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Gewitzte Argumente

Handygespräche in der Bahn zählen allgemein jetzt nicht unbedingt zu den Highlights meines Lebens. Aber das, das ich gestern Abend kurz vor 22 Uhr unfreiwillig mitbekam, war schon großes Kino.

„Ja, Mama! Nein, ich vergess‘ den Salat nicht! Nein. Nein. Hallo, hab ich doch gesagt! Ja, ich bin gleich da!“

So oder so ähnlich ging das anderthalb Minuten. Es war nicht schwer zu erkennen, dass das junge Mädel offenbar von Mutti einkaufen geschickt worden war. Und nicht sehr erfreut darüber noch dazu. So weit, so lame. Dann aber passierte was lustiges: Sie erzählte ihrer Mutter von einem Treffen am morgigen Tag mit diesem Marcel und jenem Tobi. Ich weiß zwar nicht, was „Mama“ dazu genau gesagt hat, aber ich habe eine Vermutung. Denn etwas zickig und mit brillianter argumentativer Überlegenheit keifte die Telefonistin in ihr Handy:

„Ach ja!? Dir ist aber schon klar, dass ich als 13-jährige um die Uhrzeit eigentlich auch nicht mehr alleine unterwegs sein sollte …“

Hach. 🙂

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Müde

Seid Ihr derzeit auch so müde?

Ich frage das ganz ernst, denn ich hab mir in den letzten Wochen einen „Mittagsschlaf“ geradezu antrainiert. Was an und für sich ok ist, meine Fitness aber doch stark stört, wenn ich arbeite. Gefühlt schlafe ich recht gut und gestresst bin ich wie üblich kein bisschen.
Da ich jetzt und in den kommenden Wochen allerdings bis zu 0,00 Stunden Sonnenlicht haben werde, wollte ich mal nachfragen. Denn gerade weil ich gute Laune habe, will ich eigentlich keine Winterdepression oder einen vergleichbaren Mist.

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#aufschrei anyone?

Heute morgen ist mir was ganz normales passiert. An Ozie war ein Paket geliefert worden und da keiner von uns wach war, landete es bei einem Laden ums Eck, der es angenommen hat. Ich war heute morgen noch lange genug wach und hab es abgeholt. Die Konversation mit dem Ladenbesitzer war eigentlich ganz lustig, vor allem, weil ich keine Vollmacht von Ozie hatte. Aber er hat es bei einem „Nächstes Mal!“ belassen und mir das Ding ausgehändigt.

„Viel Spaß beim Auspacken!“

hat er noch gewünscht.

Ein weiterer Kunde dieses Ladens hat das ganze Gespräch mitbekommen und antwortete schneller als ich etwas sagen konnte. Und zwar wie folgt:

„Ach, is‘ doch für die Frau. Is‘ also nix wichtiges.“

Ich hab das mehr oder minder wirklich überhört, denn ich erwiderte nur eine Sekunde später dem Verkäufer:

„Sind Arbeitsmaterialien, so viel Spaß wird’s wohl nicht.“

Woraufhin er meinte:

„Na komm‘, ich behalt’s gerne hier!“

Ich bin da nicht schlecht konditioniert, aber ich war schon halb zur Tür draußen und so ist mir der Einwand des anderen auch erst kurz danach bewusst geworden. Ich bin auch einfach nicht gut in Multitasking und zudem niemand, der dauernd Streit sucht und Konfliktmöglichkeiten. Aber mal im Ernst: Wie scheiße war das denn bitte von diesem Arschloch?

Ja ja, kleiner Scherz, nicht so eng sehen, blabla.

Am Arsch! Da stand ein wildfremder Mann rum, der weder mich noch Ozie kennt – und er hat sich rausgenommen, die Interessen meiner Partnerin einfach mal so für unwichtig zu erklären. In diesem Fall sogar, wenn auch unwissentlich, ihre Arbeit. Einfach so, weil sie ja „nur“ meine Frau ist. Ihre Person, ihre Interessen, ihr Leben – alles egal! Wir sind ja hier „unter uns“ Männern, da kann man Frauen schon mal für ihr Geschlecht alleine vorverurteilen!

