Was für eine Nacht! Gut, ich vermute stark, dass die meisten jetzt nicht so eine besondere Nacht hatten. Meine war eigentlich vor allem deswegen interessant, weil ich mit großem Interesse die Berichterstattung rund um den Kometen ISON verfolgt habe. Für diejenigen, die es nicht mitbekommen haben:
ISON wurde 2012 entdeckt und galt bis gestern als sehr aussichtsreicher Kandidat dafür, ein Jahrhundertkomet zu werden, ein eindrucksvolles Naturschauspiel am nächtlichen Himmel. Er wurde bei seinem jetztigen, offenbar ersten, Flug in Richtung Sonne schon unerwartet früh hell und sollte nach der Umrundung der Sonne nahe genug an der Erde vorbeikommen, um gut sichtbar zu werden. Die Helligkeit konnte niemand sicher einschätzen, aber die Vermutungen reichten von „gut sichtbar am Nachthimmel“ bis „tagsüber sichtbar“.
Nun gab/gibt es aber ein Problem: Der Komet passierte in der vergangenen Nacht die Sonne. Und zwar unfassbar nahe. Das war auf der einen Seite sehr schön für die Wissenschaft, denn die konnte den Kometen nun auch mit all ihren Sonnenbeobachtungsteleskopen beobachten. Auf der anderen Seite wirken bei einem so engen Vorbeiflug enorme Gravitatonskräfte und es war von Anfang an klar, dass es im Bereich des Möglichen liegt, dass ISON dabei auseinanderbricht.
Bereits in den letzten zwei Wochen war vermehrt spekuliert worden, dass genau das bereits passiert sei. Genau wusste man es nicht, da Kometenkerne viel zu klein sind, um sie tatsächlich zu sehen. In ISONs Fall soll der Kern nur 4 Kilometer groß sein. Erst das aufgrund der Sonnenstrahlung verdampfende Eis, der Austritt von Gas und Staub bilden die so genannte Koma und letztlich den Schweif – und die haben Ausdehnungen von zigtausend Kilometern, die Länge des Schweifs geht in die Millionen. Das alleine sieht man auf Aufnahmen und deswegen war man auf die Interpretation von Helligkeitsveränderungen angewiesen. Einen Tag vor seinem sonnennächsten Punkt, dem Perihel, wurde ISON plötzlich wieder heller als erwartet, nur um dann im direkten Anflug gestern Abend termingerecht während eines Google-Hangouts der NASA zum Thema immer schwächer zu werden und sehr zur Verwunderung teilnehmender Wissenschaftler auf einigen Aufnahmen gar nicht mehr aufzutauchen, obwohl er zumindest Spuren im Magnetfeld der Sonne hätte hinterlassen müssen.
Das war der Stand, als ich arbeiten gegangen bin. Halbe Schicht, recht gut Geld verdient, super.
Und jetzt sitze ich wieder am Rechner, hab nach einiger Pause mal wieder die Twitter-Suche nach ISON angeschmissen und plötzlich widersprechen sich alle. Tausendfach wird der „Tod“ des Kometen beweint, aber auf Astronomie-Blogs und NASA-Seiten taucht der Komet plötzlich hinter der Sonne wieder auf.
Dunkler, vielleicht doch nur eine Trümmerwolke oder ein Teilstück. Oder hat gar ein Großteil den wilden Ritt doch überstanden und flammt jetzt neu auf? Wissenschaftler verkünden, dass sich so wie ISON noch kein Komet verhalten hätte, zugleich grassiert in den sozialen Netzwerken aber auch ein schönes Bonmot, das über Kometen grundsätzlich sagt:
„Kometen sind wie Katzen: Sie haben einen Schweif und machen, was sie wollen.“
Selbst von „Schrödingers Komet“ ist bereits die Rede, eine Katzenreferenz der etwas anderen Art, gleichwohl natürlich passend ob des unklaren Zustandes derzeit. 😉
Und damit muss ich auch schließen. Es ist und bleibt vermutlich noch für ein paar Stunden oder Tage nicht hundertprozentig sicher, wie es dem zwischenzeitlich auf Twitter in ISOFF umgetauften Kometen gerade geht. Und ob er – wenn er es geschafft haben sollte – immer noch am Himmel zu sehen sein wird in den nächsten vier Wochen. Aber es war eine verdammt spannende Nacht, dafür lasse ich gerne den ein oder anderen Fernsehkrimi sausen!
Sash – your guide to berlin and milkyway!
Wäre toll, mal wieder einen richtig „großen“ Kometen zu sehen 🙂 Ich kann mich noch gut an Hale-Bopp 1997 erinnern. Damals stand ich als kleiner Junge mit dem Nachbarn samt Fernglas am Gartenzaun…
Vielleicht wirds ja noch was! Und wenn nicht, wars immerhin interessant und spannend genug.
Mit was zur Hölle beschäftigst du dich eigentlich nicht?? 😀
Danke für interessanten Ausflug ins All.
@huppifluppi:
Na mindestens! 😀
@Michi:
Ja, an Hale-Bopp erinnere ich mich auch noch sehr gut. Obwohl ich ihn eigentlich vom Anblick her eher enttäuschend fand.
Und ja: Ich fand das gestern schon genial. Das war Action pur und hat mich wiederum an was „ähnliches“ erinnert: Shoemaker-Levy 9 … 🙂
@Bastian G:
Ach, meine Interessen sind soo weit auch nicht gestreut. Astronomie gehört aber seit so langer Zeit dazu … den Text hätte ich so schon mit 12 Jahren schreiben können. 🙂