Pflichturlaub, gerichtlicher

So, einige Spartenleser da draussen warten wahrscheinlich sehnsüchtig auf Neuigkeiten aus der Ex-Vermieter-Ecke. Die gibt es – und zwar nicht zu knapp. Gestern kam ein ordentlich vollgepackter Brief vom Stuttgarter Amtsgericht in unseren Briefkasten geflattert, und der hatte es tatsächlich in sich. Einige Neuigkeiten.

Zunächst scheint Dieter (unser Ex-Vermieter und Beklagter) meine Art von Humor irgendwie gerne zu unterstützen. So hat er über seinen Anwalt beantragt, die Frist zur Klageerwiderung zu verlängern. Klar könnte das eine Art Strategie sein, uns möglichst nicht frühzeitig zu informieren, welche Gesetze sie noch aus dem Hut zu zaubern gedenken, um die Rechtmäßigkeit unserer Forderung in Frage zu stellen. Lesen lässt es sich allerdings wie ein Armutszeugnis, das nur konsequent fortführt, was er immer gemacht hat: „I mach des später mal…“

Sein Anwalt attestiert sich gleich auch noch Überforderung, und das liest sich dann auf Amtsdeutsch wie folgt:

„Wegen Arbeitsüberlastung sowohl des in dieser Sache alleinig sachbearbeitenden Unterzeichners als auch des auf Beklagtenseite bearbeitenden Beklagten, der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit häufig auswärts sich aufhalten muss, konnte die zur Fertigung der Klageerwiderung notwendige Besprechung noch nicht durchgeführt werden, soll aber so rechtzeitig fertig werden, dass die beantragte verlängerte Frist eingehalten werden kann.“

Man könnte auch schreiben, dass Dieter seine Unterlagen nicht zusammengesucht bekommt und den Anwalt genauso vertröstet wie uns auch…

Sollte dieser Schrieb – wovon man ja besser ausgehen sollte (insbesondere, wenn man das schriftlich in der Öffentlichkeit äußert) – wahrheitsgetreu wiedergeben, was da gerade in Stuttgart abgeht, dann ist das erstklassig, weil das bedeutet, dass selbst der Anwalt der Gegenseite aktuell noch nicht um das Ausmaß der Absurditäten und aber auch der rechtlichen Grundlagen Bescheid weiss.

Sie fordern einen Aufschub bis zum 15. Oktober, und dies hat das Gericht bewilligt. Davor werden wir also leider nichts genaues erfahren, es sei denn, sie schmeissen – was wir immer noch für möglich halten – das Handtuch doch noch, bevor es ernst wird.

Dann aber kommt der Schrieb des Gerichts selber, und der besagt, dass es – was jetzt ja nur folgerichtig war – eine mündliche Verhandlung geben wird.

Ich hab, soweit ich weiss, schon mal irgendwo geschrieben, dass ich eigentlich nicht sonderlich Lust darauf habe. Und irgendwie dann doch…

Mündliche Auftritte sind nicht wirklich mein Ding. Ich rede ungern vor vielen Menschen und ich bin Realist genug, um zu wissen, dass das auch Auswirkungen auf das hat, was ich sage. Ich bin in meinem persönlichen Auftreten ein schüchterner Mensch und eigentlich bin ich überhaupt nicht konflikttauglich.

Auf der anderen Seite bin ich dadurch auch immer in der Lage, Contenance zu wahren und mich recht gut auszudrücken. Das mag jetzt nicht gerade eine atemberaubende Eigenschaft sein, die meine Ernennung zum Bundeskanzler wahrscheinlich macht – zum Alleinstellungsmerkmal in dieser Verhandlung wird es dennoch reichen.

