Ein Oligatruppel, zwei Neibus!

…und dann stelle man sich mal vor, man lande als Mensch unter Außerirdischen. Die finden einen voll in Ordnung und geben einem sogar Arbeit in einem Oligatruppel-Laden. Man hat zwar keine Ahnung, was ein Oligatruppel ist, aber da sie modular aufgebaut werden, kommt man damit zurande. Der eine Kunde möchte gerne eine verbreiterte Trapazingone, der nächste halabilifistige Retragimpse, man muss nur zuhören und aus dem entsprechenden Container die entsprechenden Teile herausholen und aufeinander stecken.
Die Ergebnisse sind mitunter recht unterhaltsam, die Oligatruppel-Käufer hingegen eher weniger. Manche kommen von verdammt weit entfernten Planeten, sind aggressiv oder verhaltensgestört in dem Sinne, dass sie überhaupt nur höchst selten mal eine Bewegung, und damit irgendeine Form von Verhalten erkennen lassen.
Das Komplizierte ist aber die Bezahlung. Oligatruppel werden standardmäßig in Quadringas bezahlt, deren logarithmische Zählweise einen zunächst völlig überfordert. Davon abgesehen verkauft man ja auch Oligatruppel-Zubehör, wie beispielsweise Neibus und Trebeteraner, was die Berechnungen zu einem kleinen Kunstwerk werden lässt.

So muss sich dieser eine Verkäufer bei uns im Dönerladen fühlen.

Ich habe so einige Angestellte in diesem Laden kennen und zum Teil fast schon lieben gelernt. Vertraute Gesichter, nette Leute. Als ich noch öfter Döner gegessen habe, hatte der ein oder andere sogar schon abgespeichert, wie ich meinen Fladen gerne belegt hätte. Aber die Fluktuation beim Personal ist groß. Es kommen immer wieder neue. Und jeder hat eigene Macken. Einer kommt mit dem Konzept „Viel Chili“ nur soweit zurecht, als dass er erst aufhört, wenn man „Stopp!“ ruft. Neulich tat ich das nach fünf gehäuften Löffeln Chilis, mit sechsen hab ich den Döner dann gegessen.

War aber ok, ich mag’s ja „ein bisschen scharf“.

Der nun manchmal eingesetzte Nachtschichtler ist auf andere Art bemerkenswert. Nicht nur ähnelt er einem sehr bekannten Komiker, er kann vor allem nicht rechnen. Und mit „nicht rechnen“ meine ich nicht etwa den komplizierten Sachverhalt im Einleitungstext, sondern normale Addition. Ich hab mich heute morgen erdreistet, mir für mein heiß ersehntes Wochenende ein paar Flaschen Bier zu holen. Und eine Cola. Bier einsvierzig, Cola zweidreißig.

„Wie viel Bier waren das jetzt?“

„Fünf.“

„Oh! Willst Du nicht zehn nehmen?“

Äh, nein!?

Und das war kein lustiger Spruch. Denn als ich verneinte, griff der Mann zu seinem Taschenrechner, der neben Kronkorkenenthebelungsgerät und Ziggi-Card einen eigenen Platz an der Theke hat. Das Ergebnis (insgesamt mit Cola 9,30 €) entsprach meiner Erwartung, also hab ich wie immer einen Zehner gegeben und eine schöne Schicht gewünscht.

Ich gebe zu, dass ich mich bei meinem letzten Döner-Kauf ein wenig geärgert hatte. Der Mensch am Messer konnte nicht einschätzen, wie viel Fleisch er für ein Brot brauchte, so dass er zweimal nachschneiden musste. In Zeitlupentempo natürlich. Und am Ende war es zu viel. Anstatt es einfach draufzupacken, fragte er nochmal nach, nestelte herum und so weiter und so fort.

