Wir sind hier gerade artig. Wir verlassen das Haus nur wenn nötig, was aber immerhin gelegentliches Einkaufen und nicht zuletzt meine Arbeit beinhaltet. Stichwort: Systemrelevant. Was in meinen Augen leicht übertrieben ist, aber ich mache die Regeln nicht.
Und da Sophie gerade im Homeoffice wenig genug zu tun hat, um das Spätzle nebenher zu betreuen und ich neben Sonderurlaub bisweilen auch in den Genuss von „Dienst am anderen Ort“ (sprich: Bereitschaft zu Hause bei voller Lohnfortzahlung) komme, klappt das für uns gerade alles ganz gut. Zumal wir im äußersten Notfall ja sogar noch Anspruch auf Notfallbetreuung hätten. Was wir bislang einfach vermeiden, weil wir uns bewusst sind, dass unser Status sehr priviligiert ist und wir zudem glauben, dass eine auswärtige Kinderbetreuung gerade nicht so wirklich im Sinne der Pandemieeindämmung wäre. Es gibt eine Notmaßnahme, aber in Not sind wir gerade nicht, einfaches Konzept.
Geradezu irre ist, wie glücklich wir da gerade sind. Hätte es diesen Covid-19-Ausbruch auch nur ein Jahr früher gegeben, wäre ich noch Taxifahrer gewesen und Sophie hätte selbständig Handytaschen, also mehr oder weniger Luxusgüter verkauft. Ich hätte nur noch eine Fahrt am Tag gehabt, sie nur noch eine Bestellung, wir wären VÖLLIG AM ARSCH gewesen!
Zum Ersten deswegen: Wenn Ihr könnt, unterstützt die kleinen Einzelunternehmer, Künstler, etc.pp. Oder verlangt euer Geld bei Konzerten, Lesungen oder dergleichen nicht einfach im Affekt zurück, wenn es Euch nicht weh tut!
Zum Zweiten: Bei Twitter hat sich bisher niemand gemeldet, deswegen auch hier: Wenn Ihr in Berlin wohnt, aus irgendwelchen Gründen gerade nicht raus könnt oder wollt oder das Geld für den nächsten Einkauf knapp ist: Ich hab ein vollgetanktes Auto, ich traue mich raus und ich hab ein paar Euro über und freue mich zu helfen. Ich kann niemandem hier die langersehnte PS4 bezahlen, aber wenn ich wem den Wocheneinkauf vor die Tür stellen kann, dann mache ich das gerne. Scheut Euch nicht, ich bin nicht das Personalbüro, das zur Aufgabe hat, unliebsame Bewerber abzuwimmeln, ich will nur nett sein. 🙂
Darüber hinaus: Die psychischen Effekte lassen hier bei uns traditionellen Einsiedlerkrebsen noch zu wünschen übrig, einzig das Spätzle würde sicher gerne wieder in die Kita. Aber wir gehen raus mit ihm und ersticken ihn sonst mit Liebe und Geschenken. Das klappt bei knapp Zweijährigen prima.
Wir sind hier aber sonst perplex wie alle anderen auch. Dass sowas mal wirklich zu unser Lebzeiten passiert, hat dann doch niemand erwartet. Rückblickend hab ich das natürlich alles schon einmal gehört, bla bla bla …
Aber gut, das ist jetzt die Realität. Ich bin mal zuversichtlich, weil ich weiß, dass es allen Generationen vor uns auch mal so gegangen ist. Jetzt nicht unbdingt mit einem Virus, aber die Menschen haben Revolutionen, Kriege, Hungersnöte und DSDS erlebt und daraus schöpfe ich die Hoffnung, dass wir das schaffen. Im Übrigen nicht, dass wir das „problemlos“ oder ohne Traumata schaffen, sowas vergessen viele ja, wenn sie nebenher im Geschichtsbuch rühren. Aber wir werden es schaffen. Und falls mich Covid-19 dahinrafft, ist das immerhin ein lustiges Schlusswort.