Nun ist diese eine Woche bereits ein Jahr her. Diese eine Woche im Jahr 2018 zwischen dem errechneten Termin und der tatsächlichen Geburt unseres kleinen Würmchens. Diese eine Woche, die für mich ganz persönlich zweifelsohne die intensivste der ganzen Schwangerschaft war, weil sie dann letztlich die war, die nicht nur für Sophie ein ständiges Auf und Ab und permanente Bereitschaft erfordert hat. Vor einer Woche und einem Jahr bin ich vorsorglich in die Elternzeit gestartet und auch wenn es natürlich davor schon hätte passieren können, dass mich auf Arbeit der Anruf ereilt: Es war wie immer alles „gut gegangen“, aber nun gab es kein Zurück mehr, jetzt irgendwann MUSSTE es ja mal passieren. Niemand ist je ewig schwanger geblieben.
Sophie hat bei Twitter einen Thread gestartet, in dem sie diese Woche noch einmal Revue passieren lässt:
(Zum Ansehen des Threads aufs Datum klicken)
Ich habe einige schöne Erinnerungen an die Zeit, aber über die allerschönste werde ich jetzt noch nichts schreiben müssen. Dafür gibt es ja einen ganz speziellen runden Jahrestag Ende der Woche. 😉
Dass kleine Babys dazu neigen, sich selbst zu verletzen und dass man deswegen auf sie aufpassen muss, ist keine weltbewegend neue Erkenntnis. Das war uns hier auch schon weit vor unserer Elternzeit bewusst. Wie aktiv sie allerdings an ihrem Ableben und dem anderer Menschen arbeiten, kann dennoch überraschend sein.
Mit Freude haben wir letzte Woche festgestellt, dass unser kleines Spätzle tatsächlich bewusst in Kissen und Matratzen kopfüber reinstürzt, weil es gelernt hat, dass es da weich ist – und nicht etwa das selbe auch auf dem Fußboden versucht.
Leider ist der Erfahrungsschatz eines Babys aber auch mit Vorsicht zu genießen, da es halt im Grunde keine sehr sinnvollen Kategorien verwendet, um Gegenstände zu gruppieren. Und so kann dann zum Beispiel „Papa“, auf dessen großen und weichen Bauch man sich mit Wonne werfen kann, zum Synonym für formidable Landungen werden.
Gestern führte das zu einer angehauenen Nase, als das kleine Würmchen meine Schulter wegzuschädeln versuchte, heute waren die Schmerzen dann beiderseits, als das Baby beschloss, dass so ein Kopfstoß gegen Papas Kiefer sicher eine gute Idee sei.
War es nicht.
Das Baby rollte sich heulend von der Matratze und stieß sich den Kopf noch einmal am Boden, während ich versuchte, mein lippenseitig austretendes Blut nicht auch noch auf dem Nachwuchs zu verteilen, als ich ihn tröstete.
Obwohl wir von einem Kita-Platz noch denkbar weit entfernt sind dafür, dass wir ab Ende des Monats einen Rechtsanspruch darauf hätten, hat das Spätzle sich die letzte Woche über im Schnoddern und Weinen geübt. Von wem es das hat? Wer weiß es schon.
*schnoddert und weint*
Im Grunde ist das Geschnodder nicht schlimm, wenn man kein Textil oder Elternteil in der Nähe des Babys ist – und das Weinen liegt einmal mehr am Zahnen. Momentan sind es drei neue Zähne. Vielleicht auch mehr, man weiß es ja schlecht, so schnell wie das geht. Wenn das derzeitige Programm durch ist, hat das Kind mehr Zähne als Lebensmonate. Es gibt viele, die das nie schaffen, aber einen Spätzünder haben wir hier ja eh nicht ausgebrütet.
Ein weiteres und für uns (und auch den Blog) weitreichenderes Symptom der Kombination ist eine Ins-Bett-Geh-Zeit von ca. 23 Uhr. Zumindest die letzten Tage. Danach ist einem nicht mehr nach viel.
Aber seit heute morgen ist immerhin dank Besuch bei der Kinderärztin klar, dass es das wirklich ist: Erkältung und Zahnen. Keine Angina, keine durch die Medikamente versteckte Mittelohrentzündung, einfach nur Schnoddern und Zahnschmerzen.
Nur.
Ich will ehrlich sein: Tauschen wollen würde ich auch nicht. 🙁
Ich als bis voriges Jahrzehnt noch halbwegs junger Mann hab selten persönliche Probleme mit Rollenklischees gehabt. Wie auch. Als Mann ist man halt der Standardfall, da draußen existiert keine Welt, die mir im Speziellen das Leben schwerer macht. Nicht dass man es deswegen immer leicht hätte, aber diesen Unterschied sollte man schon verstehen.
Tatsächlich kann ich mich auch jetzt nicht beschweren, aber inzwischen bin ich Vater und da wird der Wind dann plötzlich rauer. Schade, wenn das dann auch noch aus der Familie kommt, ironischerweise wiederrum von meinem Vater.
Ich hatte nicht die Hoffnung, dass er es wirklich nachvollziehen können würde, dass ich mehr Elternzeit nehme als Sophie und ja, dass ich dann auch noch zeitgleich meinen Job endgültig gekündigt habe, war so auch nicht ewig geplant. Das ist bei ihm dann doch alles etwas anders gewesen. Er hat 1972 etwa seine Lehre angefangen und ist letztes Jahr im selben Betrieb in Rente gegangen. Elternzeit gab es in den 80ern nicht und überhaupt und sowieso.
