Natürlich bin ich kein Spiele-Rezensions-Reporter, aber Games sind derzeit meine anderthalb Stunden Auszeit pro Tag und ich verbinde entsprechend viel mit ihnen. Und einmal mehr hat FarCry – dieses Mal „New Dawn“ – dabei eine wichtige Rolle inne und ich würde gerne einfach mal privat erzählen, weswegen ich die Serie so geil finde und wie es dazu kam. Bringt kaum jemandem etwas, ist aber für mich Teil der Psycho-Hygiene.
Hätte es GTA 3 nicht gegeben, hätte ich mit FarCry 3 den Open-World-Shooter entdeckt. (Und ja, GTA war kein FPS, das weiß ich, keine Sorge!)
Aber von vorne:
Ich hab Shooter immer gemocht, seit ich damals „Wolfenstein 3D“ auf dem Pentium 1 bei meinem Vater gezockt habe. Zum Profi habe ich es nie gebracht. Ich hab zwar „Project I.G.I.“ geliebt und „Tactical Ops“ und „Unreal Tournament“ bei ein paar LAN-Sessions unter Freunden gespielt, aber irgendwas übers pure Geballer rausgehende wie eben z.B. Open World war lange kein Thema. Im Grunde fand ich schon Multiplayer an sich immer recht anstrengend und sehe das bis heute so. Ich mag ganz explizit große und ausufernde Games, gerne AAA, also teuer weil wenigstens richtig ausgereift. Aber ich bin Kind der Neunziger. Ich will zocken, weil ich keine Freunde hab, nicht weil ich mir die letzten drei online vergraulen will!
FarCry 1
FarCry kam mir in den Berliner Anfangstagen irgendwie unter und hat mich wie viele andere (bloß vermutlich ein paar Jahre verzögert) geflasht: Was für eine geile Grafik, was für ein Gameplay! Man war relativ frei in der Bewegung, hatte also z.B. auch Fahrzeuge, das tropische Setting war eine willkommene Offenbarung und als halbwegs gern Gegruselter haben mir die Trigene im Dschungel den Puls hochgetrieben. Ich hab es gerne immer wieder gespielt, obwohl das damals noch eine sehr lineare und banale Ex-Soldaten-Story war, wie sie jeder zweite Shooter zu bieten hatte.
Crysis
Dann kam eine Zwischenphase, in der ich kaum Shooter gezockt und meinen Rechner mit Linux betrieben habe. Man hörte von „FarCry 2“ nur schlechtes und außerdem, dass die eigentlichen Entwickler vom ersten Teil nun „Crysis“ gemacht hätten, was somit der eigentliche Nachfolger war.
Ich hab Crysis angespielt und es war enttäuschend. Mal abgesehen davon, dass das Spiel noch auf Jahre hinaus jede Hardware (und meine insbesondere) in die Kniee gezwungen hat, war ich die Supersoldat-mit-Superrüstung-Idee leid. Ich liebte jetzt schon Gegenwart und „Realismus“ im Game-Sinne. Normale Leute, die aufeinander schießen, wie schwer sollte das sein?
FarCry 2
Lange bevor ich „FarCry 2“ auch nur mit dem Arsch angesehen habe, habe ich bereits ein Let’s-Play vom dritten Teil gesehen, das aber umgehend vergessen. Geholt habe ich mir FarCry 2 dann erst, als ich das bei mir längst verschollene erste wieder spielen wollte und über ein günstiges Bundle der ersten drei Teile + „FarCry 3 Blood Dragon“ gestolpert bin. Ich hab es eingelegt, 30 Minuten gespielt und gehasst. Ich war damit nicht alleine, wie ich heute weiß. Obwohl der zweite Teil wichtig war, weil er die Open-World-Ära eingeleitet hat, war er unattraktiv. Selbst das abermals innovative Setting in einem afrikanischen Staat voller Warlords konnte mich nicht überzeugen, denn die Sache mit der Malaria hat mich zu sehr angekotzt. Ich bin kein Hardcore-Player, sondern erforsche gerne in Ruhe und die Tatsache, dass man sich stetig Spritzen gegen seine Krankheit organisieren musste, hat mich genervt. Der zweite Teil soll auch sonst Schwächen gehabt haben (z.B. ständiges Respawnen bereits erledigter Gegner), aber mich hatte bereits die Malaria erwischt.