Außerdem bin ich in dieser speziellen Geschichte inzwischen sowas von angepisst, dass ich – ihr als Blogleser habt vielleicht eine leise Ahnung davon – nur darauf brenne, dass irgendjemand meine Ex-Vermieter mal auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Wie üblich spielen bei mir die persönlichen Motive eher eine untergeordnete Rolle. Zu gewinnen habe ich in dem Fall zwar 1000 € plus x, aber wenn ich ehrlich bin, dann geht die Kohle als Schuldenrückzahlung an meinen Vater – bei dem es eigentlich nur eines Anrufes bedürfte, um die Schulden ohne Zahlung zu nullen. Mein Gewinn ist also ein etwas besseres Gefühl…

Ich habe nur so ein unbestimmtes Gerechtigkeitsempfinden, das mich innerlich zerreissen würde, wenn Dieter und Petra mit der Sache durchkommen würden. Dabei geht es nicht ums Geld, denn ob jetzt potenziell von uns verursachte Schäden nicht vielleicht die Kaution wieder aufwiegen würden: Möglich! Dass ich 4 Jahre in einer Bruchbude gelebt habe? Hab ich gerne gemacht! Waren geile Jahre! Das Verhältnis zu Dieter war – wie oft erwähnt – super. Nur bin ich ein bisschen empfindlich, was die Einhaltung von Regeln angeht. Damit meine ich nicht zwingend das deutsche Gesetz, denn auch hier gehen mir einige Regelungen gehörig gegen den Strich. Aber wenn ich mit jemandem ausmache, dass man das alles locker klärt, dann erwarte ich das auch.

Ich halte die Verhandlung jetzt für eine für mich wichtige Sache mit Lerneffekt, und insofern hat die Geschichte ihre guten Seiten, egal wie sie ausgeht. Aber ich kann nicht behaupten, dass ich gerne vor Gericht gegangen bin, nur um ein paar lächerliche Kröten einzutreiben…

Aber gut, weiter im Text:

Wir haben also einen Verhandlungstermin!

Und der… ja der hat mich einfach nur darin bestätigt, dass die Sache nach meinen Vorstellungen verläuft…

11.11.2009

Nein, ich bin kein Karnevalsfreund, und auch wenn es mich irgendwie freut, dass die Verhandlung mich dazu bringt, meine alte Heimat früher als geplant wiederzusehen, so sehe ich das noch realistisch unter dem Punkt, dass die Urlaubsrücklagen zu dieser Zeit sicher noch weniger gut aussehen als zum Januar, wo ich die Reise sowieso in Betracht gezogen hätte.

Aber auch als Nichtanhänger allen Aberglaubens hat der 11. November für mich doch eine gesonderte Bedeutung. Zum einen bietet sich mir so die Gelegenheit, in Stuttgart – mit einer Menge alter Bekannter und Freunde, wie ich hoffe – in meinen Geburtstag am 12. November reinzufeiern. Das alte Konzept „Entweder Siegesfeier oder Frustbesäufnis“ kommt hier einmal mehr zum tragen – wenngleich ich hoffe, nicht selbst getragen werden zu müssen. Naja, wozu gibt es Taxen? 😉

Und ein bisschen Glückstag ist der 11.11. seit letztem Jahr dann ja doch für mich persönlich… das war nämlich der Tag, an dem ich meine Ortskundeprüfung bestanden habe, und damit den Weg freigemacht habe für meinen derzeitigen Beruf. Und wenn mir der 11.11.08 bisher über 10.000 € eingebracht hat – warum sollte es am 11.11.09 nicht wenigstens für 1.000 € reichen? 😉

Leute, ich freue mich somit auf ein absehbares Ende der ganzen Gerichtsgeschichte und auf eine schöne Reise in meine alte Heimat, verbunden mit Familienwiedersehen und einer hoffentlich fetten Feier in meiner Stammkneipe! Und all das passiert auf jeden Fall, selbst wenn das Gericht nicht zu meinen Gunsten entscheidet…

Win-Win-Situationen sind irgendwie geil!

14 Comments

Filed under Haushalt, Vermischtes

14 Responses to Pflichturlaub, gerichtlicher

  1. Michael

    Eine mündliche Verhandlung ist doch gut für Dich. Da mach Dir mal keine Sorgen.
    Der Richter/die Richterin sind in der Regel sehr versiert und blicken da schnell durch. Möglicherweise ist der Sachvortrag etwas unddurchsichtig, sprich man versteht es einfach nicht so schnell.
    Schau dem Richter in die Augen, der sieht sofort, ob Du lügst oder die Wahrheit sagst. Der macht sich ein Bild, schlägt einen Vergleich vor nach seiner persönlichen Einschätzung), warnt beide Parteien vor der Ablehnung des Vergleichs (er müßte dann ein Urteil schreiben).
    Also ich tippe mal auf 80 zu 20 für Dich bei einem Vergleich, die Kosten werden entsprechend gequotelt.