Ich weiß, das ist leider vielerorts noch einfach „gängig“. Eine normale, ja gehegte und gepflegte Angewohnheit. Was wären Stammtische ohne die Sticheleien gegen die Ehepartner zu Hause? Wie so oft kann man da nur sagen: Nur weil etwas von vielen geteilt wurde, muss es nicht gut sein. Ich erspare mir die negativen Referenzen aus der Vergangenheit, aber da findet sich was für jeden Geschmack. Lasst sexistische Kackscheiße einfach bleiben! Es macht das Leben nicht einmal schwerer, sondern angenehmer. Auch wenn man sich am Anfang vielleicht einen kleinen Ruck geben muss.

PS: Und es ist nicht so, dass ich mir diesen Ruck nie geben musste. Ich bin auch nicht in einer feministischen Hippie-WG aufgewachsen. Ich hab mir das erarbeitet und wenig ist mir heute mehr wert als diese Investition.

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Inaktivität

Seit ein paar Tagen schon erwischt mich immer wieder dieses Bedürfnis, hier irgendwas zu schreiben, schon alleine, weil der letzte Beitrag so lange her ist. Aber um ehrlich zu sein: mir fällt nichts ein.

Wobei das gewissermaßen eine Lüge ist. In meinem Kopf schwirren eine Menge Dinge rum. Nun ist es aber so, dass mein einsiedlerartiges Leben momentan überwiegend von Büchern und Serien berichten könnte.

Zu meinem Geburtstag – und auch davor schon – habe ich jede Menge spannende, lehrreiche und unterhaltsame Bücher geschenkt bekommen. Manche mit herzzerreissenden Erklärungen dazu, andere völlig ohne Worte, in Einzelfällen des Versandes wegen sogar ohne Angabe eines Namens. Über das ein oder andere würde ich gerne etwas schreiben; aber zum einen sind die Bücher an sich zahlreich, zum anderen habe ich die, bei denen es mir besonders am Herzen liegt, noch nicht durchgelesen. Und nachdem einer der letzten Einträge erst eine Art Rezension zu Gravity war, will ich das auch nicht übermäßig breittreten.

Serien gucke ich immer noch ziemlich viele (kann allerdings mit Ozie nicht mithalten) und möchte an dieser Stelle gerne die aus dem Jahr 2011 stammende Kuriosität „Spy“ erwähnen. In Ermangelung einer deutschen Übersetzung hab ich mir das englische Original angesehen und bin immer noch ein wenig begeistert. Trotz typisch britischem Overacting sind diese gerade einmal 18 Folgen zu je 20 Minuten mit das Unterhaltsamste gewesen, was bei mir in diesem Jahr über den Bildschirm geflimmert ist.
Dann habe ich im Laufe dieser Nacht mit Ozie zusammen die letzten beiden Folgen Breaking Bad gesehen und muss verstörenderweise feststellen, dass ich das Ende in gewisser Weise schön fand. Obwohl das Blutvergießen weiterging, viele wichtige Charaktere am Ende getötet wurden und all das weit weg von einem (bei BB allerdings auch nicht zu erwartenden) Happy Ends ist.

Außerdem fahre ich ja gelegentlich Taxi und schaffe es immerhin, den dazugehörigen Blog fleißig zu füllen.

Als ob das nicht genug wäre, bin ich in wunderbarer Zusammenarbeit mit meiner Literaturagentur zudem dabei, die Leseprobe für mein Taxibuch weiter zu perfektionieren. Diese permanente Weiterbearbeitung unter Einbeziehung konstruktiver Kritik ist etwas verdammt spannendes für so spontane Schreiber wie Blogger, aber eben auch zeitaufwändig und bisweilen nervig. Das bindet Zeit, Kraft und Gehirnvolumen. Und nebenbei schreibe ich munter an Folgekapiteln herum, damit ich im Falle eines endgültig interessierten Verlags noch mehr bieten kann als „nur“ die Leseprobe.

