Ich wurde mal wieder gefragt, ob ich nicht heute Abend schon mit meinem Taxi an Filmaufnahmen mitwirken will. Einfach so. Mehr Infos habe ich im Grunde nicht bekommen. Ich habe geantwortet, dass es leider nicht geht, dass ich einfach ein Auto meines Chefs nehme und damit mal eben einen auf Schauspieler mache. Mir wurde folgende Antwort zuteil:
Daraufhin habe ich nun folgendes geschrieben:
„Hallo XY,
inzwischen hat sich das Thema wohl erledigt und ich hoffe, Ihr habt einen Kollegen gefunden, der Euch helfen konnte. Das würde mich sehr freuen.
Ich möchte nur nochmal kurz einen Hinweis geben, warum ich der Mail keine Priorität eingeräumt habe:
Ich mache als Blogger „was mit Medien“ wie Ihr. Und auf der anderen Seite arbeite ich als angestellter Taxifahrer. Da ich über meine Arbeit schreibe, werde ich oft gefunden, wenn Leute aus welchem Grund auch immer nach Taxifahrern suchen. Das ist ok, das mag ich auch. Erschreckenderweise hab ich bisher aber von fast allen Medienschaffenden eines mitbekommen: Sie versuchen, was sie auch kriegen können, irgendwie umsonst rauszuschlagen – obwohl allen klar sein dürfte, dass Dienstleistungen ihren Preis haben.
Versteh das bitte nicht falsch, ich weiß, dass Ihr ebenso wie ich aufs Geld schauen müsst. Und das ist ok. Aber vom kleinen Regionalradio bis zu Sendungen mit Joko fragen mich Leute einfach mal an, ob ich nicht mitmachen will. Aber wirklich niemand sagt wenigstens mal „die Auslagen übernehmen wir“. Es geht nicht drum, dass ich erwarte, dass ich durch ein paar Fernsehauftritte reich werde, ich bin nicht bescheuert, ich weiß, dass das ein hartes Business ist. Aber JEDES EINZELNE MAL hab ich nachfragen müssen, ob ich wenigstens die Unkosten gedeckt bekomme. Und nicht selten (Ja, auch bei einem Herrn Joko Winterscheidt im Auto) wurde mir gesagt, dass „dafür“ „leider kein Budget“ eingeplant ist. Und deswegen bin ich skeptisch und manchmal vielleicht ein wenig gemeiner als ich es eigentlich sein will.
Ich kenne beide Seiten: Ich publiziere und ich gehe als Angestellter einer Arbeit nach. Und ich hab das Gefühl, dass im erstgenannten Bereich keiner sich auch nur die Mühe macht zu überlegen, was zweiteres vielleicht für die Beteiligten bedeuten könnte: Wir arbeiten nicht, um zufällig mal als Statisten entdeckt zu werden, sondern um unseren Lebensunterhalt zu verdienen.
Egal, ob wir unsere Arbeit für Spätheimkehrer oder Filmemacher leisten.
Gerade der Taxitarif ist öffentlich einsehbar und berechenbar. Wenn die teilnehmenden Fahrer bezahlt werden, warum wird das nicht kommuniziert? Immer wenn Kreative mich anfragen, muss ich als Bittsteller auftreten und meinen eigentlich wohlverdienten Lohn erbetteln. Und das ist unglaublich stressig!
Fragt Ihr auch Eure Kameramänner einfach nur an, ob sie Lust auf das Projekt hätten? So ganz ohne Hinweis auf Entlohnung oder wenigstens Spesenübernahme?
Ich mag naiv sein, aber ich schätze: Nein.
Ganz ehrlich: Ändert das! Ändert dieses Kommunikationsverhalten!
Ich hab schon bei einigen Projekten mitgemacht, obwohl klar war, dass die Entlohnung gering oder quasi inexistent sein würde. Das ist ok; ich weiß, dass ich nicht als einziger aufs Geld schauen muss.
Aber egal ob als Blogger oder Taxifahrer – ich werde jeden Tag gefragt, was ich nicht alles machen würde. Umsonst, vielleicht umsonst, vielleicht gegen eine Aufwandsentschädigung, vielleicht für ein paar Euro, vielleicht für ein gutes Honorar. Aber nie wird das kommuniziert. Deswegen ignoriere ich solche Anfragen inzwischen eigentlich immer. Und eigentlich finde ich das selber schade, weil ich mich der Kunst und der Kultur nicht weniger verbunden fühle als meinem Geldbeutel. Ich mag’s nur nicht, wenn man mich verarschen will.