Aber eigentlich ist das ok. Sicher, die Dienstleistung hakelt ein wenig. Es dauert etwas länger. Das ist für mich mal ärgerlich, wenn ich es gefühlt eilig habe. Auf der anderen Seite hat sich da jemand getraut, einen Menschen in Lohn und Brot zu bringen, der ganz offensichtlich nicht arg viel mehr als eine Grundschulbildung vorzuweisen hat. Und ist es nicht gut, dass dieser im Übrigen wirklich sympathische Mann von meinen zwei Extra-Minuten seinen Lebensunterhalt bestreiten kann? Natürlich ist Döner-Verkäufer nicht unbedingt der angesehenste Job. Und schlecht bezahlt ist er sicher auch. Aber viele Menschen da draußen haben nicht einmal so etwas. Und die schlechte Bezahlung liegt auch nicht am Bildungsniveau des Fleischsäblers, sondern daran, dass hier in Marzahn kein Schwein mehr als 3 € für einen Döner zahlen würde, ganz egal, was für eine Schreckschraube oder was für ein Superstar hier hinterm Tresen steht.

Der Typ macht mir – solange die Zutaten reichen – Döner. Bier und Cola gibt es rund um die Uhr. Und ich gehe da sowieso nur hin, wenn ich frei habe. Also nehme ich mir die Zeit, die hab ich nachts ja. Und im Notfall bin ich der Alien, der nochmal erklärt, wie viele Neibus ich zu meinem Oligatruppel nehme. Ohne den Phaser zu zücken.

9 Comments

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9 Responses to Ein Oligatruppel, zwei Neibus!

  1. „Auf der anderen Seite hat sich da jemand getraut, einen Menschen in Lohn und Brot zu bringen, der ganz offensichtlich nicht arg viel mehr als eine Grundschulbildung vorzuweisen hat.“

    trotzdem kann man leute gescheit einarbeiten. das würde das mit dem rechnen wahrscheinlich nicht schneller machen, aber ne konkrete vorgabe wie viele chiliflocken „normal“ und wie viel „scharf“ sind, bzw. das ungefähr ne handvoll fleisch drauf soll, würde ja schon helfen.

    aber ich finds sehr sympathisch, dass du so nachsichtig ist, viel schlimmer als trödelnde/unfähige kassierer/verkäufer find ich kunden, die dann vor sich hin schimpfen, laut ne 2.kasse fordern, genervt seufzen usw. das sind dann meistens nur die, die ganz schnell wieder vor den heimischen fernseher müssen…

  2. @Mausflaus:
    Du hast schon Recht mit der Einarbeitung. Aber wie viele ungelenke Messerhiebe an einem ungleich abgesäbelten Dönerspieß ist denn jetzt eine Hand voll?
    Und was macht der andere mit den Chilis, wenn der Chef sagt „2 Löffel ist sehr scharf“ und der Kunde zwei mehr möchte?
    Ich denke, den Verkäufern sind da recht viele Freiheiten notwendigerweise gegeben. Und das führt dann halt bei nicht ganz so schnellen Zeitgenossen zu mehr Wartezeit.

    Und zu deinem Beispiel an der Kasse: Gestern in der Drogerie, großes Kino!
    Eine Kasse ist auf, es stehen ca. 8 Leute an. Kunde stakst auf die Schlange zu, murmelt laut „Eine Kasse, ja klar, was auch sonst? Leute! Das gibt’s ja wohl nicht!“
    Während er das sagte, öffnete aber bereits eine zweite Kasse (und die sind da wirklich binnen 5 Sekunden am Kassieren) und die „lange“ Schlange zerfällt buchstäblich. Was macht besagter Kunde: Bleibt ein bisschen vor dem Regal mit den Rasierern stehen und nuschelt sich selbst zu, dass die es sich jetzt ja wohl schon ein bisschen einfach machen würden … 🙁

  3. Wahlberliner

    Oh Mann, Sash,
    Oligatruppel, Neibus, Trapazingone, Retragimpse, Trebeteraner – wo nimmst Du solche Worte her? Wie fallen die einem ein?

