Man sitzt da und denkt sich:

„WTF? Geile Scheiße! Aber irgendwann merken die, dass ich nix anderes mache, als an meinem Schreibtisch ein paar lustige Texte zu schreiben.“

Wer auch immer nur den leichtesten Draht zu irgendeiner Form von Kunst hat – ja, auch Blogger! Ja, auch Comiczeichner! Wir reden hier nicht ausschließlich von Nobelpreisliteratur, die man wahrscheinlich gar nicht am PC schreiben darf! – sollte sich die Rede von Gaiman einmal antun und sie auf sich wirken lassen! Ich bin mir sicher, dass viele danach ermutigt sind, genau das zu tun, was der Autor den Studenten in jeder noch so beschissenen Lebenslage empfiehlt:

Make good Art!

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Die Erleichterung des Vampirs

Sommersonnenwende, 21. Juni, Sommeranfang, der längste Tag des Jahres!

Ich habe Verständnis dafür, dass die meisten sich darüber freuen, ich freue mich hauptsächlich, weil die Nächte nun wieder länger werden. Dass ich mich nach dreieinhalb Jahren Nachtschicht inzwischen als Vampir bezeichne, ist keine Neuerung für die Leser meiner Blogs, es fällt mir dennoch schwer, es nicht immer wieder anzureissen.

Es ist unbestritten, dass sich die Sonnenstrahlung positiv auf die Psyche auswirkt – das kann selbst ich bestätigen. Ich hatte sogar im letzten Winter sowas ähnliches wie eine kurze Winterdepression. Allerdings in harmlosem Ausmaß, genügend positive Energie hält meine Psyche allgemein ja dann doch bereit. Dass ich das Licht nicht brauchen oder sogar mögen würde, will ich folglich gar nicht herbeifaseln, wenn ich mich über meine Nachtschwärmerei auslasse. Es ist schön, dass es den Sommer gibt und ich bin wirklich froh, dass ich in Mitteleuropa lebe, wo sowohl die Tageslänge als auch das Klima im Wechsel der Jahreszeiten so vielfältig ist. Wir leben in einer Gegend, in der wir Schneeballschlachten und Freibadbesuche genießen können, ohne dafür in ferne Länder fahren zu müssen. Und die maximalsten -20°C und +40°C hierzulande sind mir eigentlich auch genug – mehr Extreme müssen nicht sein und ich bin froh um alles, was deutlich dazwischen bleibt.

Dennoch habe ich die Nacht immer mehr geliebt als den Tag! Dafür gibt es rationale und weniger rationale Gründe.

Mein Biorhythmus entspricht zwar sicher nicht unbedingt dem derzeit „aufgezwungenen“ meiner Nachtschichten, aber ich war eben auch noch nie jemand, der gerne früh ins Bett ist und es früh wieder verlassen hat.
Dann ist die Nacht gleichermaßen ruhiger und origineller. Ich bin irgendwie ja eine Art Teilzeit-Misantroph: So sehr ich auch „mit Menschen zu arbeiten“ schön finde, so sehr können mir auch alle gestohlen bleiben, die ich nicht kenne – und man trifft nachts einfach weniger. Wenn man aber welche trifft, dann sind es meist interessantere Menschen oder Menschen, die gerade einen interessanten „Tag“ haben. Durch die doch eher exklusive Atmosphäre der Nacht ergibt sich so selbst bei der Arbeit eine wesentlich geringere Konzentration an 08/15-Erlebnissen.
Bei aller außer Konkurrenz stehenden Freude an den Auf- und Untergängen unseres Zentralgestirns und der damit einhergehenden Dämmerung: Wenn ich nur Tag und Nacht optisch vergleichen sollte, würde ich der Nacht insbesondere in der Großstadt immer den Vortritt lassen. Die scharfen Kontraste und das viele Unsichtbare lassen die Welt nachts wesentlich strahlender und vielseitiger erscheinen – ja, wahrscheinlich auch vielseitiger, als sie eigentlich wirklich ist!
Bei der Arbeit schätze ich es, dass die Dunkelheit die Anonymität noch einmal verstärkt und die Details unwichtig werden. Ich mache mir bei Dunkelheit natürlich weniger Gedanken um Schmutz im Auto, meine unsaubere Rasur und mit ziemlicher Sicherheit wirkt sich das umgekehrt auch auf meine Kundschaft aus, die aus dem Dunkel heraus sicher offener ist.

Und wenn ich dann am Schreibtisch sitze, umgibt mich nur das Surren meines PC’s. Tobende Kinder, schreiende Nachbarn, der Verkehr vor der Türe – all das taucht meist erst nach Sonnenaufgang auf und verstummt mit Eintritt der Nacht. Sicher, mich stört es dann mitunter beim Schlafen, aber so lange mir der Schlaf zum Ausruhen reicht, ist mir das lieber, als auf die ruhige Stimmung beim Schreiben zu verzichten. Mindestens 80% der Blogeinträge und der Geschichten, die ich schreibe, entstehen zwischen 23 und 5 Uhr und das ist kein Zufall.

Deswegen freue ich mich darauf, das nächste halbe Jahr wieder jeden „Tag“ ein paar Minuten zu gewinnen. Ich werde mich über jede Schicht freuen, die ich im Dunkeln beginnen und/oder beenden kann und ich glaube so langsam daran, dass sich das nicht so schnell ändern wird – trotz allem Ärger, den so ein Nachtleben natürlich auch mit sich bringt.

Wichtig zu sagen ist allerdings: Ob man sich auf der Sonnenseite des Lebens befindet, hängt nicht alleine von der Neigung der Erdachse und der damit verbundenen Tageslänge ab. Das ist etwas, das jeder von uns für sich erreichen kann, wann und wo man sich auch befindet. Deswegen gönne ich euch den langen Tag heute auch und ich hoffe, ihr habt auf eurer Seite des Planeten Spaß und genießt die rare Zeit. Hier drüben ist jedenfalls alles in Ordnung … 🙂

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