Entsprechend wenig überrascht war ich, dass er mich bei seinem Besuch hier nochmal darauf angesprochen hat, wie die weiteren Pläne sind. Und die sind eigentlich ganz ok. Sophie päppelt ihr Unternehmen auf, hat ein zweites, das das dann ersetzen soll, in fortgeschrittener Planung. In der Zeit hüte ich das Kind und wenn das in ein paar Jahren vorbei ist, könnte ich mir vorstellen, einen eigenen Laden zu eröffnen. Naturgemäß sind die Planungen dazu noch reichlich vage, zumal wir nicht einmal wissen, wo wir dann vielleicht wohnen werden.
„Dir isch scho klar, dass mir des jetzt ned wirklich g’fälld!?“
Kann man so natürlich sagen. Ebenso bin ich als 37-jähriger auch stets auf so konstruktive Kritik aus dem Elternhaus angewiesen. Man könnte es aber halt auch lassen. Vor allem – und da kommen wir zu den eingangs genannten Rollenklischees – so wenig das irgendwem zusagen muss oder nicht: Dass wir das hier so herum handhaben, ist ja kein Zufall.
Taxifahren war – und das hatte ich immer schon geschrieben – nie ein Job, mit dem man sinnvoll Familienernährer spielen konnte. Also ja, mit 60-Stunden-Woche vielleicht. Darüber hinaus hat nicht nur Sophies Unternehmen mehr Potenzial – sie hat außerdem gerade ihren Bachelor gemacht und selbst auf dem Arbeitsmarkt deutlich bessere Chancen als ich. Just für so Sicherheitsliebhaber wäre das die logische Idee.
Und wir haben noch keine Kinderbetreuung, irgendwer muss das machen und ich mache es auch noch gerne. So eine Ehe mit Kind ist halt auch irgendwie eine Schicksalsgemeinschaft. Man muss sich auf sich gegenseitig verlassen und das klappt hier ganz gut. Der einzige Grund, warum man da irgendwie Bedenken äußern muss, ist, wenn man der Meinung ist, dass ich nicht die Kinderbetreuung übernehmen sollte, bzw. dass Sophie das natürlich tun müsste.
Uns stört jetzt so ein Missfallen meines alten Herrn nur bedingt, das ist klar. Aber es ist schon traurig, wenn sowas dann ausgerechnet aus der Richtung kommt. Es macht nicht gerade Mut für all die anderen Begegnungen, die sich als Vater in den nächsten Jahren noch ergeben werden.
Heute auf dem Heimweg vom Nebenjob. Eine Mutter und ihr Sohn laufen sich auf dem Marktplatz entgegen.
Mutter: „Was fällt Dir ein! Eine Stunde zu spät!“ Sohn: „Aber es ist halb …“ Mutter: „Wir haben NEUNZEHN ACHTUNDZWANZIG! Ich hab gesagt …“ Sohn: „Du hast halb sieben gesagt!“ Mutter: „HALB SIEBEN IST ACHTZEHN DREISSIG!“ Sohn: „Dann sag doch Achtzehn Dreißig!“ Mutter: „NEIN, das musst Du ALS ELFJÄHRIGER BENGEL ja wohl wissen!
Ich bin mir sicher, dass kaum jemand – insbesondere kaum jemand ohne Kinder – nachvollziehen können wird, was so befreiend daran ist, am Montagmorgen um 5:30 Uhr am Rechner zu sitzen, während hinter einem die Bettdecke langsam auskühlt und noch niemand in der Wohnung wach ist.
Aber es ist herrlich. Allerherrlichstens sogar.
Gut, dass es Montag ist, ist relativ egal. Für mich als Hausmann haben Wochentage keine allzu große Bedeutung derzeit, ich muss nur aufpassen, dass ich keinen Einkauf auf Sonntag zu legen versuche. Tatsächlich ist es die Uhrzeit: Ich bin ausnahmsweise mal ausgeschlafen. Nicht, dass die Nacht für meine Verhältnisse lang gewesen wäre*, aber es waren trotzdem gesunde sieben Stunden und durch das frühe Ins-Bett-Sinken nach einem langen Tag im Park mit den Knirpsgroßeltern gestern sind die jetzt vor sechs Uhr vorbei. Was eine sehr wahrscheinliche Zeit ist, die das Baby für den Tagesstart wählt.
Tatsächlich kann ich mich kaum an Momente erinnern, in denen ich so ausgeschlafen war, dass ich ohne Anruf von Sophie oder das Schreien des Spätzles freiwillig das Bett verlassen habe – nicht, dass es die gar nicht gab, aber sie sind rar gesät.
Natürlich werde ich abseits dieses Blogeintrags in der halben bis ganzen Stunde jetzt nichts irgendwie besonderes hinkriegen. Ich werde sogar den Teufel tun, mir schon einen Kaffee zu machen oder sonstige Morgenaktivitäten vorziehen, denn die Chance ist groß, dass ich damit des Babys und damit Sophies Nacht verkürze. Aber Kategorien wie „nur ein Blogeintrag“ sind eh keine mehr, die mit so einem wuseligen Zwerg Gültigkeit hätten, man ist ja eben froh um jede selbstbestimmte Minute. Und wenn die an einem Montag um 5:30 Uhr ist, dann ist das eben so.
Nicht vom Telefon aus einem Alptraum gerissen werden als Alltagsglück begreifen. So weit ist man nach nicht einmal einem Jahr. Lasst Euch das eine Warnung sein! 😀
*Ich kann mich über die Länge der Nächte wirklich wirklich nicht beschweren, da unser Spätzle bei Sophie im Bett schläft und in der Regel nur wegen Hunger aufwacht. Ich bin zwar für jede Windel und jedes Zäpfchen nachts zuständig, aber das fällt derzeit fast nie an, meist muss es nur kurz gestillt werden und da hab ich im Zimmer am anderen Ende der Wohnung quasi nie was mit zu tun.