    Viel Glück
    Michael
    Ich wünsche Dir viele Glück

  2. Nihilistin

    Na dann: Alle Daumen gedrückt.
    Da der 11.11. der Geburtstag meines Vaters ist, KANN es nur gut für Dich ausgehen 🙂

    PS: Anwaltsdeutsch zu lesen ist doch wirklich ne Mischung aus Masochismus und Belustigung, oder? 😉

  3. Schwob

    So jetzt muss ich hier aber mal was los werden.

    1. freut es mich, das ich meine Schwägerin wieder sehe, und das mein bruder auch mit kommt passt super (dann kann er endlich mal das Haargel aus unserem bad mitnehmen;-) )
    2. Ich denke diese Verhandlung, wird wohl die tollste in meinem Leben. Ich hoffe, es wird nicht wieder eine Erfahrungserweiterung in Sachen wer Geld hat hat das Recht
    3. Das du Sash, nicht gut reden kannst, halte ich für ein Gerücht. Schliesslich hast du in hier nicht näher definierten Zuständen es geschafft mehrere Werder bremen Fans, davon abzuhalten eure Wohnung zu stürmen. ich denke, dass du bei dieser Geschichte locker rangehen kannst. Ich hoffe nur, dass du keinen miesen Richter erwischst, und die gibt es leider im Schwaben Land wie sand am Meer.
    Aber ich freue mich schon, euch ein Zimmer herzurichten und euch (oder Dieter) dann hinzurichten. Am meisten freut es mich aber, euch dann hier zu sehen.
    der Platzhalter

  4. Marco

    Also, die beantragte Fristverlängerung inkl. Begründung – Arbeitsüberlastung des Anwalts und Terminschwierigkeiten – sind absoluter Standard, da würde ich jetzt nicht versuchen, zu viel herauszulesen.

    Und ob du am 11.11. schon weißt, ob es Siegesfeier oder Frustbesäufnis gibt, steht auch bei weitem noch nicht fest. Selbst wenn dies der einzige Tremin bleiben sollte (und nicht z.B. noch Zeugen oder Sachverständige für einen weiteren Termin geladen werden müssen), dann gibt es wohl nur dann direkt das Ergebnis, wenn ein Vergleich geschlossen wird, oder die Gegenseite anerkennt oder es ein Versäumnisruteil gibt. Streitige Urteile werden in Zivilsachen üblicherweise in einem gesonderten Verkündungstermin verkündet und nicht – wie in Strafsachen – direkt im Anschluss an die Verhandlung.

  5. Mi-Go

    Hehehe… ääähmmm, *räusper*, tschudigung.

    Öööhhhhmmm… Wie war das doch noch gleich mit ‚Falls es zu ner mündlichen Verhandlung kommt‘ und ‚Lernresistenz gewisser Personen‘?

    Wieso werd ich das ungute Gefühl nicht los das das kein ‚Kurztrip‘ in die alte Heimat wird. Is vielleicht ne gute Idee nen etwas größeren Koffer mitzunehmen. Nur so als kleiner Suggestivvorschlag 😉

  6. Leini

    Stammkneipe?? Bonnie oder Tula oder wo?
    und ich geh am nächsten Tag arbeiten!!

  7. @Michael:
    Ich glaube eigentlich ja auch, dass sich der Sachverhalt am besten mündlich klären lässt – insbesondere auch der Reaktionen der Gegenseite wegen.
    Für einen Vergleich sieht es gerade eher schlecht aus, aber wir sind natürlich schon dabei, uns zu überlegen, was wir machen werden und was nicht.

    Und danke für die Glückwünsche! Glück werden wir dennoch brauchen!

