In ein paar Tagen erscheint mein erstes richtig echtes und bei einem Verlag publiziertes Buch. Meilenstein und so. Natürlich bin ich nicht der erste Blogger, der das macht, sicher nicht der beste und schon gar nicht der letzte. Sowas passiert halt. An sich muss sowas auch keine große Sache sein, sollte man meinen. Aber ja, das ist es doch.
Jetzt nicht wegen mir, meinem Buch oder so. Einfach so grundsätzlich.
Gerade als Blogger ist man per Definition eigentlich besser beraten als der Schreiberling im stillen Kämmerlein: Man bekommt ständig Reaktionen vom Publikum und kann das irgendwie in seine Arbeit miteinbeziehen.
Dummerweise stimmt das nur zum Teil. Natürlich bekommt man als Blogger Feedback und es ist meist, da ehrlich gemeint, sicher hilfreich. Leider aber sind die Reaktionen zu oft sehr unausgewogen. Für den Inhalt wird man schnell kritisiert, sobald man irgendwem auf den Fuß tritt. Ein „dummes Geseier“ hat man schnell an der Backe, wenn man mit dem entsprechenden Kommentator nicht übereinstimmt. Für Stil, Qualität und Kunstfertigkeit der eigenen Schreibe indes bekommt man allenfalls positive Kritik (Ausnahme: Rechtschreibfehler).
Das kann – und das sage ich aus eigener Erfahrung – dazu führen, dass man sich für außerordentlich begabt hält und sich nur dummerweise von ein paar Idioten sinnlos angegriffen fühlt.
Dabei ist stilistische Kritik wichtig. Sehr wichtig.
Ich schreibe nach wie vor nicht perfekt. Ich kann also kaum behaupten, dass diese Erkenntnis mein Leben gerettet hätte oder sowas. Aber ja, ich habe im Laufe der letzten paar Jahre durchaus gelernt, das zu schätzen.
Als ich im Laufe des letzten Jahres mein Buch geschrieben hatte, habe ich öfters Teile einer Lektorin zugesendet. Und die hat ihre Arbeit gut gemacht und ganze Absätze gestrichen, einzelne Wörter hinterfragt, mir Verbesserungen vorgeschlagen und teilweise manche Kapitel völlig umgekrempelt. Kurz gesagt: Sie hat mir als Autor das Leben absolut zur Hölle gemacht.
Ich hab das angenommen und viele ihrer Vorschläge umgesetzt und gelegentlich nur Vermerke angebracht, warum ich dieses oder jenes Wort aber genau richtig fände. Und das habe ich ein Jahr zuvor noch nicht gekonnt. Zumindest nicht so gut.
Ein Jahr zuvor hatte ich „Papa, ich geh zum Zirkus!“ rausgebracht, mein eBook, auf das ich immer noch stolz bin. Aber dieses eBook war ein Kampf, ein großer. Wie groß, das erahnte ich damals noch nicht. Da ich das Buch selbst verlegt habe, war ich keinem Verlag Rechenschaft schuldig, hatte keine professionelle Lektorin, war also eigentlich völlig frei. Das, was man gemeinhin als Autor so zu schätzen weiß.
ABER.
Stattdessen hatte ich etwas hervorragendes, das viel zu wenigen Menschen gegeben ist: Ozie.
Meine mich in allen erdenklichen Schieflagen unterstützende Frau, die mich nicht nur für meine Schreiberei liebt, sondern es sich dennoch bewahrt hat, mich trotzdem nach allen Regeln der Kunst zu kritisieren, wenn ich Scheiße baue. Ich muss zugeben, dass ich ihre Kritik in manchen Momenten gehasst habe und dass sich mein Interesse, nochmal stundenlang über eigentlich voll geile Sätze zu diskutieren, in Grenzen gehalten hat. Aber verdammte Scheiße, was haben wir zu zweit aus diesem eBook noch rausgeholt!
Nein, selbst heute ist es noch nicht fehlerfrei. Vermutlich wird es das niemals werden. Aber das, was ich als Rohtext angebracht habe, war um Klassen schlechter. Nicht schlecht, aber deutlich schlechter als das jetztige Ergebnis.
Natürlich war die Kritik noch einmal ein paar Stufen härter, weil ich sie von Ozie bekommen hab, die ich nunmal liebe. Und andererseits hab ich diese Kritik vermutlich deswegen besser annehmen können; sonderlich gut darin war ich damals aber trotzdem nicht.
Am Ende ist es für mich immer noch ein Angriff, wenn jemand „völlig unwichtige“ Details moniert, mir – obwohl selbst nicht Autor – Tipps gibt. Im Ernst: Das kann ziemlich wehtun und vermutlich geht das nie ganz weg. Doch gerade durch diese harte Lektion beim eBook kann ich meinen ersten, vorschnellen, Ärger runterschlucken und mich darauf konzentrieren, was der Kern der Kritik ist: Der Text, nicht ich.
