Blog vs. Facebook

Von vorgestern bis gestern schwappte die Nachricht durchs Netz, dass sich der Radiomoderator Domian darüber geärgert hat, dass Facebook einen Beitrag von ihm gelöscht hat. Das ganze hat in den Social Networks und natürlich in Blogs einen gewissen Anklang gefunden, schließlich konnte man sich mal wieder übers böse große Facebook aufregen.

Das sicher nicht ganz zu Unrecht, denn es ist natürlich etwas krude, dass Facebook irgendwelche Inhalte löscht. Das Schwierige daran ist aber gar nicht in erster Linie, dass Facebook damit irgendeine Art von „Zensur“ ausübt – ein Wort, das im Internet im Übrigen fast jedem irgendwann zum Hals raushängt, weil es viel zu inflationär für ganz andere Sachverhalte verwendet wird.

Es ist genauso wenig Zensur von Facebook, wenn es einen kirchenkritischen Beitrag von Domian löscht, wie wenn mich hier irgendwelcher Nazikommentare entledige. Das ist gewissermaßen eine Form von Hausrecht. Zensur ist es, wenn man keinen Naziblog mit kirchenkritischen Inhalten schreiben darf und das von staatlicher Seite aus unterbunden wird. Und abgesehen vom durchaus streitbaren §86 a des StGB deutet darauf nicht wirklich was hin.

Ich hab bei meinem Blick auf einen Text von Sascha Lobo letztes Jahr das Thema kurz gestreift, dass viele Inhalte im Netz weg von den eigenen Blogs zu Social Networks wandern. Das habe ich für wichtige Dinge zwar eher verneint, allerdings kaum Gedanken denen gewidmet, bei denen das gang und gäbe ist. Wie offenbar bei Domian.

Der ärgert sich jetzt natürlich, dass er ein bisschen auf die Pauke gehauen hat und all das im digitalen Orkus verschwunden ist. Das gönne ich niemandem, aber ich halte es definitiv mehr mit Florian Freistetter, der in einem wirklich lesenswerten Artikel gestern eine einfache Lösung aufgezeigt hat:

Wenn ihr der Welt etwas sagen wollt, sagt es in eurem Blog! Und nicht bei Facebook

Auch wenn es uns nicht passt und Facebook das gerne hinter ein paar netten Worten versteckt: Schreiben wir etwas auf Facebook, schreiben wir etwas für Facebook. Klar, es teilt sich toll, man informiert seine Freunde, Likes kriegt man schneller als Kommentare und außerdem isses ja auch total hip, das gleich voll social und so zu haben.
Gleichzeitig liefert man Facebook aber auch einfach den Content, den es braucht um wichtig zu sein. Genau genommen ist die Tatsache, dass wir was auf Facebook posten das Geschäftsmodell dieses Unternehmens. Das ist auch nichts per se verwerfliches, im Gegenzug kriegen wir ja eine ausgefeilte Software, um mit Freunden und Feinden in Kontakt zu treten und unsere Meinung zu verbreiten. Und das ist im großen und ganzen ein guter Deal. Deswegen funktioniert Facebook so gut, deswegen haben sie rund eine Milliarde Nutzer. Auf der anderen Seite hat Facebook aber halt auch das Recht, uns rauszuschmeißen, wenn wir im geschäftlichen Sinne unbequem werden …

Was im Übrigen – wenn man ein paar Schritte weiterdenkt – ähnlich auch ist, wenn man bei blogger.com oder wordpress.com bloggt. Da sind die Grenzen natürlich noch mal ganz andere und wesentlich weiter zu Gunsten der Schreiber verschoben, im Prinzip ist es aber das Gleiche.

So gesehen wäre auch mein Rat: Selber bloggen. Teilen kann man die Einträge nachher ja gerne überall. Und das ist toll und ich bin froh, dass es Facebook, Twitter und co. gibt. Ich würde mich da allerdings lieber nicht so abhängig machen. Und ich würd’s schon dreimal nicht tun, wenn ich eine Reputation wie Domian hätte, der nun ja mit einem eigenen Blog echt nicht bei Null anfangen müsste …

17 Comments

Filed under Medien, Vermischtes

17 Responses to Blog vs. Facebook

  1. Nicht zuletzt deswegen habe ich dieses Jahr angefangen, selbst zu bloggen.
    Facebook erschien mir einfach nicht die richtige Plattform dafür zu sein…

  2. @Nessa LG:
    Es ist halt nicht für alles das richtige, nur weil „alle“ bei Facebook sind. Man muss sich da halt Gedanken drüber machen. Auch wenn’s am Anfang vielleicht schwer fällt. Mal ein paar Videos mit Freunden teilen ist ja ok bei FB. Ein paar blöde Sprüche und Nachrichten auf Twitter folgen – prima. Und Fotos bei instagram und Picasa und was weiß ich. Ist ja alles schön und gut und überhaupt nicht per se schlecht. Aber wenn man mal ein bisschen „professioneller“, regelmäßiger und anspruchsvoller wird, ist was eigenes schon besser.

