Wie ein nachtaktiver Sash tagsüber loszog, um ins Radio zu kommen
Seien wir mal ehrlich: Es ist nicht schwer, ins Radio zu kommen. Von Weg durchs gleichnamige Gerät direkt kann ich abraten, ich habe mich selbst für den langwierigen Weg über komische Hobbies, jahrelanges Drauf-Warten und einen komischen Gesichtsausdruck auf allen Profilfotos entschieden. Na und anlässlich von bestimmt irgendwas wurde ich dann irgendwann von DRadio Wissen zum Online-Talk eingeladen. Daraufhin versagte meine Stimme und ich ging nicht hin.
Der einäugige Zopfflechter in den Höllen irgendeiner pakistanischen Frisörbude, der sich nebenbei um Schicksalsverflechtungen kümmert, sorgte aber dafür, dass ich nochmal kommen durfte. Vielleicht lag es auch daran, dass Konstantin Zurawski mich weiterhin für einen interessanten Blogger hielt. Wie das beim Schicksal so ist: Wir sollten die Wahrheit besser nie erfahren!
Die wesentlichen Infos zum Termin im Studio hatte ich mir im Vorfeld gemerkt, einen Teil davon auf dem Stück Papier, das raschelnd für ein bisschen Kamin-Atmosphäre während der Live-Sendung sorgen sollte.
Aber zunächst musste ich ja zum Studio gelangen. Ob meiner plötzlichen Berühmtheit zwar nicht unbedeutend eingebildet, hatte ich es nämlich unterlassen, den Sender anzufragen, ob sie das Studio nicht einfach bei mir zuhause aufbauen würde. Außerdem wollte ich ja auch gar nicht aufräumen. Der Termin indes sprach für ein Bett-Interview, wobei die Rechte für dieses Format wahrscheinlich ohnehin noch bei Yoko Ono liegen. Dennoch eher Tagschicht-Zeit: 11 bis 12 Uhr am gestrigen Samstag (9.6.2012) und dank echter Livität auch nur bedingt zu verschieben. Also packte ich meinen schmucklosen Jutebeutel mit den Schichtutensilien und beschloss, mein sauer verdientes Trinkgeld umgehend der örtlichen Gastronomie zuzuführen. Mehr als eine gemütlich Stunde verbrachte ich in der Nähe der lieblichen Atmosphäre des Ostkreuzes:
Der postmoderne Name „Bäckerei 2000“ lockte mich mit meinem Drang nach morbider Komik an, statt auf was besonders abenteuerliches zu stoßen, hab ich dort aber einen wirklich leckeren Couscous-Salat bekommen. Gut, sie schrieben „Kuskus“, aber wahrscheinlich sind das ein paar bildungsunwillige Ausländer gewesen, die kein Deutsch lernen wollten.
(Bitte beachten Sie, dass dieser blödsinnige und geschmacklose Gag nur hier steht, damit er mittels Urheberrecht aus dem nächsten Buch von Sarrazin wieder herausgeklagt werden kann!)
Mittels Schienenersatzverkehr (in anderen Städten: S-Bahn) bin ich dann auch ungefähr nach Schöneberg gelangt und hab spontan vergessen, welche Straße nun nochmal direkt zum Hans-Rosenthal-Platz führt. Aber kein Wunder: Es war 9 Uhr morgens und die Sonne brezelte bereits mit mehr Watt vom Himmel, als ich Worte in diesen Text schreibe.
Also setzte ich mich spontan in ein Eiscafé und überlegte, ob es nun von Vorteil oder von Nachteil wäre, mich der Behinderten-Gruppe anzuschließen. Wie an jeder Supermarktkasse traf ich die falsche Wahl:
„Müssense warten! Erst die Gruppe!“
Es ist schwer zu beschreiben, in welchen Intervallen die Kellnerin mich Dinge fragte und mir Karte und Cola brachte. Jedenfalls bin ich nach insgesamt ziemlich genau einer Stunde dort an die Theke, hab mein Getränk bezahlt und mein Eis auf selbiges gelegt, weil ich nun langsam los musste. Anschließend suchte ich weiter. Nein, ich wusste bis auf den Namen der Straße sehr genau, wo ich hinmusste. Da tauchten Details aus der Ortskundeprüfung wieder auf … aber ein bisschen wurde ich daran erinnert, dass ich mit manch geschichtlicher Stätte in Berlin eben nicht so viel verbinde wie die Einheimischen. Ich orientierte mich aber mal grob am protzigsten Haus und hatte Recht:
Die erste Begegnung mit dem Deutschlandradio in Natura war eher nicht so doll. Die Typen an der Pforte waren nicht nur wortkarg, sondern haben es nahezu darauf angelegt, dass ich die 10 Minuten bis zum vereinbarten Termin noch vor der Türe verbringe. War jetzt für mich als Nikotinjunkie mit semi-debilem Lampenfieber sicher nicht die schlechteste Idee, aber trotzdem! Und: An den Jungs vorbeirennen wäre zwar sicher dringewesen, aber im Aufzug wäre man dann der Arsch vom Dienst, denn die Beschriftungen sind, nun ja, eher nur für Insider brauchbar:
Der Gang im entsprechenden Stockwerk war mit Portraits großer deutscher Entertainer und Journalisten behängt, ich hab das Fotografieren aber unterlassen, da ich Angst hatte, eines der Bilder von Ulrich Wickert würde sich erschrecken.
