Kaiser’s reißt nächstes Jahr die Hufe hoch. Bzw. wird von Edeka aufgekauft. Ob das jetzt schlimm ist oder nicht, darüber zerreissen sich sicher schon genug Leute das Maul. Ich schätze am Laden hier vor der Türe eigentlich nur die Einkaufszeiten bis 24 Uhr, ansonsten tut sich viel groteskes dort. Es ist der erste Laden, bei dem ich mehr als einmal festgestellt habe, dass neue Produkte, die schnell ausverkauft sind, umgehend wieder aus dem Sortiment genommen werden. Aber gut, das mag vielleicht meinem speziellen Geschmack geschuldet gewesen sein. Alle fünf bis sieben Mal.
Worauf ich eigentlich rauswollte, war die dieses Jahr eingeführte „Extra-Karte“, ein Rabattsystem wie viele – aber mit einem ganz großen Unterschied: Es ist völlig anonym. Kein Anmelden, einfach nur die Karte mitnehmen und sich, wenn man in den Laden geht, personalisierte Rabattangebote ausdrucken lassen. 5 bis 10 Sachen, die man mit 20 bis 50% weniger sehr günstig bekommt und ein Produkt gratis. An der Kasse dann die Karte scannen, fertig. Natürlich werden da Daten erhoben und ausgewertet, aber so lange das nicht mit einem Namen verbunden ist, finde ich das tragbar. Zum einen bleibt die leise Hoffnung, dass das tatsächlich genutzt wird, um Verbesserungspotenziale auszunutzen – zum anderen ist es mir immer noch lieber, als bei Telefonumfragen nach meinem Einkaufsverhalten befragt zu werden.
Viel interessanter jedoch für Ozie und mich: Wir wollten das Ganze testen. Wir sind ja Spielkinder und wir hatten selbst jede Menge Ideen, wie der Algorithmus funktionieren könne. Und wir waren gespannt, ob dieser irgendwie clever programmiert ist oder nicht. Wir haben zwar sicher nicht das durchschnittlichste Einkaufsverhalten, aber dafür auch ein paar einfach zu erkennende Muster. Hier mal so, dort mal so. Im einen Segment hätte man uns zum Beispiel Marken- statt Billigprodukte andrehen können, woanders uns zur Konkurrenz abwerben. Und was wohl passiert, wenn das System rausfindet, dass wir kein Fleisch kaufen? Das müsste es doch erkennen.
Müsste.
Tatsächlich scheint der Algorithmus herzerwärmend dumm zu sein. Enttäuschenderweise, sonst würde das wirklich Spaß machen. Alleine, dass nicht einmal bemerkt wird, dass wir gewisse Dinge nicht kaufen – ja nicht einmal mitnehmen, wenn sie uns zehnmal umsonst angeboten werden … hinterlässt einen etwas fassungslos, wenn man überlegt, dass die Programmierer und Designer bestimmt Geld für ihre Arbeit bekommen haben. Und wir kaufen da täglich ein, die Datenlage dürfte für so einfache Dinge wirklich ausreichend sein. Aber nein.
Im Wesentlichen ist es jetzt in den letzten Wochen darauf rausgelaufen, dass wir uns über die Dummheit des halben Zettels geärgert haben und dann am Ende ein paar Dinge, die wir sowieso immer kaufen, gelegentlich ein wenig billiger bekommen haben. Is‘ zweifelsohne toll für uns, allerdings so ziemlich das dümmste, was für den Laden bei so einem Versuch rauskommen kann.
Und da wir bei Geschenken nicht auf unsere Regeln schauen, haben wir heute auch noch zwei Pizzen umsonst eingepackt. Aber darauf kommt’s jetzt ja auch nicht mehr an, wo der Laden eh den Bach runtergeht.
LOL – meinst du wirklich, das hat jemand von Edeka designt? Ich denke eher, der Algorithmus bietet das an, was verkauft werden soll bzw. was durch die Lieferanten forciert wird. Vielleicht steckt auch ein Zufallsgenerator dahinter, der die EANs zusammenwürfelt 😉
@ednong:
Wer es designt hat, ist ja im Grunde egal. Aber Geld wird geflossen sein. Edeka wäre allerdings wirklich ein Special-Interest-Verdächtiger. 😉
Das Dumme ist: Nein, so einfach ist es auch nicht. Am Anfang war z.B. schon ein deutlicher Unterschied zwischen Ozies und meinem Zettel zu sehen. Aber die Kategorieeinteilung muss irgendwas grobes à la „Frau unter 40“ oder „mittleres Einkommen“ gewesen sein. Dabei bietet ja gerade der Lebensmittelbereich so vielfältige Unterscheidungsmöglichkeiten. Als ob man nicht mit einigen Daten im Hintergrund vegane Esoteriker und arbeitslose Singles identifizieren könnte. Zumindest mit erschreckend hoher Quote.
In der Tat erstaunlich, denn ohne halbwegs vernünftigen Algorithmus kann man sich das mit dem Sammeln der Daten ja auch eigentlich sparen, und einfach nur Gutscheine ausgeben, oder?
Bei uns im Supermarkt (Globus) ist es so, dass man ab und an beim Bezahlen noch Rabattgutscheine für den nächsten Einkauf ausgedruckt bekommt. Und nach meiner Wahrnehmung ist es da häufig so, dass die Gutscheine für Konkurrenzprodukte von solchen, die ich im Einkaufswagen habe, gelten. Wenn ich also bspw. Duschgel von Nivea kaufe, gibt’s einen Gutschein von Duschdas oder sowas.
Wenn das tatsächlich die Regel und nicht nur meine selektive Wahrnehmung ist, dann würde das auch erklären, warum ich noch keine Regelmäßigkeit in der Frage, ob es Gutscheine gibt, z.B. Mindesteinkaufswert, entdeckt habe: Dann ist wohl tatsächlich so, dass es Gutscheine von Produkten gibt, die gerade vom Lieferanten oder wem auch immer forciert werden, und die werden eben an Kunden ausgeteilt, die Konkurrenzprodukte kaufen.
Und das ganz ohne Verknüpfung von Daten über einen Einkauf hinaus.
Interessanter Erfahrungsbericht.
Hannes Grassegger von der Zeit schildert Ähnliches, auch bei ihm wirkt der Algorithmus eher stur als ausgeklügelt (darf man das hier posten oder gibts dann ein Problem mit dem Leistungsschutzrecht …)
http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-10/absolute-preisdiskriminierung