Gedanken übers Geld…

So lange es noch zeitnah ist, darf ich doch noch ein bisschen über Ralf schreiben, oder?

Ich bin schlicht und ergreifend immer noch schockiert, was für ein krudes Weltbild der Beste zu haben scheint. Ich meine, wir haben hier in einer WG gelebt. Da ist es mit den Besitzstandsverhältnissen bisweilen natürlich kompliziert. Keine Frage. Sollte ich zum Beispiel ausziehen, dann wäre das ein fast undurchschaubarer Wust an Dingen, die mir manches Mal zum Teil, zum Großteil oder eben gar nicht gehören. Nicht einfach, weil es hier im Haushalt Dinge gibt, die ca. 10 Mitbewohner-Generationen vor heute gekauft wurden.

Mit Ralf hat sich das – glücklicherweise, muss man heute sagen – eigentlich immer schon ein wenig anders verhalten. Nicht völlig, denn wir waren zu Beginn die selbe WG, auch wir haben natürlich Dinge gemeinsam angeschafft. Abgesehen von den Renovierungsmaterialien allerdings eher wenig: Einen Spaghettitopf (20 €), eine Leiter (20 €) und eine Arbeitsplatte für die Küche (7,50 €). Ich habe mehrmals überlegt, aber das scheint es gewesen zu sein. Die meisten anderen Dinge haben Ozie und / oder ich privat gekauft, bzw. dann später zu einem Zeitpunkt, zu dem Ralf bereits kein „Essensgeld“ mehr bezahlt hat – was in unserer WG-Finanzierung zugleich der offene Posten für Anschaffungen ist.

Dadurch gab es natürlich wenig Konfliktpotenzial. Dass nun allerdings Ralf meint, von den drei gekauften Dingen zwei mitzunehmen, ist natürlich schlicht und ergreifend eine Frechheit. Dass es mir nicht um die paar Euro geht, sollte den meisten hier klar sein. Wir haben uns lange überlegt, ob wir ihm den Topf nicht einfach mitgeben. Dass er mich allerdings gestern noch auf die Brettchen angesprochen hat, gemeint hat, sonst hätte er nichts, er sei gut ausgestattet, und im selben Atemzug den Topf und dazu noch meine Auflaufform mitnimmt, das ist schon arschlochig.

Aber gut, das Witzige an der Geschichte ist ja wirklich das Zeug, das er dagelassen hat. Ich habe schon einmal geschrieben, dass Ralf bisweilen panisch agiert. Er hat Angst davor, Fehler zu machen. Und das in einer krankhaften Form. So kommt es also, dass er zum Beispiel den Kerzenständer stehen gelassen hat, wahrscheinlich weil er befürchtet, wir könnten ihm nachweisen, dass der früher in der WG stand. Aber wir wollten ihn schon in Stuttgart wegschmeißen, und er hat gesagt, er möchte ihn mitnehmen. Das ist der Stand der Dinge. Im Prinzip ähnlich verhält es sich mit den anderen Dingen. Er hat sich offenbar nicht getraut, uns darauf anzusprechen, also hat er es lieber gelassen.

Im Gegenzug hat er ja davor versucht, Dinge heimlich zu entwenden. Die Telefone seien hier ganz oben auf der Liste erwähnt. Dinge, von denen er meinte, es wisse so oder so keiner, wo sie sich befinden oder wer sie hat, die hat er sich getraut, einzustecken. Glücklicherweise haben wir das rausgefunden, da wir mindestens einmal täglich in seinem Zimmer nach dem aktuell benutzten Telefon fahnden mussten und so natürlich bald eine Art Überblick hatten.

Wie viel Angst muss ein Mensch vor Benachteiligung haben, wenn er heimlich einen Topf klaut, bei dem er auch noch weiss, dass er nur 20 € gekostet hat? Ich finde das wirklich erschreckend. Dahinter verschwindet in meinen Augen manch andere abartige Eigenschaft seinerseits vollkommen.