Wie gesagt: Ich hoffe, es haben sich interessierte Kollegen gefunden. Ich wünsche auch ganz ehrlich viel Glück mit dem Filmprojekt! Aber diese Gedanken musste ich einfach noch loswerden.“
Ich bin doch kein Depp, der 10.000 € dafür haben will, dass er einmal in eine Kamera grinst. Aber wie oft ich schon dieses „Komm einfach kurz mit deinem Taxi vorbei …“ gehört oder gelesen habe …
Im Übrigen trifft das auch auf Stellenanzeigen zu. „Lohn nach Vereinbarung“ … ja nee, is‘ klar!
WTF? Dass die für Taxi-Statisten nicht mal den normalen Taxitarif mit in die Ausgaben einrechnen, hätte ich nicht geglaubt. Geiz ist geil! Tja, dann müssen sie halt ein Taxi aus der Requisitensammlung nehmen, und einen beliebigen Statisten mit Führerschein als Fahrer. Aber ob das so viel billiger kommt?
Statisten bekommen (zumindest bei größeren Fernsehproduktionen wie z.B. Krimiserien) 8,50 Mindestlohn… und ich finde da ist der Taxameter-Preis in deinem Fall äquivalent
@Wahlberliner:
Naja, sie schreiben ja, sie hätten bisher noch jeden bezahlt. Soo schlimm ist es also nicht. Aber bis jetzt hab ich keinen Hinweis bekommen, inwiefern meine Unkosten gedeckt sein würden. Ich meine ernsthaft: Nach obiger Mail kam eine Antwort mit dem Tenor: Das tut uns leid, Mißverständnis etc., wir haben bisher eigentlich schon immer ein bisschen gezahlt. Immer noch kein „wie viel“ etc.
@babybowser:
Das Problem ist ja nicht die Höhe des Betrages oder so. Ich mach viel mit, wenn es sich irgendwie ergibt. Aber wenigstens einen Hinweis wie „Ihr Aufwand wird entschädigt“, „Wir zahlen ihnen Betrag xy“ oder so wäre einfach mal angebracht. Einfach ein Hinweis darauf, dass ein Bewusstsein dafür da ist, dass auch ein Taxifahrer Auslagen hat und es nicht normal ist, dass man sofort aufspringt, weil ja alle gerne mal „beim Film mitmachen“ wollen. Darauf setzen viele Medienschaffende nämlich und das kotzt mich wirklich an.
Die Typen, die damals das Unheilig-Musikvideo gedreht haben, bei dem sie ein Taxi im Bild haben wollten, die haben die ganze Schlange am Ostbahnhof abgeklappert und erst danach angefangen, 20 € Entlohnung zu bieten. Die haben auch ihre Budgets, das ist schon klar. Aber wieso zur Hölle sollte ich mich eine halbe Stunde irgendwo anstellen und dann einen Auftrag annehmen, der mich Zeit und Geld kostet? Und was machen 20 € bei einem Musikvideo aus, das anschließend irgendwo oben in den Charts landet?
Du kannst schnell aussieben, wenn du die Preise machst. Bei uns in München ist das Oktoberfest ein beliebter Anlaß für die Medien das Thema Taxi zu entdecken. Der Abend für mich und mein Taxi kostet 320,- € netto. Dabei sind 10 Stunden und 80 Kilometer. Da fallen 90% der Medienfrösche schon mal weg. In Köln, München und bestimmt auch in Berlin gibt es genug von denen. Einmal habe ich den Fehler gemacht und mich zu billig verkauft – dabei habe ich mich nicht wohlgefühlt.
@Reinhold:
Ja, so werde ich es in Zukunft wohl auch machen. Eigentlich traurig, denn ich hab sicher am ein oder anderen Projekt mit wenig Budget Freude. Aber das Gehabe der Szene finde ich wirklich bescheuert …
Es zeigt einfach keinen Respekt der Zeit und dem Aufwand anderer gegenüber. Ich meine wenn angefragt wird und gesagt wird, wir haben nur leider nur folgendes Budget für dich, dann kann man ja ode nein sagen. Aber so gar nicht darauf eingehen, das geht gar nicht.
Das ist doch fast überall so. Das stört mich auch immens. Wie oft kriege ich Anfragen für mein Blog, wo Leute mehr oder weniger eindeutig Werbung schalten wollen. Und nicht darüber schreiben, was dabei für mich rausspringt. Immer bin ich es der nachfragen muss, wie es mit Honorar aussieht. Ich mache da inzwischen Copy and Paste. Da steht dann das wichtigste drin, also was ich haben will und was ich anbiete und was nicht.
… Manchmal tretten die richtig peinlich auf. Dein Post hat mir den Impuls gegeben was von einem meiner ersten Kontakte mit „denen vom Film“ zu schreiben.