    Guten Rutsch!

  4. Lyra

    Hier in KA gibts es keinen Döner für unter 4€ meist kosten sie 4,50€ (Also keinen die man essen will). Allerdings sind die zu denen ich gehe auch oft Familienberiebe.

  5. @Lyra:
    Naja, das ist halt der Unterschied zu Berlin. In Stuttgart isses ja wie in KA, hier in der Döner-Welthauptstadt würde ich mich bei 3 € schon wundern und etwas ziemlich ausgefallenes erwarten.

  6. Wahlberliner

    @Sash: Nein, 3€ sind inzwischen normal, zumindest bei meinem Hausdöner – mit Käse 3,50€. 200m weiter die Straße runter (in beide Richtungen) ist ein anderer, bei dem einen steht groß dran Döner 2,20, aber der Laden sieht auch mal sowas von verranzt aus, und es hängen immer die letzten Alk-Leichen dort ab, weil er 24h geöffnet hat, dass ich nie auf die Idee käme, dort zu essen. An dem anderen komme ich nicht so oft vorbei…

  7. Lyra

    Bei 3€ oder noch weniger können sie weder gute Zutaten nehmen noch ihre Mitarbeiter so bezahlen, dass sie nicht aufstocken müssen. Alleine schon gutes Fleisch kostet.
    Klar schaue ich auf den Preis, denn so viel Geld habe ich auch nicht zur Verfügung, aber manche Sachen haben einfach ihren Wert. Und wenn einzelne Zutaten fast so viel kosten, wie das ganze Produkt, denn kann einfach was nicht stimmen.
    Im besten Fall macht da nur jemand Steuertricks im schlimmsten wahrscheinlich Gammelfleisch, nicht bezahlte Rechnungen und Löhne und eine geplante Insolvenz nach x Monaten.

  8. @Wahlberliner:
    Zweiteres beschreibt den Döner hier auch ganz gut. 😉

    @Lyra:
    Das ist mir schon klar. Und wie es z.B. hier ist, weiß ich nicht. Der Laden läuft zumindest seit Ewigkeiten, vermute aber, er finanziert sich auch gut über die Kneipe mit den Spielautomaten …

  9. Lyra

    Ich komme vom Land bei uns hat es einmal ein Grieche versucht, mit nicht bezahlten Rechnungen. Nur auf dem Land hat man die Wahl zwischen 2 Metzgern. Wenn man da nicht die Rechnungen zahlt, reden die Leute und keiner geht mehr hin. Und wer mit wem Verwand ist, ist auch klar. Nach der Pleite hatte der Neffe den Laden wieder auf gemacht. Aber die Leute sind halt nicht hingegangen und die Metzger haben nur gegen Sofortzahlung verkauft. In der Stadt bekommt man so etwas auch denke ich einfach nicht so mit. Man weiß nicht wem genau der Laden jetzt gehört.

    In einem Bericht über Billigklamotten hatten sie einmal Priemarktkunden damit konfrontiert. Viele meinten „Dass kann man doch nicht wissen“. Wissen kann man es nicht. Aber mit etwas Menschenverstand kann man schon erkennen wann etwas einfach nur viel zu billig ist. Wenn Kik und co gefragt werden, sagen sie immer ihre Kunden würden ja nicht mehr zahlen. Levis und co haben diese Ausrede nicht, die müssen was machen.

    Gut ich kaufe mir auch meist nur eine neue Jeans pro Jahr, Fleisch gibts meist auch nur einmal die Woche und einkaufen tue ich im Supermarkt. Denn ich bin noch in der Ausbildung und im Augenblick stolz darauf kein Geld von meinen Eltern zubrauchen. Es ist halt immer auch eine Frage wie viel Wert man auf etwas legt und auf wie viel man bereit ist deswegen zu verzichten.

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