Heute morgen ist mir was ganz normales passiert. An Ozie war ein Paket geliefert worden und da keiner von uns wach war, landete es bei einem Laden ums Eck, der es angenommen hat. Ich war heute morgen noch lange genug wach und hab es abgeholt. Die Konversation mit dem Ladenbesitzer war eigentlich ganz lustig, vor allem, weil ich keine Vollmacht von Ozie hatte. Aber er hat es bei einem „Nächstes Mal!“ belassen und mir das Ding ausgehändigt.
„Viel Spaß beim Auspacken!“
hat er noch gewünscht.
Ein weiterer Kunde dieses Ladens hat das ganze Gespräch mitbekommen und antwortete schneller als ich etwas sagen konnte. Und zwar wie folgt:
„Ach, is‘ doch für die Frau. Is‘ also nix wichtiges.“
Ich hab das mehr oder minder wirklich überhört, denn ich erwiderte nur eine Sekunde später dem Verkäufer:
„Sind Arbeitsmaterialien, so viel Spaß wird’s wohl nicht.“
Woraufhin er meinte:
„Na komm‘, ich behalt’s gerne hier!“
Ich bin da nicht schlecht konditioniert, aber ich war schon halb zur Tür draußen und so ist mir der Einwand des anderen auch erst kurz danach bewusst geworden. Ich bin auch einfach nicht gut in Multitasking und zudem niemand, der dauernd Streit sucht und Konfliktmöglichkeiten. Aber mal im Ernst: Wie scheiße war das denn bitte von diesem Arschloch?
Ja ja, kleiner Scherz, nicht so eng sehen, blabla.
Am Arsch! Da stand ein wildfremder Mann rum, der weder mich noch Ozie kennt – und er hat sich rausgenommen, die Interessen meiner Partnerin einfach mal so für unwichtig zu erklären. In diesem Fall sogar, wenn auch unwissentlich, ihre Arbeit. Einfach so, weil sie ja „nur“ meine Frau ist. Ihre Person, ihre Interessen, ihr Leben – alles egal! Wir sind ja hier „unter uns“ Männern, da kann man Frauen schon mal für ihr Geschlecht alleine vorverurteilen!
Ich weiß, das ist leider vielerorts noch einfach „gängig“. Eine normale, ja gehegte und gepflegte Angewohnheit. Was wären Stammtische ohne die Sticheleien gegen die Ehepartner zu Hause? Wie so oft kann man da nur sagen: Nur weil etwas von vielen geteilt wurde, muss es nicht gut sein. Ich erspare mir die negativen Referenzen aus der Vergangenheit, aber da findet sich was für jeden Geschmack. Lasst sexistische Kackscheiße einfach bleiben! Es macht das Leben nicht einmal schwerer, sondern angenehmer. Auch wenn man sich am Anfang vielleicht einen kleinen Ruck geben muss.
PS: Und es ist nicht so, dass ich mir diesen Ruck nie geben musste. Ich bin auch nicht in einer feministischen Hippie-WG aufgewachsen. Ich hab mir das erarbeitet und wenig ist mir heute mehr wert als diese Investition.
Erinnert mich ein bischen an ein befreundetes Pärchen das ungefähr um die gleiche Zeit wie ich ins Ländle gezogen ist.
Er frisch promoviert, sie gestandene freiberufliche Textildesignerin, und zumindest bis zu diesem Zeitpunkt auch der Teil mit dem höheren Einkommen.
Aufgeschnapptes Gespräch im Treppenhaus bei einem meiner Besuche:
„Er schafft ja beim …, und die Frau Doktor, die bleibt daheim und malt a bissle“
🙂
Du bist mir sympathisch 🙂
Solche Leute können sich eine glückliche, von gegenseitigem Respekt und Liebe geleitete Ehe nicht vorstellen. Das sind die, die auch solche Schoten raushauen wie ein Lehrer von mir, der sagte immer „Ich bin seit 30 Jahren gegen meine Frau verheiratet“ usw…
Exakt das, was Sash schreibt, und exakt so, wie Sash es schreibt.
Sash wird zum Spießer 😀
http://www.youtube.com/watch?v=mQiDPaXandY
Cool down, Sash!
Ich schätze solche Männer sehr als höchst amüsante Gesprächspartner. 😀
@hartmut:
Ist ja allerorten so, das wundert mich nicht. Und der andere Witz ist: Wäre es nicht überall so, sondern bloß ein einzelner Witz in einer spontanen Situation, dann könnte man es eigentlich auch lustig finden.
@Blogolade:
Danke! 🙂
Vor allem, weil es unter diesem Artikel steht.
@Wahlberliner:
Vielleicht. Ob’s so 100%ig ist – wahrscheinlich ist da die Spannbreite menschlicher Gefühle zu groß. Aber es liegt nahe. Und für viele – das kriege ich ja gerne als Antworten auf Postings zu meiner Beziehung – ist es wirklich bis heute unvorstellbar, dass tatsächlich kein Partner „die Hosen anhat“.