Ich selbst sehe Geld nur als Mittel zum Zweck und vielleicht sogar nur notwendiges Übel. Dass manch anderer eine andere Einstellung dazu hat, das kann ich schon nachvollziehen – so gestört wie bei Ralf muss das Verhältnis Mensch-Geld erst einmal sein. Da leiht er uns zum einen einen irrwitzig hohen Betrag und übernimmt die Renovierung der Wohnung erst einmal alleine. Dann weigert er sich noch, das Geld schnellstmöglich zurückzubekommen, jammert aber natürlich anderswo, wie viel Geld wir ihm schulden würden. An den beklopptesten Kleinigkeiten versucht er zu sparen, sein allgemeines Leben ist allerdings schon aus Faulheitsgründen verschwenderischer als das jeden anderen Bekannten meinerseits. Energiekosten gibt es für ihn nicht, und letztlich hat er sich mit dem Ausstieg aus der Essenskohle die Möglichkeit verschlossen, für 75 € im Monat jeden Tag alles essen zu können, was wir im Haushalt haben, und ließ seitdem mindestens viermal im Monat für den insgesamt wahrscheinlich selben Betrag den Pizzaservice kommen. Ich habe ihm gestern für ein Buch von ihm – dass ich schlicht nicht mehr gefunden habe – 7 € gezahlt. Das ist völlig ok. Wie er es für vertretbar hält, dass er mir im selben Moment 7 € (mein Anteil am Topf) geklaut hat, das versteht wohl nur er.

Letztlich gibt es in WG’s immer mal wieder Streit ums Geld – was ich für einen ernstlich bekloppten Grund halte, wenn es nicht richtig eng oder gar lebensbedrohend ist. Und im Normalfall kann ich auch sagen, dass es in meinem Umfeld selbst bei knappen Finanzen meistens recht gesittet zugeht.

In Ralfs Fall kann ich mit einem bescheidenen Lächeln auf meinen Lippen wenigstens sagen, dass seine galoppierende Blödheit wenigstens verhindern wird, dass seine diffus ausgelebte Geldgier hier keinen Schaden anrichtet. In diesem Punkt hätte er vielleicht mal besser auf seine Furcht vor Fehlern gehört. Denn: Was er uns alles an Möglichkeiten bietet, Geld einzufordern, das entbehrt nicht einer gewissen Komik. Für das Jahr mit einem Soziopathen würden zwar auch höhere Summen nicht entschädigen – aber die Tatsache, dass es ihn wenigstens noch ein wenig ärgern wird, wenn er bei der Abrechnung nicht mehr so viel rausbekommt, die ist dann ja doch auch einiges wert.

9 Comments

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9 Responses to Gedanken übers Geld…

  1. ja, das ist schon ein sehr ausgeprägtes und diffuses krankheitsbild, das der guteste an den tag legt…
    meine wenigkeit hat ja nun auch beschlossen wieder in eine wg zu ziehen. besser mit der weltbesten besten ( vorab steht eben noch die kernsanierung ) eine zu gründen und wenn eines sicher sein wird, dann das, dass kohle absolut kein thema sein wird.
    die annehmlichkeiten eines zusammenlebens hat ein ralf nicht verstanden und von daher nicht zu schätzen wissen. hierzu gehört seinerseits ein minimum an kritikfähigkeit. etwas das soziophaten generell nicht ihr eigen nennen.

  2. Der ein oder andere Teil meiner Familie kommt dann und wann immer mit der alten Weisheit: „Beim Geld hört die Freundschaft auf.“ Diese Ansicht vertrete ich eigentlich gar nicht, aber realistisch betrachtet, kommt es dann eben doch an solchen Punkten zu Reibereien. Ich denke ja z.B. schon, dass die Finanzen in einer WG geklärt sein müssen. Schön ist nur, wenn es deswegen nicht zur puren Prinzipienreiterei kommt. Dass geklärt ist, wie viel wer zahlt – das halte ich auch für wichtig. Aber wenn die Gemeinschaftskasse stimmt und dann mal einer erst später zahlen kann: Wayne? Man muss natürlich auch sagen, dass sich über Geld meist nur so locker reden lässt, wenn grundsätzlich „genug“ da ist. Aber in unserer WG (also auch vor allem noch die alte in Stuttgart) hat man echt gut gemerkt, wie das Finanzprobleme auch verhindern kann. Wenn einer mal einen Hunni weniger zahlen kann, ist das durch fünf nur noch ein Zwanni pro Person und wesentlich überschaubarer.
    Dass Ralf dieses Verständnis gefehlt hat, schockiert mich wirklich noch. man darf hier wohl auch nicht vergessen, dass er erst „kürzlich“ von seinen Eltern ausgezogen ist. Für ihn war natürlich jede Form von finanziellem Aufwand und auch Hausarbeit erst mal eine Mehrbelastung – keine Einsparung.
    Es ist ein Unterschied, ob man sich freut, dass man nur zweimal die Woche spülen muss, weil es sonst jemand anders macht, oder ob man sich denkt: Scheisse, hier muss man ja selber spülen!
    Ich freue mich ungemein auf eventuelle Infos aus seinem neuen Reich. Denn er wird so viel mehr Stress haben – ob mit Finanzen, Hausarbeit oder potenziellen Mitbewohnern. Auch wenn er es nie zugeben würde: Er wird schnell merken, wie einfach er es hier hatte. Und dieser Gedanke tröstet mich dann ein wenig 🙂

  3. Hach ja, manche Leute sind nicht für WGs gemacht 😉 Ich würde mich dazu zählen. Gerade beim GEld können manche sowas von penibel sein. Kann man aber nicht viel gegen machen. Ist einfach so in denen drin.