Wie gesagt: Ich hab auch meiner Lektorin nicht alles durchgehen lassen. Wie sie mir eben auch nicht. 🙂
Künstlerische Freiheit muss sein. Aber deswegen sollte man sich nicht allen Verbesserungsvorschlägen verschließen. Ich hoffe, dass ich da immer mehr oder weniger den goldenen Mittelweg finde. Und falls das mal nicht klappen sollte, ist schlimmstenfalls ein Buch nur mittelprächtig. Und ich hab ja immer noch Ozie … 😉
Ich glaube, dass es schon durchaus irgendwann nicht mehr weh tun kann. Und ich glaube auch, dass es vielen Autoren nicht mehr weh tut, wenn sie Kritik bekommen. Aber ich denke, dass das auch der Punkt wäre, an dem man zu arrogant ist.
Mit meinen zugegeben noch nicht sehr zahlreichen Rezensionen hab ich die Erfahrung gemacht, dass man vor bestimmten Autoren eine gewisse Angst bekommt, weil sie scheinbar über allem stehen und jede Kritik mit einem „Du hast das Buch nicht verstanden“ quittieren. Da wäre mir ein Autor mit Magenschmerzen lieber 😉
Das ist ja geil – endlich fertig. Gratulation!
Das mit dem „Kritik annehmen“ ist immer heikel. Natürlich hält man sich selbst für den Größten (überspitzt formuliert) – sonst würde man dieses Projekt (was auch immer es ist) nicht machen. Und man hält sich für qualifiziert.
Und dann kommt da irgendjemand hergelaufenes und kritisiert einen … 😉 Ist heikel – für beide Seiten. Denn letztlich geht es dem Lektor – wenn er gut ist – ja nur darum, dass das Buch besser wirst. Und du damit noch lernst und dich verbesserst. Aber auch wenn man das weiß, nimmt man die Kritik meist doch persönlich.
Mir hilft da nur, Emotionen aus und versuchen, den sachlichen Kern zu finden, um eine Diskussionsgrundlage zu haben. Ist aber natürlich nicht immer einfach, schließlich ist man Mensch. Und Menschen haben nun mal auch Emotionen.
Vermutlich ist es ein großes Glück, wenn der Ehepartner ( grammatisches
Geschlecht) fähig und in der Lage ist konstruktiv die Texte zu kritisieren.
Bei Martin Walser und seiner Frau scheint das seit 60 Jahren zu funktionieren. Andere wiederum machen es anders. So hat Joyce Carol Oates schon vor langer Zeit mit ihrem Mann einem ebenfalls publizierenden Professor, die Übereinkunft getroffen, gegenseitig weder die Manuskripte noch auch die fertigen Texte zu lesen. Und um die Branche zu wechseln, haben Josef Neckermann und seine Frau, er als Olympiasieger und sie auch gern zu Pferde, beschlossen pferdemäßig getrennte Wege zu gehen weil ihr das auf den Keks ging, wenn er sie immer reiterlich kritisierte.
Meine Texte, die zum Druck vorgesehen sind, zeige ich meiner Frau immer und sie hat etwas gut-finden-wollendes in sich.
Sie zeigt mir aber weder ihre Texte noch auch die, welche sie Vor-lektorieren soll von Freundinnen, die
Krimi-Autoren sind,( eine in Sashs Verlag). Weil ich so eine feindlich- negative- hässlich- zersetzende Art in mir habe und mich wenn ich eine Klitzekleinigkeit gefunden habe den ganzen Abend darüber ausmehre..
Es ist schön wenn man große Projekte erfolgreich hinter sich gebracht hat.
Ich wünsche dir für dein Buch alles gute und viel Erfolg!
Grüße aus Dresden
Philipp
@Svü:
Grundsätzlich stimme ich zu. Aber auch Kritik gibt es halt solche und solche. Sachlicher Kritik verschließen sollte man sich nie – und wenn man sie schon nicht hören will, dann kann man das ja wenigstens für sich behalten. Aber die andere Seite der Medaille – Getrolle etc. – gibt es halt auch. Also immer alles an sich ranlassen geht halt auch nicht, wenn mal ein paar Leute mitlesen.
@ednong:
Danke. 🙂
Fertig war das Buch ja schon Ende letzten Jahres. Aber es musste ja auch erstmal gedruckt, beworben, etc. pp. werden. Ist halt kein Blog, dauert also etwas länger.
@elder taxidriver:
Ausgerechnet in seinem Partner einen guten und konstruktiven Kritiker zu haben ist viel wert. Sehr viel. Und schon ich mit meiner wenigen Erfahrung kann sagen, dass bisher einiges schlechter gelaufen wäre ohne Ozie – ich lobe sie hier nicht grundlos. Dass das indes nicht jedem liegt, ist auch klar. Ich befürchte sogar, dass ich ebenso wie Du scheinbar auch eine eher schlechte Wahl für diesen Part wäre. Aber man kann ja an sich arbeiten … 🙂
@Philipp:
Vielen Dank, genau das brauche ich jetzt! 😀