@Carom:
Danke! 🙂
@Michel:
Ach ja, die alte Diskussion, wer wirklich dazugehört. 😉
Ein bisschen wundert mich aber, dass das hier unter dem Artikel steht. Denn gerade beim Sexismus springen doch genügend Leute hoch, die es viel zu radikal finden, gegen „sowas auch noch“ zu sein.
@breakpoint:
Ja, kann man machen. Aber ich halte Blödheit in Gesprächen nicht lange aus und es macht mir auch keinen Spaß.
@Sash
Spaß macht es in der Tat nur mit denen, die lernfähig sind.
Hm,
ersetze „Frau“ durch „Partner“ oder „Partnerin“. Vielleicht wollte er damit nur ausdrücken, dass es für dich (wahrscheinlich) uninteressant sei, weil es eh für deine/n Partner/in ist.
So schlimm find ich das nun nicht. Und da es eh als/im Scherz gesprochen war, würd ich das nicht überbewerten. Denn: nimmst du es so ernst wie du schreibst, änderst du deren Meinung/Auffassung eh nicht. Und du stülpst dir ja nun nicht deren über, nur weil du drüber schmunzelst.
Neulich habe ich irgendwo den Vorschlag gelesen, man solle bei solchen kackscheißigen Kommentaren und Scherzen nochmal freundlich nachfragen, weil man’s nicht verstanden hätte. Also die Kommentatoren ein bisschen in Erklärungsnot bringen. Ich hoffe, ich hab das beim nächsten Mal im Hinterkopf, wenn’s mir mal wieder die Sprache verschlägt.
@ednong – genau, wahrscheinlich war alles ganz anders, und überhaupt ein Spaß. Wie immer und ewig.
Genau, man sollte Spaß auch als Spaß sehen und nicht darüber grübeln, wie es wohl gemeint ist. Man hat ja sonst nichts zu lachen. 😉
Genau, bloß her mit all den rassistischen, sexistischen, abfälligen Scherzen – das ist immer soooo lustig!!!!11 1 Und hilft, sich mit den abgründigen Haltungen dahinter zu verkumpeln.
@ednong u. Michael Funk:
Natürlich würde ich mir nicht unbedingt ihre Meinung zu eigen machen, wenn ich über den „offensichtlichen Scherz“ lachen würde. Aber mal ehrlich: Mir mangelt’s wirklich nicht an Witz und guter Laune in meinem Leben, ich sehe genug Dinge mit Humor, bei denen anderen das Lachen vergeht.
Natürlich kann ich für mich das Wort Frau durch „jemand anders“ ersetzen. Oder durch „Partner“. Genauso gut aber auch durch „Arschloch“ oder „den Chef“ oder sonstwas.
Ich bin mir einfach sicher, dass dieser „Witz“ nie und nimmer passiert wäre, wenn Ozie ein Paket für mich abgeholt hätte. Ohne es jetzt übertreiben zu wollen, da hätte ich von diesem Typen zu dieser Zeit an diesem Ort eher etwas erwartet wie „Na dann sei mal schön vorsichtig und bring’s heil nach Hause!“
Die Einmischung in mein Privatleben (Wie oft quatscht Ihr fremde Leute bei der Post auf ihre Pakete an?) geschah wirklich auf der als völlig selbstverständlich empfundenen Übereinkunft, hier sei man unter Männern und wenn der Typ da irgendwas für seine Frau tun muss, dann kann man da auch mal Witze drüber reissen. Arme Sau, kenn‘ ick ja von meiner Alten!
Dieser „Witz“ funktioniert in diesem Zusammenhang nicht, wenn ich meine Frau hier durch einen Mitbewohner austausche, während es mit meinem Chef funktionieren würde, weil hier wieder auf eine Ungleichheit zwischen mir und dem eigentlichen Paketempfänger geschlossen werden kann. Er funktioniert nur, weil das Paket ja gar nicht „für uns“ ist, sondern für „die anderen“. Und diese Bewertung, vorgenommen von jemandem, der sich weitestmöglich außerhalb meiner Beziehung befindet, ist eben nicht nur oberflächlich anmaßend, sondern funktioniert nur, weil er davon ausgeht, dass mir der Zusammenhalt unter Männern selbstredend wichtiger ist als der mit einer ihm unbekannten Frau. Weil ist halt so. Und damit sind wir nicht in irgendeiner Grauzone irgendeines Schmunzlers, sondern ganz nah am eigentlichen Kernpunkt von Sexismus.
@ Sash
Kann man natürlich so sehen, keine Frage. Ich halte das eher so, dass mir so etwas egal ist. Du wirst deren Meinung nicht ändern können. Und natürlich ist es auch eine Frage, wie Sexismus definiert ist bzw. wo man die Grenze dafür legt/definiert. Ich persönlich halte so etwas nicht für aufregenswert, da ich denke, man sollte an ganz anderen Stellen eingreifen, wo Seximus mehr als deutlich wird und dennoch nicht „bekämpft“ wird.