FarCry 3
BÄM! Spieler, die FarCry 3 nicht überrascht hat, gibt es nicht. Bei mir aber kam die Überraschung dazu, dass ich es offensichtlich bereits (aus Videos, siehe oben) kannte, es aber trotzdem unfassbar geil fand. Natürlich war da der charismatische von Michael Mando gespielte Antagonist Vaas, aber noch dazu die tropische Welt, das viele Sammeln und Jagen, die unfassbare Größe des Spiels … ich habe einfach alles geliebt. Zugegeben: Nach Vaas‘ Tod flacht das Game etwas ab, aber die Drogentrips, Pokerrunden und zudem eine absolut geile Waffenphysik und das Abdriften ins Kultisch-Religiöse, um trotz Gegenwartsbezug auch mal übernatürliche Gegner zum Zug kommen zu lassen: Das war ein Spiel des Jahrzehnts!
FarCry 3 Blood Dragon
Ich fand es nie interessant, hab es dann aus Mangel an Alternativen nach dem fünften Teil mal angespielt und sah mich bestätigt. Dass es eine kleinere und recycelte Map verwendet und nur ein „halbes“ Spiel ist, stört beim geringeren Preis ja nicht. Gameplay ist top, aber das 80er-Jahre-Pseudo-Futuristische hätte ich schon in den 80ern beklemmend gefunden. Mit einem anderen Setting hätten wir Freunde werden können. So halt nicht.
FarCry 4
Den vierten Teil hab ich mir versehentlich als Download gekauft. Bei einer 2-Mbit-Leitung. Aber ich habe es nicht bereut. Abgesehen von den etwa drei Tagen, während denen das Spiel sich runtergeladen hat. Kritiker haben immer bemängelt, dass das Spiel eigentlich eine Kopie des dritten Teils war. Damit haben sie, wenn es um die kreative Leistung geht, vollkommen recht. Die Sache ist nur: In meinen Augen ist der vierte Teil damit einfach nur die Perfektion von Nummer drei. Ja, das Gameplay war das gleiche. Und zwar fast exakt. Aber alle Neuerungen waren Boni. Die Sache mit den Ködern, um Tiere anzulocken, die Erweiterung in die dritte Dimension mit den Kletterhaken … fantastisch! Dazu ein aufgeräumteres Menü und zudem mit dem Himalaya ein erneut völlig unverbrauchtes Setting. Ich bin per se gar kein Freund des mystisch-religiösen Beiwerks, aber hier war es auch noch gut eingebettet, besser als in Teil 3, durchaus auch mit Ironie und es bot Abwechslung. Ich würde Nummer 4 nach rein sachlichen nur auf dieses eine Spiel bezogenen Kriterien auf den ersten Platz stellen. Ausgereift, fantastische Grafik für die Zeit und bis heute, dazu Setting, Game- und Gunplay, und das für fucking 50 Stunden, wenn man es komplett durchrocken will.
FarCry Primal
Wie „Blood Dragon“ hat mich auch diese „halbe“ Version nicht angesprochen. Zugegeben: Steinzeit ist wieder ein originelles Setting und die Kritiken waren nicht nur schlecht, aber ich spiele halt keine Shooter um Tiere zu zähmen. Ich könnte es mir jetzt bei Uplay+ mal ansehen, aber es reizt mich nicht wirklich.