Zeitgleich geht bei Ozie im Shop das Weihnachtsgeschäft los, nachts um 3 Uhr rufen potenzielle Stammkunden an und ich muss dringed den Lattenrost von meinem Bett reparieren.

Und all das, obwohl seit Sonntag schon wieder die Weihnachtsbeleuchtung der Nachbarn gegenüber leuchtet und über unserer Wohnung eine Art Comedy-Programm in Form einer Ehe mit mindestens 3 Kindern aufgeführt wird.

Manchmal passiert es da eben, dass für den Zweitblog ein wenig die Zeit fehlt.

Aber wie Ihr seht: Das bedeutet nicht unbedingt schlimmes. 🙂

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Gesehen: Gravity

Ich war gestern seit langer langer Zeit mal wieder im Kino und hab mir „Gravity“ angesehen. Der Film war mitnichten ein Zufall. Zum einen geisterte er mit einer Penetranz durch meine Filterbubble, dass ich unbedingt wissen musste, worüber sich alle das Maul zerreissen, zum anderen gab es auch keinen Aspekt an ihm, der mich nicht interessierte:

  • Ich mag Actionfilme
  • Ich mag Filme, die in unserer Zeit realistische Themen behandeln
  • Ich mag Filme mit innovativen Konzepten
  • Ich bin ein großer Freund der Raumfahrt
  • Ich mag die beiden Hauptdarsteller als Schauspieler (und oute mich auch hier gerne, dass ich in meiner Jugend durchaus auch ein wenig in Sandra Bullock verschossen war 😉 )

Und nun? Wie war’s?

Schön! Das muss gleich vorweg gesagt werden. Ich tanze da nicht so auf dem Vulkan wie Eugen Reichl, der minutiös die wissenschaftlichen Fehler des Films ausbreitet, bevor er sagt, dass er trotzdem toll ist. Obwohl ich diese Rezension absolut genial finde!

Nein, der Film war schön und obwohl ich kein überzeugter Kinogänger bin, muss ich auch sagen, dass dieser Film definitiv einer ist, der mit jedem Quadratmeter Leinwand gewinnt, weil er wahnsinnig viel auf Bilder setzt. Dass allerdings macht ihn sicher für ein breites Publikum schwierig. Denn das eingangs erwähnte innovative Konzept besteht bei Gravity vor allem daraus, einen durchaus im Action-Genre wildernden Film zu kombinieren mit endlosen emotional aufgeladenen, langatmig daherkommenden Bildern und sich zudem ganz auf 2 Schauspieler und eine streng lineare Handlung ohne großes Bohei zu beschränken. Es ist wirklich wahr: George Clooney und Sandra Bullock sind die einzigen Menschen, die in dem Film jemals ihr Gesicht bewegen müssen, nur zu Beginn sieht man ein Crewmitglied von hinten, bei allen weiteren Einstellungen gibt es allenfalls noch Leichen von anderen Menschen zu sehen.

Die Story ist schnell erzählt (Spoileralarm): Altgedienter Astronauten-Hase und unerfahrene Wissenschaftlerin reparieren gemeinsam das Hubble-Teleskop. Eine Trümmerwolke aus versehentlich zerstörten Satelliten trifft die Crew völlig unvorbereitet und lässt o.g. Hauptfiguren alleine mit einem defekten Shuttle im All zurück, die Kommunikation ist ebenso ausgefallen. Mittels JetPak schaffen sie es zur ISS, die jedoch ebenfalls zerstört ist. Die eigentlich von den beiden zur Rückkehr vorgesehenen Sojus-Kapsel ist bereits beschädigt und würde eine Landung nicht überstehen. Zu allem Unglück muss sich an dieser Stelle George Clooney auch noch melancholisch dreinblickend opfern, damit seine Kollegin es schafft. Mit einigem Hin und Her schafft sie es, mit der Sojus von der ISS zu einer chinesischen Raumstation zu gelangen, die allerdings ebenfalls kaputt und im Absturz begriffen ist. In deren Rettungskapsel gelingt dann die Landung auf der Erde.