  3. @Sash
    Da stimme ich Dir voll zu. Und wie Du schon im beitrag schriebst, dort und auf Twitter teilen kann man ja dann immer noch. 🙂

  4. Auch ich gehöre zu den Facebook-Verweigerern und führe mein Blog bei blog.de. Aber auch da hängt ständig das Damoklesschwert der Löschung über mir, weil einige Leser manche meiner Texte vielleicht zu freizügig finden.
    Den Aufwand einer eigenen Domain und selbst eine Blogsoftware zu installieren und zu maintainen, möchte ich mir aber sparen. Und so bleibt halt ein gewisses Restrisiko.

  5. @breakpoint:
    Um eine Verweigerung ging es mir ja nicht. Ich bin ja bei Facebook und ich finde es ehrlich gesagt auch eine verdammt gute Plattform. Aber halt für das, was es ist. Und es ist sicher nicht der einzige Kanal, über den ich im Netz präsent sein möchte. Die, denen das ausreicht, sind ja keine schlechteren Menschen – noch nicht einmal schlechtere User. Fürs tägliche Allerlei passt das ja prima.
    Aber wenn wir jetzt mal die Horrorvison nehmen, dass Facebook einfach den Dienst einstellt, weil: lohnt sich nicht mehr …
    Ich bin sicher, da hätten einige Leute ganz gewaltige Probleme – und die kann man eben umgehen und sollte man auch, wenn man wirklich viel im Netz ist und sich dort eine eigene Identität (oder gar ein Image?) geschaffen hat. Da kann Social Networking nur eine (manchmal sogar durchaus notwendige) Erweiterung sein.
    Natürlich hat man als Künstler (im Sinne von Content-Produzent) immer auch ein Risiko rechtlicher Natur. Ich könnte hier ja ebenso Ärger kriegen, wenn ich beispielsweise gewaltverherrlichende Dinge schreiben würde. Aber das sind die gesellschaftlichen Konventionen, die wir als Bürger dieses Staates ohnehin zu tragen haben. Etwas anderes ist es, wenn man sich noch plattformspezifischen Restriktionen unterwirft. Und das tut man gewissermaßen immer. In den AGB meines Hosters steht auch, dass ich keinen Naziblog schreiben darf – und arg viel freier als auf einem „eigenen“ Server geht’s ja kaum noch.

  6. @Sash
    Da hast du sicher recht.

    Ganz sicher will ich keinen Facebook-User überreden, Facebook abzuschwören – wer damit zufrieden ist, soll das ruhig bleiben.
    Du scheinst dir ja potentieller Probleme bewusst zu sein.

    Es ist leider so, dass man um etliche Kommunikationskanäle nicht herumkommt.
    Beruflich nutze ich Xing und Twitter, lasse das allerdings mit meinem privaten Blog nicht interferieren.

    Ja, ein eigener Server ist schon was feines. Aber es genügt, dass ich beruflich nicht um die Serveradministration herumkomme. Privat belaste ich mich zumindest damit nicht.

  7. Wahlberliner

    @Sash: Bis auf die Tatsache, dass Du am Anfang legitime und immer begrüßenswerte Kirchenkritik mit menschenverachtenden Nazi-Inhalten auf eine Stufe stellst, stimme ich Dir weitestgehend zu. Ich weiß, beides ist von der Freiheit der Meinungsäußerung gedeckt, aber ein „Naziblog mit kirchenkritischen Inhalten“ als Beispiel für Zensiertes wirft doch die Frage auf, weshalb so etwas zensiert werden würde, wenn es eine Zensur gäbe: Wegen der Kirchenkritik, oder wegen der Naziinhalte? … Das spielt im Zweifel den Nazis in die Hände, die bei berechtigten Entfernungen verfassungswidriger Aufrufe zu Gewalt und zu menschenverachtenden Verbrechen auch immer gleich nach Zensur rufen…
    Aber das ist nur meine Meinung, vielleicht hab ich da auch nicht richtig mitgedacht.