FarCry 5
Das war der erste Teil der Serie, bei dem mich bereits die Werbung heiß gemacht hat. Die Trailer waren so großartig: Mit Kleinflugzeugen und explodierenden Autos unterwegs gegen eine christlich-fundamentalistische Sekte, erstmals in Amerika, ein Game wie gemacht für die Zeit unter Donald Trump. Es soll auch einige Kontroversen jenseits des großen Teiches ausgelöst haben, aber das war mir bestenfalls egal.
Ich hab es mir dann Anfang 2018 runtergeladen und mein Rechner hat es gerade noch so gepackt. Eigentlich lief es zu ruckelig, aber das Spiel war gut genug, um es zu probieren. Und wie immer, wenn ich eines der FarCry-Games „probiert“ habe, hab ich es durchgespielt. Ich war nie grenzenlos verliebt, denn das Gunplay wurde „mainstreamiger“, weichgewaschen. Die Logik mit den „Perk Points“ lässt meiner Meinung nach einen wichtigen Teil der Immersion schwinden und etwas an Logik vermissen im Vergleich zu den älteren Teilen, aber es war ein fucking geiles Game. Und das, obwohl sogar die Story nicht so gut war, wie die Trailer es vermuten ließen. Viel zu flach, ganz ehrlich. Aber das Setting, die Grafik und all das hielten mich halt doch bei der Stange. Zumal ich ja bei Open-World-Titeln eher der rastlose Sammler bin. Ich weiß, dass das eine vergleichsweise simple Mechanik ist, um Leute bei der Stange zu halten, aber ich hab mit 16 Jahren meine Darts-Statistiken zu Hause auf Milimeterpapier in Grafiken eingetragen, sowas wurde für mich gemacht. Und dann das Ende! Spätestens an dieser Stelle muss man mal anmerken, dass die FarCry-Spiele zumindest beim Finale nie Rücksicht auf seichte Krimigucker-Gewohnheiten nehmen. Seit spätestens dem dritten Teil sind sie ziemlich verstörend und unerwartet. Die Prinzessin befreit und heiratet man jedenfalls nie in diesen Spielen, das kann ich versprechen.
FarCry New Dawn
Und da wären wir dann beim aktuellen Titel. Abermals ein „halbes“ Spiel. Ein kleiner Teil aus dem Vorgänger übernommen, deutlich abgespeckt im Umfang auch sonst. Und wie immer halt auch dieses Mal für 40 statt 60 Euro. Dass das Scheiße sein muss, hab ich umgehend beschlossen. Abgesehen davon ist nun upleveln von Waffen, Basis, Fahrzeugen etc. notwendig, ohnehin ein No-Go, das den Spaß versaut.
Aber nun habe ich nunmal Uplay+ und wenn es schon umsonst ist, kann man es sich ja mal anguc … ach wie geil, die greifen die Story aus dem fünften Teil inklusive vieler Charaktere wieder auf!
Natürlich ist das Teil der Vermarktungsstrategie, aber hell yeah, was hat plötzlich das 5er-Universum an Qualität gewonnen! Natürlich sind höherklassige Kugelschwämme ein Unding und die tauchen auch auf. Aber wie z.B. auch bei In-Game-Käufen, die Ubisoft natürlich einbauen musste, geschieht das überwiegend maßvoll. Ich gebe zu, dass ich mir nach FarCry 5 und „New Dawn“ wünsche, dass es wieder etwas back to the roots geht, aber das Zocken der Games macht halt trotzdem noch verdammt viel Spaß. Zumindest für mich. Die Modernisierung und Monetarisierung hat andere Spiele sicher deutlich härter erwischt.
Kann gut sein, dass der nächste Titel dann wirklich mies wird. Hört man ja von einigen Ubisoft-Spielen. Aber von FarCry blieben auch dann noch ein paar echt herausragende Zeitfresser übrig, die ich nicht missen möchte. Ich finde sie zumindest ab Teil 3 bis heute noch spielbar und hab sie auch alle noch auf dem Rechner.
Entschuldigt diesen für viele wertlosen Einschub, aber es war mir ein Bedürfnis. 🙂