Und ob man es glaubt oder nicht: Ja, das lässt sich spannend filmisch umsetzen.

Neben all der Action, die die in je 90 Minuten wiederkehrende Trümmerwolke bei der Flucht zurück auf die Erde verursacht, ist der Film vor allem ein Kammerspiel mit Sandra Bullock, deren Rolle in lebensfeindlicher Umgebung ihren Lebenswillen wieder entdecken muss. An der Stelle muss ich allerdings ein kleines Minus vergeben. Denn obwohl am Schauspiel eigentlich nichts auszusetzen ist: Für eine derart filmbestimmende Hauptrolle war die Figur doch recht oberflächlich und platt angelegt. Es hätte dem Film gut gestanden, dort noch ein wenig mehr in die Tiefe zu gehen. Raum dafür war in mehrfacher Hinsicht.

Aber ich bin nicht mehr 16, mir wird vom Film nicht nur die Hauptdarstellerin im Gedächtnis bleiben. 😉

Auch wenn just die Hauptgeschichte (das dichte Trümmerfeld, die seltsam nahe beieinander liegenden Weltraumeinrichtungen) es ad absurdum führt, vermittelt der Film doch sehr überzeugend, was für ein unglaubliches Abenteuer der Weltraum noch heute ist, und welche Weite schon nicht einmal 1000 Kilometer über der Erdoberfläche herrscht. Neben der wahnsinnig subtilen Komik in einigen Situationen, die sich überraschend gut einpasst in das völlig unkomische Gesamtkonzept, hat mich vor allem auch die Umsetzung der Action fasziniert. Als die ISS durch die Trümmerwolke in ihre Bestandteile zerlegt wird, stand mir vermutlich das erste mal seit der legendären Eingangshallen-Schießerei in „Matrix“ der Mund offen. Das war so ein „BÄM! DAS ist Kunst! Nimm dies, van Gogh!“-Moment.

Darüber hinaus sei noch erwähnt, dass der Film abgesehen von den paar dramaturgisch notwendigen Kniffen tatsächlich verdammt nah an einer potenziell möglichen Realität arbeitet. Wer sich nicht zu gut mit ein paar grundliegenden Details auskennt, sollte den Film vielleicht sehen, bevor er die oben verlinkte Rezension liest. Allen anderen, die sich für den Film überhaupt inhaltlich und konzeptmäßig interessieren, wird es nicht einmal extrem wehtun, wenn sie den Ausgang des Ganzen kennen. Den kannte man bei „Apollo 13“ schließlich auch …

Im Ernst: Für mich war es ein toller Film und ich würde ihn weiterempfehlen. Aber ganz ehrlich – wirklich nur fürs Kino!

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Sash als Held der Mathematik

Mal eine Uralt-Anekdote, die in Worte zu fassen mir schon lange am Herzen liegt.

Wer mein wunderbares eBook (Ich bin nicht parteiisch, ich nehme die Amazon-Rezensionen als Grundlage für diese Behauptung!) gelesen hat, der weiß ja zumindest einmal über meine Abiprüfung in Mathe Bescheid. Das ist für mich alles andere als glorreich verlaufen und abgesehen von meiner ins Arrogante rüberdriftenden Coolness bin ich auch nicht stolz darauf gewesen. Aber ja, ich war damals mit Mathematik mehr am Ende als mit dem Latein, das ich nie als Schulfach hatte.

