Monthly Archives: Juli 2015

Lett‘ it be

Er sah mich verstohlen an, deutete auf meine Feierabendkippe und fragte:

„Cigarette?“

Ich hab ihm eine gegeben. Er war ein Typ um die 50, in kurzen Hosen und Sandalen bei 11°C mit einem leicht verwaschenen „We will rock you!“-Aufdruck vor der Silhouette von Freddie Mercury auf dem T-Shirt. Ich hätte ihn längst vergessen, wie er mir da am Bahnhof Schöneweide als nur einer von vielen Leuten über den Weg gestolpert ist. Ich erinnere mich aber, weil er fünf Minuten später neben mir stand, offensichtlich umgekehrt von seinem Fußmarsch in Richtung Adlershof.

Dieses Mal faltete er schwankend einen S- und U-Bahn-Plan von Berlin aus, deutete auf den S-Bahnhof Landsberger Allee und fragte mich etwas in einer Sprache, die ich nicht verstand. Gut, es war offensichtlich, dass er da hin wollte, aber betrunken wie er war, quasselte er mich fortwährend zu, bis er stolz mit beiden Daumen auf sich zeigte und sagte: „Lettland!“

Von Schöneweide fährt eine S-Bahn zur Landsberger Allee, allerdings nicht montagmorgens um 3 Uhr. Da ist Ost-Berlin eben mal mehr Osten als Berlin. Also hab ich mir gedacht: Bevor der Typ jetzt doch noch in die falsche Richtung wandert, verklickerste ihm den Weg mit der Straßenbahn. Die M17, dann die M6 – so schwer isses ja nicht – zumal es meine Bahnen waren und zumindest auch die Umsteigehaltestelle dieselbe sein würde. Das konnte ich ihm zuvor schlecht erklären, da die Straßenbahnen ja auf den S- und U-Bahn-Karten nicht abgebildet sind …

Als ich ihm in der M17 den Plan zeigte, winkte er ab und tat so, als hätte er alles verstanden:

„Rhinstraße. Jaja. Rhinstraße!“

Also hat er sich hingesetzt und ist eingeschlafen. Und natürlich ist er nicht wieder aufgewacht. Also hab ich ihn ernsthaft wachrütteln müssen, als es ans Umsteigen ging. Was man halt so macht für Fremde, die einen um eine Zigarette anschnorren. Die anderen Fahrgäste in der Bahn haben mich schon komisch angeschaut, so heftig musste ich den Kerl durchschütteln.

Als er dann etwas verplant mit mir ins Freie getapst ist, hab ich ihm nochmal eine Kippe angeboten und versucht, ihm zu erklären, dass er jetzt die M6 von diesem Bahnsteig nehmen müsse und dann in 10 Minuten am Ziel sei. Er lächelte, deutete mit einem Arm die Rhinstraße Richtung Süden – wo wir herkamen – und fragte:

„Sechs?“

„Ja, sechs, M6!“,

meinte ich und wies ihn auf den Bahnsteig, sowie seine eigentliche Fahrtrichtung gen Westen hin. Er aber widersprach mir, deutete weiter Richtung Süden und machte mir mit Händen, Füßen und vereinzelten Wortfetzen „verständlich“, dass sein Ziel nur ein paar hundert Meter in diese Richtung läge. Und dann ist er davongewankt.

Vielleicht musste er nicht zum S-Bahnhof. Vielleicht war er nicht einmal Lette. Ich hab nicht den Hauch einer Ahnung. Ich hoffe jetzt, wo ich in meiner warmen Wohnung am PC sitze, einfach mal, dass er noch angekommen ist, wo er hinwollte. Sonderlich sicher bin ich mir dabei aber nicht …

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Pluto. Hach.