  8. @Nihilistin:
    NOCH ein Grund, wow! 🙂
    Ja, die Formulierung, insbesondere der „auf Beklagtenseite bearbeitende Beklagte“ hat mich schmunzeln lassen, wobei ich klarstellen muss, dass ich mit solchen Formulierungen auch um mich schmeissen könnte. Nur: Wer würde den Blog dann lesen? 😉

  9. @Schwob:
    1. Ich komm gerne mit, irgendwer muss das Gel ja einpacken. Sonst würde ich mir das ja eher im Fernsehen anschauen 🙂
    2. Nur weil du nicht auf der Anklagebank sitzt…
    3. Die Cops waren immer friedlich. Vielleicht, weil sie kleiner waren als ich, wer weiss das schon… ich glaube ja auch, dass ich das kann – aber wollen?
    Und beim Richter brauchen wir hauptsächlich einen mit Durchblick. Ich kann nur einmal mehr sagen: Die Fakten sind eindeutig!
    Und aufs Zimmer freue ich mich auch…

  10. @Marco:
    Dass die Begründung nicht viel aussagt, ist mir im Grunde klar. Ich weiss nicht, wieviele erfolgversprechende Gründe es gibt für eine Fristverlängerung, aber die Auswahl wird so hoch nicht sein.
    Es ist dennoch auffällig, dass wieder einmal bei Dieter ein Termin platzt, weil die Zeit nicht reicht. Und bei allem Mitleid: Der ist nicht 24/7 für 4 Wochen weg – und wenn mich jemand verklagt, hab ich mal ne Stunde Zeit für meinen Anwalt! Das ist es doch. Genauso wie man in einem halben Jahr mal Zeit für eine Rechnung hat, die einem tausend Euro bringt oder die 5 Minuten am Geburtstag der Eltern, um sie anzurufen… ich kritisiere bei ihm eben genau das seit Jahren: Falsche Prioritätensetzung! Und da passt das eben ins Bild.

    Ansonsten: Dass das Urteil später kommen kann, ist uns bewusst. Soweit mir bekannt ist, ist meine Anwesenheit dabei allerdings nicht Pflicht, und bei 600 km Anreise ist meine Abwesenheit sicher nicht unbegründet.
    Dass ich am 11. noch nicht wissen werde, wie es ausgeht, ist allerdings damit möglich – da hast du natürlich Recht. Meinen Geburtstag werde ich dennoch feiern… 🙂
    Ob noch weitere Zeugen geladen werden müssen, ist prinzipiell noch offen – aber eher unwahrscheinlich. Ich vermute, es wird bei dem einen Termin bleiben.

  11. @Mi-Go:
    Wenn es einen zweiten Termin geben sollte, dann liegt der sicher nicht so zeitnah, dass ich die geplante Reise nur verlängern muss…
    Und wessen Lernresistenz meintest du? Petra? Darauf freue ich mich ja ganz besonders. Den Anwalt, der die im Zaum hält, möchte ich nicht kennenlernen 🙁

  12. @Leini:
    Hatte an Tula gedacht…
    Dass du arbeiten musst, ist aber ungut. Keine Chance, anderthalb Monate im Voraus Urlaub zu nehmen?
    Falls nicht: Für 3 bis 7 Bierchen wirds doch trotzdem reichen, oder?

  13. Marco

    @Sash: Richtig, wenn es einen Verkündungstermin gibt, ist da keine Anwesenheitspflicht und auch nur höchst selten jemand da (wenn überhaupt, dann typischerweise ein Rentner, der mit seiner Zeit nichts anzufangen weiß und deshalb einfach mal den Richter ein bisschen nervt ;-)).
    Das Urteil wird danach zugeschickt. Kannst auch unmittelbar nach dem Verkündungstermin beim Gericht anrufen und nach dem Ergebnis fragen.

  14. @Marco:
    Danke nochmal für die Bestätigung 🙂
    Aber wie es dann läuft, das sehen wir im November. Und bis dahin warte ich mal schön auf die Klageerwiderung – die wird sicher auch noch Grund zum Bloggen sein 😉

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