Eine einzige denkwürdige Woche ungefähr gab es aber in der Oberstufe, in der ich der King of Mathe war – und das kam so:

Im zweiten Mathe-Halbjahr der zwölften Klasse gab es eigentlich nichts mehr zu gewinnen für mich. Ich lag alleine beim Wissen gute zwei bis drei Jahre zurück, die mangelnde Motivation tat ihr übriges. Ich hatte es weitgehend aufgegeben. Meine schulische Leistung bestand damals im Wesentlichen daraus, dieses eine Fach immer irgendwie mit anderen auszugleichen. Es war diese leicht unterkühlte Form von Pragmatismus, die ich heute noch ganz gut kann. Zu meinem Unwissen im fachlichen Bereich gesellte sich aber mit dem Erwachsenwerden ein einsetzendes Verständnis für psychologische und systemische Rahmenbedingungen.
Und in erster Linie betraf das meinen Lehrer. Da ich nicht der einzige war, der ihn für unfähig hielt, war er es wohl. Da er, sollte er unfähig sein, kein Interesse daran haben konnte, dass das jemand merkt, würde er es vertuschen. Da ich niemals im Zeugnis 0 Punkte von ihm bekommen hatte, obwohl ich mich geradezu bemühte, war an der Theorie wohl was dran. Wahrscheinlich stimmte das wirklich. Die zwei Klausuren pro Halbjahr gab ich stets mit 0 Punkten ab, die schriftliche Note zählte 80%. Rechnerisch konnte ich damit nur auf 3 Punkte* kommen, selbst wenn ich mündlich 15 Punkte, eine 1+, gehabt hätte. Dass ich stets einen Punkt bekam, war dennoch eher ein Ding der Unmöglichkeit, da sich meine mündliche Leistung lediglich darauf erstreckte, die Hälfte der Stunden zu fehlen und während des Restes der Zeit Briefe zu schreiben.

Dann war es wieder so weit: Klausur! Ui!

An Klausuren nahm ich regelmäßig teil. Mehr noch: Ich bemühte mich diese zwei Stunden redlich und eigentlich hab ich fast all mein Mathewissen aus dieser Zeit, in der ich einfach freihand Lösungen für die Aufgaben suchte. Und dieses Mal gelang mir das überraschend gut. Klar, einen Großteil der Arbeit habe ich nicht einmal verstanden. Aber bei einer Aufgabe hab ich kurz hin und her überlegt, recht wahllos ein paar Zahlen in die Gleichung eingesetzt und ich schien ein brauchbares Ergebnis zu haben: -1 / 0,5 / 1 – das waren die Lösungen! Scheiß auf den Rechenweg, Hälfte der Punktzahl FTW!

Natürlich ging das nicht. Kaum draußen auf dem Flur ergab mein Smalltalk mit den Klassenkameraden, dass 2 / 14 / 7 und 0,75 richtig waren – oder dass sie trotz dreiseitiger Rechnung auf gar kein Ergebnis gekommen waren. So denn: Alles wie immer.

Eine Woche später stand dann unser Aushilfs-Einstein sichtlich gerührt vor der Klasse und fing plötzlich pathetisch an zu faseln, wie sehr es ihn freuen würde, dass dieses Mal – was ein Wahnsinn! – eine völlige Ausnahmesituation eingetreten wäre und er eine sehr gute Klausur vergeben könne an jemanden, der sonst nicht so sonderlich durch Durchblick auffallen würde. Ich kürze an dieser Stelle den vorhersehbaren Spannungsbogen ab: Er meinte wirklich mich. Er hob meine Leistungen bei oben erwähnter Aufgabe 3 in höchsten Tönen hervor, was offenbar tatsächlich begründet war. Ich hatte ganz ohne Witz mit meiner dilettantischen Herangehensweise die richtigen Lösungen gefunden. Noch dazu als einer von nur einer Handvoll Leuten. Einen Beweis in Form eines Lösungswegs war ich aber wie erwähnt schuldig geblieben. Deswegen gab es dafür nur die halbe Punktzahl. Wogegen ich rein aus Prinzip gleich mal protestiert habe.

Als er mir die Klausur aber überreichte, wäre mir wirklich fast schwindelig geworden: 12 Punkte! Zweistellig! Eins komma! Hätte ich die sechs Verrechnungspunkte bei Aufgabe 3 bekommen, wäre da nun ein Blatt mit einer glatten 1 vor mir gelegen. Das hatte ich seit der Grundschule nicht mehr. WTF?