Und diese Haltung von mir hat nicht unbedingt mit Seximus etwas zu tun – es gibt viele andere Dinge, die wir in der heutigen Zeit differenzieren. Nur weil man das kann oder macht, halte ich es nicht für erstrebenswert, das alles immer „politisch korrekt“ zu halten. Der Mensch/die Gemeinschaft ist nun mal sehr unterschiedlich – zu viele Regeln und Grenzen empfinde ich als störend. Doch natürlich halte ich die in einem gewissen Ausmaße für sinnvoll.
Ergo: du hättest ihm ja auch deine Meinung darüber sagen können. Warum hast du das nicht gemacht?
@ednong:
Warum ich das nicht getan habe, hab ich oben schon angedeutet: Ich konnte es in der Situation nicht und war selbst überrumpelt.
Ob das aufregenswert ist … das will ich nicht einmal zwingend bewerten. Mich persönlich hat es aufgeregt, weil es um Ozie und mich ging. Das alleine ist für mich Grund genug, es zu bloggen.
Wie vielleicht zu erwarten war: Ich sehe die Frage der „politcal Correctness“ auch (!) noch von einer anderen Seite:
Die einzige Einschränkung sollte sein, Menschen nicht in irgendeiner Form anzugreifen, abzuwerten etc. Und selbst das bleibt einem ja überlassen. Verboten sind Beleidigungen immer noch nur in ziemlich engen rechtlichen Grenzen. Aber man wird halt – wie bei allen Äußerungen in der Öffentlichkeit (im weitesten Sinne) – Gegenwind haben, wenn andere das nicht so sehen. Der Gegenwind ist halt gesellschaftsbedingt beim Sexismus beispielsweise inzwischen etwas schärfer. Da sehe ich nun nicht so viele Probleme, im Gegenzug kann man inzwischen leichter über Kirche und FDP lästern … 😉
Sash, du wirst für mich immer sympathischer. Ich lese seit kurzem dein Taxiblog und finde sehr witzig, was du so schreibst.
Jetzt bin ich über dein anderes blog (Heißt es wirklich „das blog“?) gestolpert. Ich wusste nicht, wie emanzipiert du bist: Hut ab!
@Anna:
Freut mich zu hören. 🙂
Wobei ich jetzt eigentlich auch kein Lob erwartet hatte.
Und es heißt entweder das oder der Blog, laut Duden ist beides richtig und es ist eine vorwiegend regionale Geschichte. Ich war lange bei „der Blog“, verwende inzwischen aber auch öfter mal das …
@Sash, @Anna:
Wobei „der Blog“ irgendwie auch falsch klingt, so als hätte jemand das Geschlecht nach dem akustischen Eindruck des Wortes, was ja an „Block“ erinnert, wahllos festgelegt.
Blog kommt von Weblog, oder Web-Log, und es heißt nunmal „das Log“ (bzw. „das Logbuch“), daher klingt „der Blog“ einfach nur zum Schütteln…brrrrrr!
@Wahlberliner:
Ja, so wie für mich als Süddeutschen „das Blog“ anfangs total daneben klang.
Ich finde den inzwischen über zwei Jahre alten Beitrag von Anatol Stefanowitsch da übrigens sehr schön:
http://www.sprachlog.de/2011/08/25/das-blog-ist-tot-es-lebe-der-blog/
@Sash: Danke für den erhellenden Link. Da geht mir glatt die Hutschnur hoch, wie die Menschen doch gesamtgesellschaftlich die sprachliche Korrektheit völlig rücksichtslos mit Füßen trefen – ich finde, man kann diese Form von Ungebildetheit, Bequemlichkeit und überheblicher Besserwisserei nur verachten, und werde weiterhin beim Neutrum bleiben. Des weiteren habe ich mir vorgenommen, dass ich jeden, der „der Blog“ sagt, darauf hinweisen werde, dass es korrekterweise *das* Blog heißen muss.
@Wahlberliner:
😉
@Sash: Wo ist Dein neuer Artikel von heute über Polizeibrutalität hin, bzw. warum ist der wieder verschwunden? Hast Du dafür Probleme bekommen?
vielleicht hat´s ja einer angezeigt. Schläge, Tritte und Steinwürfe gegen Polizisten öffentlich gutheißen ist kein Kavaliersdelikt..aber über ein bisschen Sexismus jammern.
…ich mach mir meine Welt, wie sie mir gefällt *sing*
@Wahlberliner:
Nee, aber ich hatte heute einfach keinen Bock auf die Kommentare dazu.
@Michel:
Das ist in der Tat ein Kavaliersdelikt, genau genommen sogar eines unserer Grundrechte. Da guckste, was?