Nun wissen wir dank New Horizons also endlich auch, wie Pluto aussieht. Und zwar so:

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Pluto, Quelle: NASA

Ich persönlich finde das wirklich schön. Ich konnte die computergenerierte Karte Plutos auf Wikipedia nicht mehr sehen. Es ist schön, endlich ein Bild zu haben, unter dem man sich etwas vorstellen kann. Ich bin ja nun in einer Zeit groß geworden, in der die meisten Planeten schon von Raumsonden besucht worden waren, man hatte Bilder. Von Pluto gab’s immer nur Zeichnungen. Er war so gesehen schon vor der Aberkennung des Planeten-Status so ein bisschen das Arschlochkind in meinem Sonnensystem. Schön, dass New Horizons noch vor seiner Degradierung gestartet wurde. 😉

Im Ernst: Dass Pluto kein Planet mehr ist, ist keine dumme Idee gewesen. Obwohl er’s für mich wohl auch immer bleiben wird. Aber wenn Pluto Planet sein soll, dann müssten wir alle uns zudem mindestens mal noch Ceres, Eris, Haumea und Makemake merken. Und das sind nur die, die ich kleiner Nerd jetzt nicht nachgeschlagen habe. Im Grunde ändert es ja nix, das Ding schleudert da draußen weiter um die Sonne – im Übrigen auch ein Lob an die DLR-Wissenschaftler, die dem kleinen Merlin das Ganze auch mal eben erklärt haben.

Tage wie heute, wo dann die ersten Nahaufnahmen von Pluto eintrudeln werden, versöhnen mich damit, dass ich die Mondlandung nicht live im Fernsehen miterlebt habe. Das war sicher noch eine Nummer größer, aber man nimmt ja, was man kriegen kann. Im Zweifelsfall auch Bilder von Herzchen-Zwergplaneten. 🙂

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Kleine Ironie des Schicksals

Das Magazin meiner Hausbank möchte offenbar gerne ein Interview mit mir zu meinem Buch führen. Das Magazin jener Bank also, die die Einnahmen aus meinen Buchverkäufen nicht als Einkommen anrechnen kann, und mir deswegen eine eigentlich sinnige Umschuldung von Dispo- auf Privatkredit verweigert.

Ich bin ja mal gespannt, ob gedruckt wird, was ich sage, falls wir tatsächlich aufs Thema Finanzen (bei einem Bank-Magazin …) zu sprechen kommen sollten …

😉

PS: Das Interview ist inzwischen Geschichte. Über Finanzen haben wir nicht geredet. Leider. 🙂

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Betonbunkervorteile

Es ist, bzw. wird, sehr warm diese Woche. Unangenehm warm, möchte ich schreiben. Ich bin jetzt ja nicht wirklich ein Sommergegner oder sowas, aber ich schwitze leicht und hab einen Job, bei dem das blöd ist; und hab zudem wenig Freizeit, bei der Badewetter hilfreich wäre. Ich hab halt meine Befindlichkeiten wie alle anderen auch.

Aber auch bei diesem Thema muss ich feststellen, dass ich nicht in der schlechtesten Wohnung gelandet bin. Sie hat ihre Schwächen, keine Frage. Doofe Nachbarn, wirklich runtergeratzter Boden und kaum Schallisolation. Im mittleren Stockwerk eines DDR-Wohnbunkers zu hausen hat aber gerade temperaturmäßig hier und da Vorteile:

Zum einen dauert es, bis sich das Haus wirklich aufheizt oder abkühlt. Zwei Tage Hitze steckt es locker weg, die erste kurze Kältewelle ebenso. Zum anderen ist halt die Mittelposition super. Zwischen uns und dem Dachgeschoss liegen noch zwei komplette Etagen, vom Hitzestau ganz unterm Dach merken wir erst einmal eine Weile nix. Und im Winter wird unsere Wohnung durchaus auch von unten mitbeheizt. Mal davon ausgehend, dass zumindest im bezahlbaren Bereich kein Optimum existiert, das im Winter warm und im Sommer gleichermaßen kalt bleibt, war das wohl eine zwar zufällige, aber gar nicht so schlechte Wahl.

Und gerade jetzt im Sommer auch toll: Je nach Wetterlage neigt die Bude hier dank der Windtrassen, die auch durch die umliegenden Häuserblocks beeinflusst werden dürften, zu teils heftigem Durchzug. Das kann nerven, ist jetzt, an diesem frühen und noch milden Morgen vor und nach einem heißen Tag aber eine prima Angelegenheit.

Perfekt ist freilich nichts. Aber über die kleinen Annehmlichkeiten darf man sich dann ja doch freuen. 🙂

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