Um es kurz zu machen: Das war natürlich alles Bullshit. Also ja, ich hab die 12 Punkte in der Klausur gekriegt, im Halbjahr dementsprechend 6 Punkte. Das ist somit in mein Abi eingeflossen und noch heute überprüfbar. Auch waren die Ergebnisse der dritten Aufgabe dieser Klausur wohl richtig. Da hatte ich wohl einen cleveren Einfall, wie ich das eigentlich komplexe Problem unbedarft übergehen konnte, wahrscheinlich eine Lösung, die zufällig in diesem einen Spezialfall funktioniert hat, während alle anderen sich beim schwierigen Standardprozedere aufgehangen haben.

Das wirklich abenteuerliche an jener Klausur aber war Aufgabe Nummer 5, bestehend aus fünf Teilaufgaben. Ich hatte bei selbiger nicht den Hauch einer Ahnung, nicht den Ansatz einer Problemlösung, nicht das Mindestmaß an Anstand, es wenigstens zu versuchen. Artig hab ich „gegeben“ und „gesucht“ hingeschrieben, darüber hinaus hatte ich nichts. Diese fünf Aufgaben brachten 30 von 60 Verrechnungspunkten, nach meinem mathematischen Verständnis also immerhin fast die Hälfte …
Und ich hatte bei allen die volle Punktzahl. Bei allen!

Ich hatte geschrieben:

geg: y = 4
ges: x

Mein Lehrer notierte daneben:

6 / 6

Das war das Geheimnis meines überbordenden Genies: Völlige geistige Umnachtung des Lehrkörpers. Was mich nur in jenem Einzelfall, weniger in der großen Gesamtheit überrascht hat. Im Gegensatz zu obigem Ablauf der Ereignisse weiß ich nicht mehr genau, wie das danach lief. Ehrlich! Ich glaube, ich habe es ihm sogar gesagt, aber das will ich nicht leichtfertig behaupten. Ein Lob geht raus an all die Klassenkameraden, die das wussten und es nicht genutzt haben, um eine Wiederholung der Klausur zu fordern oder dergleichen mehr. Ich war einer von wahrscheinlich tausenden – oder Millionen gar – die mal ungerecht benotet wurden. Dumm gelaufen, in dem Fall aber wenigstens positiv für mich.

Ebenso bin ich inzwischen nachsichtiger mit meinem Lehrer. Er hat es nur bedingt verdient, denn er war ein beschissener Lehrer. Von Pädagogik hatte er so viel Ahnung wie Hitler – um nur mal das naheliegendste Beispiel zu verwenden. Darüber hinaus war er aber ein zwar verschrobener, aber nicht einmal unsympathischer Mensch. Ich vermute, er hatte ein beschisseneres Leben als viele seiner ach so schlechten Schüler und außerdem hat ihm damals wirklich niemand gesagt, dass er es nicht konnte. Die Schüler nahm er – das war sicher eine Generationenfrage – als Kritiker nicht ernst, aber genauso handhabte es der Rest. Über ihn wurde immer gejammert, es wurde sich beschwert, es gingen Gerüchte um und was weiß ich. Es hat sich nicht einmal jemand anschauen wollen, was für einen Bockmist der Kerl verzapft hat, da ja kaum einer wegen ihm durchfiel (der eine Gnadenpunkt) und es in Mathe natürlich auch immer die Schüler gab, die es trotz ihm geschafft haben, weil sie es verstanden haben.
Der Mann war ein einsamer Kämpfer, dessen ganz offensichtlich einzige Freude die Mathematik war. Nur hat er die halt nie teilen können, weil wir Schüler einfach ein paar Level unter ihm waren und er das nie verstanden hat. Eine gute Rolle für einen französischen Kunstfilm vielleicht.
Ich bin ihm nicht böse, obwohl ich gerne mehr Mathe-Grundwissen hätte. Aber ich war ja wenigstens auch diese eine Woche lang mal der Held in seinem Fach. Insofern passt das schon. 🙂

–––

Abschließend aber noch der Versuch, es wenigstens pädagogisch besser zu machen als er:

Sollte das irgendwer lesen, der gerade Mathe lernen muss: Dann mach das! Mathe ist nicht wirklich scheiße, sondern eine faszinierende Sprache, um viele Grundsätze dieser Welt zu begreifen. Es ist nicht „cool“, in Mathe schlecht zu sein! Ich bin nur ein komischer Ausnahmefall, der trozdem zufrieden ist. Einen Scan meiner Gehaltsabrechnung lege ich als Abschreckung gerne bei. 😉

*Hab hier einen wunderbar passenden Rechenfehler korrigiert. Nur falls sich jemand über die Kommentare wundert.

