RSS-Gedöns

Es ist nun schon ein paar Tage her., dass Google verkündet hat, den Reader einzustellen. Eine Entscheidung, bei der ich mich immer noch frage, was der Grund dafür war. Klar, kein Profit, meinetwegen. Andererseits hat Google auch nicht wirklich versucht, dort mit Werbung Profit zu generieren. Eine vorschnelle Für-tot-Erklärung von Feeds? Ehrlich? Ich hab die Tage irgendwo gelesen, dass es immerhin 100 Millionen Nutzer gegeben haben soll – das wären dann 10% von dem, was Facebook hat. Wenn an der Zahl was dran ist, dann müsste das Einstellen des Dienstes ungefähr die größte Kapitulation der Wirtschaftsgeschichte sein.

Aber egal. Wie man an meinen Kontoauszügen schwer ablesen kann, bin ich nicht Google. Irgendeinen Grund werden sie dafür schon haben. Für mich und eine Menge andere Leute ist damit die Frage nach einem brauchbaren Nachfolger aufgeworfen worden. So ein Feed-Reader ist eine verdammt praktische Sache, erlauben diese Dienste es doch, über alles auf dem Laufenden gehalten zu werden, was einem in den Sinn kommt. Allem voran Blogs, aber natürlich auch den Nachrichten und im Falle von Google sogar themenspezifischen Informationen.

Inzwischen ist das Netz voll mit tollen Vorschlägen zu Alternativen. Das Problem ist nur: ich finde keine.

Abgesehen davon, dass ich natürlich ein Gewohnheitstier bin, scheint unter den bekannten Diensten auch einfach nix so super zu sein. Man mag Google ja hassen, aber wie in so vielen Punkten hatten sie es auch mit dem Reader einfach raus. Die meistgenannte Alternative Feedly hab ich jetzt eine Weile lang getestet. Ergebnis: Fucking fancy Bullshit!
Ja, Wahnsinn: Feedly bietet ja so viel mehr als der Reader – alleine das, was die eigentliche Stärke desselben war, kann es nicht: übersichtlich, chronologisch sortiert und ohne dabei an übertriebener Optik bei schmaler Bandbreite einzuknicken Informationen vermitteln. Feedly mag toll sein für designverliebte Leute, die sich gerne Favoriten anlegen, Übersichtsseiten mögen und sich Rosinen aus den Feeds zu picken – ich möchte einfach nur schnell und ohne Firefox-Absturz durch die Texte scrollen können, ohne das dabei irgendwas ausgespart wird. Und hey, bitte: ganz so altmodisch ist das nun auch nicht! Viele Leute nutzen noch nicht einmal überhaupt einen Reader und im digitalen Entwicklungsland Deutschland bin ich mit DSL 2000 (leider) auch keine Randgruppe.

Momentan bin ich dabei, the old reader zu testen, ein Projekt von Leuten, denen schon das letzten Google-Reader-update zu futuristisch war. Nicht unbedingt toll, sich einer Gruppe rückständiger Typen anzuschließen. Unter all den eingesehenen Möglichkeiten leider derzeit meine erste Wahl, denn Darstellung und Bedienbarkeit sind immerhin vertraut.  Leider kriegt man es dort dank dem nunmehr unglaublichen Ansturm durch die Kapitulation des Marktführers nicht hin, die Feeds halbwegs zeitnah auszuliefern. Verdammte Axt!

Der vermutlich naheliegendste Kandidat wäre ansonsten Newsblur, die bieten aber keine vollumfänglichen Gratisaccounts. Ich wäre ja sogar bereit, nach einem Test die paar Dollar für den Dienst zu berappen – will aber weder erst einmal auf News verzichten (bis zu 64 Feeds kann man probeweise umsonst abonnieren), noch völlig unbesehen und ungetestet für etwas zahlen, das andere theoretisch kostenlos anbieten.

Bei Google hab ich mit meinen Daten bezahlt, das ist inzwischen wohl eine gängige Währung im Internet. Und für mich als Post-Privacy-Menschen ein fairer Deal. Gegen (angemessen dosierte) Werbung im Reader hab ich also nix, ehrlich. Gibt es da draußen keinen, dem das reicht?

Ich kann kaum noch aufzählen, was ich in den letzten Tagen alles an Readern angesehen habe. Aber ich wäre froh um einen Tipp von euch. Meine Prioritäten kennt ihr jetzt. Schnell, nicht unnötig fancy und am Besten einfach wäre super. Scheiß auf Vorschaubildchen und blöden App-Kachel-Look! Und bei Desktop-Lösungen hab ich die Einschränkung, dass ich Linux (Ubuntu) nutze. Ideen? Anyone?