    Ansonsten sehe ich Facebook, ebenso wie die ganze „Daten-Klaut“, einfach deshalb kritisch, weil man dann nicht mehr selbst die Kontrolle über die eigenen Daten hat. Das trifft auf die Gefahr der Löschung ebenso zu, wie auf die Gefahr, dass private Nachrichten von anderen Augen als denen des Empfängers gelesen werden können. Das ist bei E-Mail zwar ebenfalls gegeben (bis auf die Löschung, denn wenn ich eine Mail mit POP3 auf meinen PC geholt habe, ist sie dort und kann nur von mir wieder gelöscht werden), aber im Gegensatz zu Facebook ist E-Mail ein relativ denzentrales Medium, wodurch die Überwachung etwas erschwert wird, während Facebook alle diese Inhalte direkt an seinen Fingerspitzen hat, was viele Persönlichkeitsrechtsbrüche stark vereinfacht (und ja sogar zum Geschäftsmodell von Facebook gehört). Deshalb werde ich Facebook nie nutzen und bedaure, dass diese Seite so viele Nutzer hat. Von „Kunden“ kann man ja nicht sprechen, die Nutzer sind da ja die „Ware“, während die Kunden diejenigen sind, die die Daten abkaufen…

    @breakpoint: Um ein einfaches Blog zu betreiben, braucht man keinen eigenen (V-)Server zu administrieren. Ein einfacher Shared-Hosting-Vertrag für 3-4 Euro im Monat ist für ein (oder mehrere) WordPress‘ schon locker völlig ausreichend. Das bedeutet dann nicht nur, dass man auch lediglich bloß nur die WordPress-Installation(en) zu warten hat, sondern auch, dass man mehr Freiheiten hat, was z.B. das Layout, die Plugins etc. angeht, und zugleich eben trotzdem auch die weitestgehende Kontrolle über seine Daten hat. Ich halte das für den günstigsten Mittelweg, wenn man bloggen will.

  8. @breakpoint:
    Verstehe ich. 😀

    @Wahlberliner:
    Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich Nazis und die Kirche fies über einen Kamm schere. Ich nenne auch Facebook und Blogs zusammen. Gegen eine Relativierung von Naziverbrechen bin ich definitiv, aber deswegen kann ich ja wohl trotzdem Nazis in eine Reihe von Dingen stellen, die ich scheiße finde, oder? 🙂
    Deine Kritik an Facebook ist größtenteils legitim, aber ich muss zugeben, dass ich dieses „die Kunden sind Waren“ auf Facebook bezogen kaum noch hören kann. Sicher, das kann man so sehen – aber dann bitte nicht, ohne zu akzeptieren, dass wir das auch im Supermarkt und sonstwo sind. Denn natürlich sind die Nutzer auch Kunden wie überall sonst – Kritiker vergessen in meinen Augen zu oft, dass die Software von Facebook mit allem was dazugehört ja durchaus ein großer Mehrwert ist, der dies und das erleichtert. Es ist also auch keineswegs so, dass man von Facebook für seine Daten nichts bekommt. Die Frage ist, ob die Kosten-Nutzen-Rechnung für einen aufgeht. Und dass sich darüber viele – wenn nicht die meisten – Facebookuser keine oder zu wenige Gedanken machen, das ist in meinen Augen das Hauptproblem.
    Und das führt dann auch zu diesen ganzen entsetzten Aufschreien, wenn FB mal wieder was ändert.

  9. Also, ich finde das „böse“ Facebook auch toll und nutze es auch gerne. Eben, weil ich mich mit vielen Freunden und Bekannten über dieses Medium austauschen kann…und zwar Global. Aber bloggen, das kam mir dort niemals in den Sinn. Dafür ist Facebook eigentlich auch nicht gemacht worden.

    Speziell im Fall Domian glaube ich auch nicht an „Zensur“. Es ging auch sicherlich nicht um den Text, den er verfasste und dort veröffentlichte. Eher gehe ich davon aus, dass Facebook da ein Stopp setzte, wegen all diesen niveaulosen Kommentaren. – So ist es jedenfalls nicht gerade selten. Ich kann mich allerdings auch irren. Aber na ja, er hat ja seinen Text und die Kommentare wieder. 😉

  10. @Wahlberliner
    Nötig ist ein eigener (ggf. virtueller) Server sicher nicht, um ein Blog zu betreiben.
    Aber er ermöglicht die maximale Kontrolle und Flexibilität.