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Lang ist’s her …

Hab gerade zufällig bei Wikipedia gesehen, dass heute eine Sonnenfinsternis stattfindet. Eine hybride, somit aber immerhin an manchen Orten totale. Und da musste ich mich spontan an DIE Finsternis hierzulande erinnern. Die heutige werden wir hier nicht einmal partiell mitbekommen. Der Kernschatten trifft lediglich afrikanische Länder, Europa hat selbst beim Teilschatten fast komplett die Arschkarte gezogen.

Bei mir ist es aber irgendwie jedes Mal noch so, dass ich mir denke: „Fuck, verpasst!“

Als Kind war ich ja nochmal astronomiebegeisterter als heute und hab tatsächlich auf oben erwähnte Finsternis am 11. August 1999 gewartet. So rund ein Jahrzehnt lang. Da war ich dann zwar (fast) erwachsen, aber vielleicht erinnern sich ja ein paar wie ich Ältere daran, was das für ein Hype damals war. Und das ja nicht zu Unrecht, wenn man ehrlich ist.

Sicher, die physikalischen Grundlagen einer Sonnenfinsternis sind jetzt nicht sooo beeindruckend, aber es ist eben recht selten und ganz sicher ein Naturschauspiel, dass man mal erlebt haben sollte.

Ich hatte es bequem damals, denn Stuttgart lag mitten im Kernschatten, eine Reise hatte ich also nicht anzutreten. Wobei ich das getan hätte. Da war ich in meinem Alter vielleicht eine Ausnahme, aber einen an der Klatsche hatte ich ja schon immer. Ich erinnere mich beispielsweise auch sehr genau an die Sonnenfinsternis in Mexico 1991. Gut, das ist nun wirklich eine etwas seltsame Story, denn damals war ich mit meinen Eltern im Urlaub und hatte an diesem Tag einen wirklich mörderischen Sonnenbrand vom Strand – und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, hab ich zudem die Röteln bekommen. Im Urlaub, krank und bewegungsunfähig auf dem Sofa liegend, prägt sich offenbar auch das Fernsehprogramm ein …

Aber eigentlich waren wir beim 11. August 1999. Wer von Euch hat sie gesehen?

Habt Ihr die Sonnenfinsternis 1999 gesehen?

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Ich bin tatsächlich mit ein paar Freunden ein wenig aus der Stadt rausgefahren. In einen Garten am Arsch der Welt – aber eben im Kernschatten. Das Wetter war durchwachsen und es gab etliche Leute, die ziemliches Pech hatten damals. Wir hatten die vielleicht bekloppteste Mischung aus Glück und Pech. Denn auch bei uns war es bewölkt. Aber nur das absolut genial genau richtige Bisschen. Die langsam vom Mond verdeckte Sonne verschwand tatsächlich hinter Wolken, allerdings hinter so dünnen, dass wir einen guten Teil der Finsternis sehen konnten – teilweise ohne Schutzbrille durch die Wolken hindurch. Die Wahrscheinlichkeit für sowas ist wahrscheinlich noch nicht einmal wissenschaftlich erforscht. 🙂

Ich hoffe, die Leute in Afrika können die Finsternis heute ähnlich gut genießen. Es ist einfach was Schönes und definitiv ein guter Anlass, mal wieder seinen Blick auf die Größenverhältnisse des Universums zu kalibrieren.

Und allen Astronomen wünsche ich ebenfalls gute Beobachtungsbedingungen und vielleicht ja neue Erkenntnisse!

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