18 Comments

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18 Responses to RSS-Gedöns

  1. David

    Mein momentaner Favorit wäre auch The Old Reader, hätte aber auch nichts gegen The Old Reader in schöner.

  2. Moinsen.
    Anscheinend nutzt du den Google Reader genauso wie ich: Einfach alle Feeds chronologisch in voller Länge in eins wech. Nix mit Tabs und Tags und was weiß ich wie sortiert. Ich lese meine Feeds immer abends in einem Rutsch. Das sind zwischen 70 und 100 Meldungen pro Tag.
    Ich nutze Feedly in Chrome mit dem Link http://www.feedly.com/home#latest

    Da wird mir mit drei Abern alles so angezeigt, wie ich es will.

    Aber 1: Es ist nicht immer der komplette Stream, sondern man muss mehrmals nachladen (wieder mit http://www.feedly.com/home#latest)

    Aber 2: Wenn der Stream zuende gelesen ist, wird irgendwelcher alter Mist von vor Wochen geladen. Will ich nicht, brauch ich nicht, kann ich aber irgendwie nicht abschalten.

    Aber 3: Nirgends wird angezeigt, wie viele ungelesene Artikel ich noch vor mir habe.

  3. Enno

    Guten Tag,

    ich selber bin zwar seit geraumer Zeit kein Google Reader Nutzer bzw. generell Nutzer eines Feedreaders, aber was spricht dagegen zusammen mit einigen Leuten im Netz zu versuchen ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen, das möglichst nahe an den Google Reader ran kommt? Um es zu finanzieren kann man dann ja auch Werbung schalten, die man dann gegen eine Spende auch wieder ausblendet.

    Natürlich brauch man dann für so ein Projekt ein entsprechend motiviertes Team, aber ich denke gerade als so relativ bekannter Blogger sollte man das doch irgendwo anleiern können.

  4. Fabian

    Ich nutze das Firefox addon Brief. Da ich allerdings nicht den Google Reader genutzt, weiß ich nicht was der konnte.

  5. Arne

    Hallo Sash,

    Falls du motiviert bist, deinen Reader selbst zu hosten:

    Tiny Tiny RSS ist sehr ähnlich zum Google Reader.

  6. Alex

    Hallo Sascha,

    stimme Arne zu! Der Nachteil ist, man muss ttrss selbst hosten. Ansonsten liefert er genau das von Dir gesuchte: simple Darstellung und chronologisch geordnet. Es gibt sogar eine sehr gute Android APP dafür!

    Gruß
    Alex

  7. mounti01

    Hi Sash,

    eigentlich bin ich nur der stille Leser, aber auf der Suche nach einer Google Reader Alternative bin ich auf http://www.netvibes.com gestoßen.

    Unter „for individuals“ kann man sich im Tarif „Basic free“ eine kostenfreie Feedreader Seite zusammenstellen. Praktisch: Man kann – muss aber zum Glück nicht – Widgets für Wetter etc. einbinden. Ich nutze aber auch nur die chronologische Feedübersicht.

    Vielleicht hilft Dir das ja?

    Grüße
    mounti

  8. Tom

    Ich finde Liferea ganz brauchbar.

  9. Tholo

    http://tt-rss.org/redmine/projects/tt-rss/wiki

    Das is fast der Google Reader in seinen Funktionen. Nachteil dabei is wohl das man eigenen Webspace benötigt.

  10. Wahlberliner

    Ich habe zwar keine Alternative zum Google Reader anzubieten (da ich selbst RSS-Feeds nicht nutze), aber eine Erklärung dazu, weshalb Google den Einstellt: Als zunehmender Apologete von Cloud-Computing ist Google an einer zentralisierung von Daten interessiert. Die möchten lieber, dass die Leute G+ nutzen, und die Blogposts auch auf G+ eingestellt werden, so dass jeder dort dem anderen folgen und sich somit auch seinen „Feed“ zusammenstellen kann. RSS als dezentrales Protokoll passt einfach nicht mehr in das Geschäftsmodell von Google, deshalb stellen die ihren Reader nun eben ein, obwohl er sich mit den Nutzerzahlen sicher problemlos von selbst getragen hätte, wenn etwas Werbung eingeblendet worden wäre. Bedauerlich, aber so ist es nun mal, wenn Quasi-Monopolisten den Markt zu formen versuchen: Man muss auf Alternativen setzen und hoffen, dass nicht allzu viele Nutzer den vom Quasi-Monopolisten „vorgeschlagenen“ (aufgezwungenen) Weg gehen. Ist bei Micro$oft und Windoofs ja genauso…

  11. Michi

    Wie schon Fabian möchte ich das Firefox-Addon Brief empfehlen 🙂 Im Unterschied zu Google Reader & Co. braucht es dazu keinen wie auch immer gearteten Webdienst, das läuft alles im Browser ab.