    Und wenn ich schon die volle Kontrolle hätte (inwiefern ich das überhaupt will, ist die zweite Frage), könnte ich es sicher nicht lassen, an der Konfiguration und den Sourcen herumzuspielen, eigene Plugins zu erstellen, eigene Webdienste laufen zu lassen etc. .
    Nee, das ist Segen und Fluch zugleich. Ich beschränke mich auf eine Blogplattform, die ich mit eigenen Scripts auch schon aufgepeppt habe.

  11. Guter Artikel und guter Rat: Selber bloggen. Wer will auch noch auf FB, Twitter, Google+ und was es sonst noch so gibt. Aber mit einem eigenen Blog hat man sein eigenes Fleckchen im Netz, wo alles gebündelt werden kann. Und sollte der Fall eintreten dass der Bloganbieter droht zu verschwinden ist es sehr viel einfacher seine Daten dort rauszuziehen als bsp. bei FB.
    Gibt auch einen interessanten Artikel zum Thema bei Gutjahr, er empfiehlt dasselbe wie du: http://gutjahr.biz/2013/03/null-blog/

  12. Quacki

    @Wahlberliner: Sashs Beispiel würde ich eher in als rhetorisches Stilmittel einordnen. Nicht nötig, da jetzt eine Nazi-Verharmlosung zu sehen.

    @Sash:
    Stimme voll und ganz zu. Facebook hat als Unternehmen selber die freie Verfügung über seine Daten, insbesondere eingestellte Texte, und kann damit machen was es will, solange es keine Gesetze verletzt (*). Insbesondere sehe ich kein Gesetz, und kann mir auch nicht vorstellen dass es ein solches in einem Rechtsstaat mal geben könnte, dass einen Betreiber eines sozialen Netzwerks dazu verpflichtet, jeden eingestellten Text eines Nutzers auch darzustellen (**). FB hat also das Recht, alles zu Löschen was es für nötig hält. Und Not ist eben, wenn sich zu viele Leute beschweren (Domians Eintrag ist inzwischen wiederhergestellt, dank ~2 Mio Views und entsprechender Weiterverbreitung, wenn ich mich richtig erinnere), oder mit juristischen Schritten gedroht wird.

    (*) Das FB evtl. andere Schweinereien mit Daten macht, berüht den Rest nicht weiter.
    (**) Etwas ähnliches haben ja die Verlage mit dem LSR versucht, das eigentlich dazu da war Google dazu zu zwingen für Verlinkungen in Google News Geld zu bezahlen … anstatt per Robots.txt Google auszusperren, was der sinnvolle und vor allem der zu den Aussagen der Verlage passende Weg gewesen wäre. Insofern ist mein Vertrauen in den Rechsstaat geschwächt, jenes in den internetausdruckenden-Idioten-bezahlt-von-den-Lobbys-Staat hingegen gestärkt.

  13. So wie das mitbekommen habe, ist auf Grund dieser Geschichte tatsächlich ein Domian-Blog im Gespräch… Aber vielleicht war das auch nur ein Scherz vom Redakteur…

    Wäre das nur wegen den Kommentaren – die ich fast nie lese – dann wäre das schon überaus schade. Den Text selbst fand ich gut und richtig. Und vor allem in keiner Form angreifend.

  14. @Svü:
    Macht es wirklich einen Unterschied, ob das wegen den Kommentaren war? Mal im Ernst? Das mag für den einen Beitrag und genau den Kommentar eine Rolle gespielt haben – aber im großen Ganzen?

  15. Dumme Sprüche gibts bei Facebook, alles andere auf dem Blog.
    Alles was man auf Facebook postet ist doch eh nach spätestens einer Woche „weg“. Nicht weil es gelöscht wird, sondern weil es im Orkus der geteilten Bildchen, Seiten und Sprüchen einfach unter geht.

  16. Schöner Beitrag! Und ich bin ganz Deiner und Florian Freistetters Meinung: selber bloggen, wenn man „der Welt“ etwas (dauerhaftes) mitteilen möchte.

    Gruß aus Bremen,
    Eddy

  17. Ich würde sagen, wenn Ihr der Welt etwas sagen wollt, dann sagt es in eurem Blog – den ihr gut optimiert habt – SEO technisch. Dann Twittert den Beitrag mit einem kurzen teaser, nehmt ausgewählte Ausschnitte und teilt die mit der URL per Facebook und Google+ Fanpage. Pinne die tollsten Bilder des Beitrages bei Pinterest – vergiss das Bookmarken des Posts nicht und dann kann man deine Meinung auch finden!

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