Am Studio begrüßte mich recht locker ein Mensch aus einer meiner beiden Nachbargenerationen und binnen weniger Sekunden war ich mit Philipp auf Du. Er bestätigte meine hoffnungsfrohesten Vermutungen: Nicht nur müsste ich aktiv nichts tun außer quasseln, nein es bestand auch kaum eine Möglichkeit, dass ich mit irgendeiner Aktion etwas falsch mache. Ein paar Kleinigkeiten gab es noch zu regeln, aber all das lief zwangloser ab als das Singen und Klatschen im ersten Halbjahr des Kindergartens. Und dann hatte ich plötzlich für eine Stunde einen neuen „Arbeitsplatz“:
Meine Müdigkeit hielt sich vornehm zurück, ich mich nicht wirklich. Wenn ich den Leserkommentaren auf allen möglichen Kanälen glauben kann, dann war es eine gute Sendung – und das ist die Hauptsache!
Ich hab mir natürlich schon auch mal gedacht: Mist, hätteste da mal eher das und hier dies … aber egal! Sashy im Radio und so!
Und für alles, was dort nicht gesagt wurde, gibt es ja GNIT.
Anhören kann man die Sendung direkt hier bei DRadio Wissen (Link zum mp3)
Folgen des Ganzen: Mein Tagesrhythmus ist mal wieder total hinüber (weswegen ich jetzt auch Mittags wach bin), weniger Umsatz, dies und jenes … also ganz ehrlich: ich würde es nicht dauernd machen wollen. Aber das eine Mal jetzt war trotzdem geil und hat Spaß gemacht.
Säääsch? Echt? Hab immer „Sasch“ gedacht.
Bisher warst du bei mir übrigens auch immer der „Sasch“, aber gut, dann eben „Sääääääääääsch“ 😉
Der Filter vor dem Mikro dient übrigens nicht vorrangig als Sabberschutz, sondern vor allem, um das Poppen bei B- und P- Lauten zu verhindern. (Das weißt du vermutlich, aber ich wollte auch mal so tun, als wüsste ich was)
@Will Sagen:
Tja, die Wahrheit ist hart. 😉
@Ingmar:
Ist mir auch bekannt 😉
Beim Profilbildbetrachten dachte ich mir immer schon: Das richtige Gesicht fürs Radio!
@Exilschwabe:
Na vielen Dank!
Und die wichtigste Frage wurde ja auch sehr früh geklärt. 🙂
Wie? SÄsch, und nicht SAsch? – Neee, da kann ich mich jetzt nicht mehr umgewöhnen, ich lese da weiterhin Sasch draus…….. ^_^
Auch für mich bleibst du der Sasch ohne ä
Das Bild vom Ostkreuz gefällt mir, ein sehr typisches Berlinbild!
Im übrigen scheint die ungewohnte Sonne deine humoristisch-satirische Ader richtig geweckt zu haben 😉
@all:
Was der wichtigste Punkt war, ist jetzt offenbar klar 🙂
@Bernd K.:
Ach, die satirische Ader ist auch sonst da. Ich lebe das nur nicht jeden Tag aus. 😉
Schöne Sendung, eine Stimme zu den Texten ist spannend – und das ‚versteckte‘ schwäbisch hör ich aus sentimentalen Gründen sowieso gern 🙂
Säsch war eine Überraschung!
@sparkle:
Ja, man wird es halt nicht los. Die Sprachmelodie bleibt irgendwie.