  12. @all:
    Wow, da waren ja einige gute Ideen bei. Ich gehe mal kurz durch. Einen eigenen Reader auf die Beine stellen ist wirklich nichts, für das ich Zeit hätte. Und sooo groß ist meine Bekanntheit dann auch nicht. 😉
    Tiny Tiny RSS hab ich zunächst verschoben – natürlich hätte ich Webspace, aber für einen Reader ist das doch ein bisschen viel Aufwand, finde ich. Netvibes hatte ich mir schon einmal angesehen, war mir ehrlich gesagt für den Einstieg zu kompliziert und wirkte erst einmal ähnlich unnötig fancy wie feedly. Liferea hab ich schon auf der Startseite ausgeschlossen. Vielleicht zu Unrecht, mir ist nur gleich die Listenansicht im Header ins Auge gesprungen und das wäre ungefähr unpraktischer als alles bisher gesehene. Am Ende hab ich mich für Brief entschieden. Das hat natürlich den Nachteil, dass ich es nur zu Hause nutzen kann – allerdings bin ich ja so ein Einsiedler, die die Hälfte seines Lebens dort verbringt und nicht alle Infos unterwegs braucht. Das Abonnieren ist zwar stressig, wenn man viele Feeds auf einmal reinpackt, ansonsten bietet es aber genau das, was ich will. Vor allem wirkt es auch recht schlank. Mit am meisten an feedly genervt hat mich ja, dass der Dreck auch noch ruckelt beim Scrollen. Brrr …

    @Wahlberliner:
    Stimmt, dass das wegen der zentralen Verwaltung ist, wäre eine Möglichkeit. Das Quasi-Monopol von Google hat sich aber bei RSS-Readern bislang nicht wirklich bemerkbar gemacht. Und die Tatsache, dass die Leute jetzt feedly und co. überrennen, zeigt meiner Meinung nach gut, dass das Szenario von Dir nicht unbedingt die Idee von Google war. Wäre der Grund eine Verschiebung zu G+ gewesen, hätten sie dort wahrscheinlich zeitgleich ein Feature für vereinfachtes Abonnieren oder dergleichen eingeführt. Stattdessen kam eine Abmeldung ohne einen Link zu G+ oder einer Bitte, Google treu zu bleiben, etc. pp.
    Ich vermute eher, dass sie das Abonnieren schlicht für überholt halten. Dass die Leute zu alternativen Diensten rennen würden, war aber – vermute ich mal stark – nichts, was bei Google nicht vorhergesehen wurde.

  13. Jens

    Du kannst ja auch noch einen Blick auf Newsblur (www.newsblur.com) werfen. Wenn du mehr als 20 Feeds hast brauchst du allerdings einen Premium Account, der 12-24$ pro Jahr kostet (wobei mir das durchaus wert ist). Momentan kämpft die Seite aber noch etwas mit den vielen neuen Usern, die durch die Ankündigung von Google dazu gekommen sind. Als langjähriger Nutzer der Seite kann ich aber sagen, dass sie normalerweise sehr flott und zuverlässig arbeitet.

  14. Am besten ist es, wenn man sich das selbstmacht.

  15. Finchen

    Vielleicht wäre „The Old Reader“ eine Alternative?
    http://theoldreader.com/

  16. @breakpoint:
    Ja, is ja gut! 😀

    @Rest:
    Ihr dürft den Artikel gerne lesen, bevor ihr kommentiert …
    -.-

  17. Ich nutze GoogleReader erst seit ungefähr 8 Monaten, habe mich an die Bedienung gewöhnt und stehe nun vor dem gleichen Problem. Auf gut Deutsch: So ein Mist! Bisher fand ich nichts was mich ansprach, werde mir nun „the old reader“ mal anschauen.

  18. Ich hatte mit feedly anfangs auch meine Probleme, bis ich herausgefunden habe, dass man ihn auch auf eine Art Listenansicht ohne nervige Vorschaubildchen einstellen kann. Wenn man ihm dann auch noch abgewöhnt (nach Geschmack), die bereits gelesenen Artikel zu verstecken, fühlt es sich fast en bisschen wie der Google Reader an 🙂

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