Bestimmtes Essen plötzlich nicht mehr mögen. Komische Sache.
Aus Kindertagen kennen wir das wohl alle. Bei mir waren es beispielsweise Oliven. Jahrelang gehörte beim Freibadbesuch im Sommer der Erwerb eines Schälchens eingelegte Oliven zu meinen Stammsnacks. War vielleicht ungewöhnlich für ein Kind, aber ich habe die Teile geliebt. Und eines Tages dann hab ich sie bestellt und stehen lassen, weil ich sie eklig fand. Und das hält bis heute an. So langsam habe ich aufgegeben, es hin und wieder zu versuchen, ob sie mir vielleicht doch mal wieder schmecken.
Aber wie gesagt: Kindheit. Da ändert sich vieles. Mit meinen 32 Jahren dachte ich bis vor ein paar Wochen, dass ich diesbezüglich aus dem Gröbsten raus bin. Aber scheinbar kann es einen auch dann noch erwischen.
Dieses Jahr erst – genau genommen in der Nacht vom 14. auf den 15. Januar – haben Ozie und ich das erste Mal Guacamole gemacht. Und die war auf Anhieb spitze! Nicht, dass Avocados je unsere Lieblingsfrüchte werden könnten – aber unser Rezept hat uns beiden so dermaßen zugesagt, dass wir es seitdem öfter mal gemacht haben. Fürs abendliche Serienschauen ist es auch ein prima Snack: ein Chili-Ciabatta vom Rewe zum Aufbacken, dazu frische Guacamole, herrlich!
Aber immer wenn Ozie mich in den letzten Wochen gefragt hat, ob wir das mal wieder machen wollen, zuckte da was in mir. Und zwar nicht irgendwas, sondern die Muskeln im Bauchraum, die dafür sorgen, dass man sein Essen wieder hochwürgt. Ich kann nicht behaupten, dass ich das witzig fand. Und ich finde es immer noch doof. Aber es hat sich inzwischen als wahr rausgestellt: Ich kann das Zeug nicht mehr essen. Wobei das irgendwie nur ein Teil der Wahrheit ist. Denn als wir gestern mal wieder zum Zwecke der Guacamolegewinnung rumgemanscht haben, musste ich zugeben, dass es lecker ist. Irgendwie. Aber ohne dass ich es mir erklären könnte, dreht sich nach wie vor alles, wenn ich versuche, mich auf Geruch oder Geschmack einzulassen. Ich finde es lecker, muss aber würgen, wenn es mir zu nahe kommt.
Meine Vermutung war dann auch: Hast es halt übertrieben! „So oft“ hintereinander, kein Wunder, dass Du gerade keinen Bock mehr drauf hast! Aber hey, ich esse grob geschätzt viermal in der Woche Tomatensuppe. Seit Jahren. Ich werde eher abhängig als genervt von leckeren Gerichten.
Vorrübergehend muss ich die neuen Umstände aber wohl akzeptieren. Ich kann nur hoffen, dass das nicht so ewig anhält wie bei diesen – Igitt! – Oliven.
Ich kenne das auch, dass der Geschmack beim Essen sich ändert. Meine Theorie sieht so aus, dass der Geschmack eines Essens ja immer irgendwie „mehr als die Summe seiner Teile“ ist, aber eben aus ganz vielen verschiedenen „Einzelgeschmäckern“ besteht. Und manchmal kann man die unangenehmeren eher ausblenden, ein anderes mal sind sie unerträgllich und verderben einem den gesamten Genuss an einem Essen. Manchmal schaffe ich es sogar, meinen Fokus bewusst so zu ändern, dass ich etwas trotzdem essen kann, obwohl das vorher eigentlich nicht ging, und so weiter.
Ist aber nur meine subjektive Theorie, nix weiter sonst.
@Wahlberliner:
Eine durchaus interessante Theorie …
Abt. Psychobio(krypto)endokrinologie (?), von Wahlberliner ja schon ganz gut zusammengefasst. In der Darmflora -eigentlich Darmfauna- gibt es unbekannte Mehrheitsverhältnisse die bei Abstimmungen uns wiederum unbekannte Koalitionen eingehen. Weiß momentan gar nicht, wieviele Grüppchen und Parteien es da gibt . Daraus resultieren veränderte Appetitlagen. Könnte mir vorstellen, dass das nach jeder Antibiotikatherapie in den einzelnen Darmsektionen neu ausgehandelt wird. Der Darm ist ja wohl eines der letzten Wunder hienieden Übrigens : ‚Darmstadt‘ hat mit Darm nichts zu tun., die Herkunft ist ganz anders.
@elder taxidriver: Mehrheitsverhältnisse, Koalitionen werden ausgehandelt – Darmpolitik? Schöne Terminologie, passt ja zur realen Politik: Was hinten rauskommt, ist meistens Scheiße. 🙂
Passend dazu die heutige Seite 3 in der Berliner Zeitung.
Noch nicht online verfügbar.
So geht es mir mit Tomatensauce. Seit ca. einem Jahr zucken da bei mir auch jene Muskeln im Bauchraum. Habe sie seitdem auch nicht mehr gegessen. Bolognese hingegen geht.
Grüße, Kat
@Kat:
Ui. Bei Tomatensauce würde mir das weh tun. :/
Ihr seid ja komisch. ( 😉 )
Seit ich die Pubertät hinter mir gelassen habe, hat der Umfang der gern gegessenen Speisen zugenommen (z.B. +“Schimmelkäse“ oder Kartoffeln mit Quark und Leinöl esse ich nunmehr auch gern) – und es gibt kein bisher gern gegessenes Gericht, das ich nicht mehr mag.