Geld ist ja so eine Sache. Es macht bekanntlich alleine nicht glücklich, wobei man diesen Spruch oft auch mal sagt, während man an das Geld anderer Leute und deren Umgang damit denkt.
Wie die geneigten Leser hier wissen, ist mein finanzieller Background immer recht begrenzt gewesen – und er wird es wahrscheinlich noch eine Weile sein. Ich bin mir nicht zu fein, Zahlen zu nennen, alleine: es ist sehr unstet. Ich vermute, im Monatsmittel lande ich bei irgendwas zwischen 1000 und 1500 € bei Fixkosten von derzeit rund 700 €. Das ist nicht viel, aber ich habe in den letzten zwei Jahren geschafft, ungefähr so viel zu verdienen, wie ich brauche. Die Kohle ist zwar am Ende immer alle, dafür kann ich vor mich hinleben, ohne im Supermarkt die Preise vergleichen zu müssen. Und das ist für mich der Bereich, wo Luxus anfängt: Wenn ich mir nicht ständig Sorgen machen muss, ob ich mir dieses oder jenes leisten kann. Sicher: Größere Neuanschaffungen stellen einen bei so einem Lebensstil auf eine Probe, glücklicherweise hab ich ja auch gelegentlich unerwartete Einkünfte oder bekomme gar Sachgeschenke. Klappt also.
Wie sehr das klappt und wie sehr man sich daran gewöhnt, ist mir jetzt bewusst geworden, da es das mal nicht mehr zu tun scheint. Das soll jetzt aber nicht als Betteleintrag verstanden werden, denn es steht gerade einfach das Erbe meiner im April verstorbenen Oma noch aus. Das sind ein paar Tausender und die bekomme ich auf jeden Fall. Aber gerade diese in Aussicht stehende Zahlung hat halt auch ein bisschen Schluderei Einzug halten lassen. Statt mal zur Abwechslung etwas mehr zu arbeiten oder sich beim Geldausgeben zusammenzureissen, war oft der Gedanke „Ach, wenn das Erbe dann kommt …“ im Weg.
Das ist – wie gesagt – gar nicht schlimm, weil es ja tatsächlich kommen wird. Ziemlich bald sogar. Aber momentan hab ich den Salat auf den Konten. Dies konnte nicht abgebucht werden, jenes auch nicht, und verfügbar ist kein Betrag, der auch nur für eine der Sachen reicht.
So hab ich früher dauernd gelebt, heute weiß ich nicht, wie ich das ausgehalten hab. Hier was verschieben, da was umbuchen, mal etwas Geld aus der Monatskasse als Vorschuss nehmen … geht ja alles bis zu einem gewissen Grad. Und mal ehrlich: Irgendwas eine Woche zu spät überweisen? Boah, tragisch!
Aber mir ist mal wieder bewusst geworden, wie sehr das an einem nagen kann. Sicher, nach Jahren an Übung arrangiert man sich damit, tatsächlich ist es ein enormer Stressfaktor, insbesondere wenn es einen mal plötzlich und überraschend trifft. Und das sage ich jetzt, dem Geld sonst so wurscht wie nur möglich ist, der eine Menge Möglichkeiten diesbezüglich hat und zumindest in den meisten Monaten zumindest gefühlt weit jenseits der Armutsgrenze lebt.
(Und zudem jetzt gerade auch selbst schuld ist und beim zweiten Nachdenken über die eigene Blödheit lachen kann)
Wisst Ihr, was?
Das ist ziemlich scheiße!
Ich halte Geld nicht per se für schlecht, eine bessere Alternative fällt mir auch nicht ein. Aber es ist schlecht, welchen gesellschaftlichen Stellenwert das hat. Das ist auch das Problem mit ALG2 und Konsorten: Ja, sicher, es reicht irgendwie zum Überleben. Das will ich nicht abstreiten und mir ist bewusst, dass wir es da in Deutschland recht gut haben. Und ich hab’s erst recht gut! Ich glaube, ich bin insgesamt wirklich zufriedener als der Durchschnitt hierzulande. Aber kein Geld über zu haben, belastet unnötig viel. Es ist den meisten Menschen peinlich, arm zu sein. Arm sein bedeutet fast überall automatisch ein Verlierer zu sein. Selbst mit meiner Kohle kriege ich mitleidige Blicke in der Bank. Deren dämlicher Finanzcheck stellt nämlich jedes Mal fest, dass ich meinen (natürlich statistisch ermittelten) Bedarf gar nicht decken kann. Aber klar, statistisch hab ich ein Auto, das mich 300 € im Monat kostet. Und ich hab natürlich nur keines, weil ich es mir nicht leisten kann. Dass ich mit meiner Verkehrsanbindung gar nicht einsehe, 300 € mehr zu verdienen, nur um mir ein Auto anzuschaffen, das steht halt in keinem Plan. Überhaupt ist sich die Welt da draußen einig, dass man bei allem, was man tut, das Maximum rausholen muss. Ist schließlich Geld, und Geld ist wichtig!