    Aber die Dinge, von denen du erzählst, klingen schon sehr seltsam.

  4. @ednong:
    Penibel sein ist ja das eine. Das es nicht für jeden ausreichend ist, wenn es am Ende Pi mal Daumen passt, sondern man den Betrag auf Heller und Pfennig haben möchte – meinetwegen. Man sollte nur so fair sein, und für alle Seiten mit den gleichen Maßstäben messen!

  5. @Sash
    Ja, das siehst du so mit dem gleichen Maßstab für alle. Andere haben aber manchmal andere Maßstäbe.

    Und da habe ich bzw. andere dann jeweils einen unterschiedlichen Toleranzrahmen, in dem das möglich ist. Um bei obigen Beispiel zu bleiben: Ich will auf Heller und Pfennig genau abgerechnet haben. Anderen Mitbewohnern ist das shitegal, zu aufwändig, was-weiß-ich. Und da beginnen dann die Probleme. Oder der Kompromiß, den man bereit ist, einzugehen. Und da sind dann eben auch die Grenzen.

  6. @ednong:
    Wichtig ist ja, dass man es abklärt. Unsere WG war immer vergleichsweise offen. Da konnte man reinlaufen, zur WG-Kasse gehen, sich einen Zehner nehmen und wenn man dann irgendwie für 5 bis 15 Euro von eingekauft hat, war es ok. Ansonsten hätte es eh keiner gemerkt. Im schlimmsten Fall ging der Klingelbeutel um, wenn das Geld alle war. Aber das kann man natürlich nur mit Leuten machen, die da genauso drauf sind. Wir sind in all der Zeit gut damit gefahren, wohl wissend, dass die meisten Ehepaare ihre Kohle penibler trennen als wir.
    Aber natürlich spricht viel für eine detailliertere Auswertung. Im o.g. Fall war es ja auch deswegen so komisch, weil ausnahmsweise völlig klar war, wie die Kohle-Verhältnisse sind. Meinetwegen waren die paar Euro, die sich Ralf genehmigt hat, auch als Ausgleich dafür ok, dass er weniger Zinsen auf seinem Sparbuch bekommen hat, weil er das Geld damals der WG geliehen hat.
    Scheiße war es ja, weil er 1 Jahr lang immer „passt schon“ gesagt hat, dann auf die centgenaue Abrechnung gepocht hat und hintenrum versucht hat, noch ein bisschen mehr mitzunehmen. Da hört dann mein Verständnis auf. Aber gut, das ist ja vorbei 🙂

  7. @ednong:
    Um mehr auf deine Antwort einzugehen:
    Das mit dem gleichen Maßstab meinte: Auf Heller und Pfennig ausrechnen ist ok – aber dann auch alles! Und wenn ich sage, ich zahle halt mal 30 € vom Einkauf, auch wenn mein Anteil korrekterweise 34,21 € gewesen wären, andererseits aber darauf bestehe, dass mir von dem Zehner 2,87 € zurückgegeben werden, dann ist das nie ok.

  8. @ Sash
    Jep,
    das ist das was ich meinte: geben und nehmen, es sollte sich ausgleichen. Manche können das problemlos, manche erst nach einer Weile, manche gar nie. Und eine Konstellation aus allen ist immer anstrengend. Zumindestens dann, wenn man aufs Geld gucken muß.

    Am liebsten wäre mir Geld ja auch shit egal, leider machen es äußere Umstände immer wieder sehr notwendig, dass ich es nicht so sehen kann. 🙁

  9. @ednong:
    Bei uns hat es sich ausgeglichen. Klar, vielleicht hab ich als Wenigtelefonierer zu viel fürs Telefon gezahlt. Dafür hab ich sicher mehr gegessen als der Durchschnitt. Ich glaube, große Verluste hat nie jemand hinnehmen müssen.
    Aber ich kenne es ja, auf den Cent achten zu müssen.

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