Wieviele? Hmm… da gehen die Meinungen auseinander. Als ich am Brandenburger Tor stand, erzählten die Veranstalter noch was von 100 000 Menschen. Das war sicher etwas zu hoch gegriffen. „Weniger als 20 000“ hat die Polizei gezählt – was sicher tiefgestapelt ist. Meine wirklich unprofessionelle und dilettantische Einschätzung liegt zwischen 50 000 und 80 000. Aber selbst wenn es 40 000 gewesen sein sollten, so kann man doch von einer großen Demo sprechen.
—Kurzer Einschub—
An alle Menschen, die „offizielle“ Zahlen rausgeben: Bleibt bei der Wahrheit! Und wenn die lautet „Ich schätze, es waren…“, dann lautet sie eben so. Und wer will denn nachher belächelt werden, wenn die Zahl nachweislich nicht stimmt? Dass die Veranstalter gerne immer 100 000 Teilnehmer hätten, ist ja ok. Aber warum behaupten, dass so viele da waren? Um sich anhören zu müssen, dass man überheblich ist? Und die Herren der Polizei: Welchen Zweck erfüllt es, jede Teilnehmerzahl abzurunden? Ist das ein Teil des Konzeptes, mit dem für Ruhe gesorgt wird? Es geht mir auf den Keks, wenn ich weiss, das irgendwo ziemlich genau 80 Leute waren und dann in der Zeitung lese, die Polizei berichtet von 20 Leuten und die Veranstalter von 200…
Ganz im Ernst: Zahlen erfinden kann ich auch!
—Ende des kurzen Einschubs—
Das Tempo war gemächlich, die Lautstärke abgesehen von Musik und Animateuren eher verhalten. Dennoch denke ich, dass eine derartige Demo ihre Wirkung schon alleine aus der Masse heraus gewinnen kann. Bunt war die Demo definitiv, die Ideen zu Transpis, Kleidung und verschiedenen Aktionsformen waren beachtlich. Zwar hat das Thema auch den ein oder anderen Verschwörungstheoretiker angelockt, die waren allerdings in der Minderheit. Ich kann zwar nicht behaupten, dass mir alle Parolen aus der Seele gesprochen hätten, oder dass ich auch nur verstehen könnte, warum Dr. Motte ein großangekündigter Überraschungsredner war. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich die Geschichte von Love- und Fuckparade und das politische Engagement Dr. Mottes nur schemenhaft kenne.
Die Route der Demo war grundsätzlich nicht sonderlich schlecht. Etwas sonderbar war es halt, dass man – vermutlich aus organisatorischen Gründen zuletzt fast einen Kilometer durch den menschenleeren Tiergarten latschen musste, was nicht gerade motivierend ist.
Die Polizei war grundsätzlich zurückhaltend, was aber nicht heißt, dass sie das illegale durchgängige Filmen der Demonstration unterlassen hat. Ich hab mich zu guter Letzt dann dennoch ziemlich über die Cops geärgert, weil sie aus purer unverfälschter machthaberischer Arroganz allen „ehemaligen Teilnehmer“ der Veranstaltung untersagt haben, den Platz der Republik Richtung Bahnhof zu überqueren.
- Der Platz der Republik (in gesperrtem Zustand), Quelle: Sash
Für alle, die glauben, ich hab denn Sinn des Ganzen vielleicht verkannt: Der Platz war insgesamt recht gut bevölkert, er war von der anderen Seite aus nicht abgesperrt und es war auch nicht so, dass sie verhindern wollten, dass da 1000 Leute eine unangemeldete Demo veranstalten, sondern es wurden kleine Fünfergrüppchen nach Jackenfarbe und Alter einfach mal gesagt, dass sie nun außenrum gehen müssen. Da war ihnen wohl gerade einfach danach… und sowas kotzt mich an – nicht die 200 Meter Fußweg, sondern die Tatsache, dass mir ein dämlicher Proll grundlos vorschreiben darf, auf welchem Weg ich laufe.
Naja, abgesehen davon war es ein netter Spaziergang mit teilweise ähnlich gesinnten, den ich zwar – ich lebe hier ja schon seit ein paar Jahren – nicht für den Aufbruch in eine bessere Zeit halte, aber wenigstens für eine moralische Rechtfertigung, es auf legalem Wege versucht zu haben…
So, jetzt werde ich fast schon wieder wütend, was nicht gut ist. Denn für Revolutionen bin ich heute Abend eigentlich zu müde. Ich hab den gestrigen Tag mit 2 Stunden Schlaf überlebt, heute sackviel gelernt und genieße es jetzt ein bisschen, hier am PC Schmand zu bloggen. So denn…