Für 300 € mehr müsste ich rund 5 bis 6 Tage mehr Taxi fahren im Monat. Das sind 5 bis 6 Tage, in denen ich das besagte Auto wieder nicht ernsthaft nutzen könnte. Die Rechnung geht nicht auf für mich, sorry.
Ich hab natürlich im Umkehrschluss auch wenig Geld, um es den bedürftigeren Menschen zukommen zu lassen. Da bleibt es dann halt bei Kleinigkeiten. Dem Obdachlosen 2 € statt 50 Cent geben oder zwei Kippen statt einer. Dem arbeitslosen Kumpel sagen, dass er jetzt gefälligst mitkommt in die Kneipe und ich seine drei oder vier Bier ohne weiteres zahlen kann. Vor allem aber klarstellen, dass es keine Schande ist, kein Geld zu haben. Sowas kommt vor, ob unverschuldet oder nicht. Einen ganz großen Anteil an den Problemen der Armen tragen die, die nicht arm sind. Und zu denen will ich sicher nicht gehören.
Die wohl weisesten (weil mit Humor vermittelten) Gedanken zum Thema tauchen meiner Meinung nach übrigens bei Douglas Adams‘ bekanntestem Buch, Per Anhalter durch die Galaxis*, bereits auf Seite 1 auf:
„Dieser Planet hat – oder besser gesagt, hatte – ein Problem: die meisten seiner Bewohner waren fast immer unglücklich. Zur Lösung dieses Problems wurden viele Vorschläge gemacht, aber die drehten sich meistens um das Hin und Her kleiner bedruckter Papierscheinchen, und das ist einfach drollig, weil es im großen und ganzen ja nicht die kleinen bedruckten Papierscheinchen waren, die sich unglücklich fühlten.“
Das sollte man öfter mal bedenken.
*ein Amazon-Link, ich brauch Geld. 😉
Hachja, die guten alten „Wie Du hast kein Auto?“ Diskussionen … (ungeschickter Versuch vom eigentlichen Thema abzulenken 😉
Ich muss lächeln und du weißt wieso. 🙂
das mit dem erbe kann noch dauern, meine oma ist im novermber gestorben und so langsam fängt das amtsgericht an etwas wegen des erbes in die wege zu leiten. ich schätze es dauert noch mindestens ein halbes jahr
@hartmut:
Wunderbarer Versuch! 😉
@Svü:
🙂
@Patrick:
Nee, das ist alles schon geklärt. Die Umstände waren unkompliziert. Es hängt nur noch daran, dass ein Teil der Familie im Urlaub ist und deswegen der Termin zur Kontoauflösung nicht sofort gemacht werden kann. Selbst die Unterlagen für die Bank sind schon komplett. Es geht also wirklich um „bald“.
Ich gehöre Gott sei Dank definitiv zu den überdurchschnittlich verdienenden, aber bei alledem ist es immer eine Frage des Lebensstils, wie viel Geld man verbraucht. Und zum einigermaßen konstanten Geldeingang gehört einfach viel Disziplin und ein Überblick über die Ausgaben.
Mein Rezept war bis jetzt immer: 20% des Geldeingangs auf ein Tagesgeldkonto legen, dann hat man die 10% immer, um Urlaub, Auto, Reparatur, … zu bezahlen und den Rest für den Aufbau von Sparguthaben für die wirklich unvorhergesehenen Dinge.
@Michael:
Ja, das was Du nennst, ist das, wo ich sicher auch mal hin will. Das Schwierige im Niedriglohnsektor ist halt: Da legt man die 20% (wenn’s überhaupt so viel sein kann) zur Seite, macht das gewissenhaft ein halbes Jahr und hat am Ende mit der kaputten Waschmaschine doch wieder alles auf einmal ausgegeben. Und irgendwas in der Größenordnung streift jeden so ungefähr einmal jährlich. Denn wenn es nicht die Waschmaschine ist, dann fallen halt gleichzeitig neue Schuhe, Ersatz für einen verreckten Monitor, ein neuer Küchenstuhl und irgendwas anderes an. 🙂