Category Archives: Vermischtes

#000000

Momente, in denen einem selbst Stuttgart irgendwie weltoffen vorkommt …

Dieses Wochenende war ausnahmsweise mal nicht von Arbeit bestimmt. Weder bezüglich schreiben, noch gar im Taxi. In meinem Terminplan stand mitten in der Nacht (11 – 18 Uhr) eine der Familienfeierlichkeiten, die eben manchmal anfallen. In diesem Fall ein verschobenes Pfingsttreffen, das verschiedenste Teile meiner angeheirateten Familie mal wieder an einem Tisch im Garten bei Kaffee und jeder Menge selbst zubereiteter Speisen zusammenbrachte.

Da sich inzwischen die eigene Generation umfangreich der Vermehrung widmet und die Abkömlinge zwischen Gebäck und Bäumen umhertollten, haben Ozie und ich uns für die Zigarettenpausen meist einmal ums Haus verzogen, man ist sich der Problematik ja bewusst.

Und so standen wir in der gleißenden Sonne, kniffen deretwegen die Augen zusammen und nahmen mehr schemenhaft wahr, dass eine Nachbarin dieser Kleinsiedlung mit einem Altersdurchschnitt von ungefähr 70 Jahren vorgefahren kam. Zunächst wurde sie unser kaum gewahr, dann weitete sie erschrocken Augen und Mund und rief uns über die nächstbeste Hecke zu, ob alles in Ordnung sei.

„Selbstverständlich. Der Rest sitzt hinter’m Haus und trinkt Kaffee.“

gab ich vermeintlich eindeutig zurück. Das aber beruhigte die resolute Dame kein bisschen und sie trat näher, um folgendes zu erfahren:

„Ist irgendwas schlimmes passiert?“

WTF? Was sollte denn passiert sein? Offenbar waren wir als junge Menschen ihr nicht mal per se unheimlich, also …“

„Ich mein ja nur, weil Sie hier beide … und dann in schwarz …“

DER war wirklich gut! 🙂

Wir machen uns ja nicht wirklich Gedanken über unsere gemeinhin etwas monochromen Auftritte. Vor allem aber kam noch niemand bislang auf die Idee, uns (und sei’s wie hier durch die Blume) zu fragen, ob wir einer Beerdigung wegen vor Ort wären. Aber da unterschätzt man als Berliner wohl gerne die Neugier der Menschen aneinander. Auch als wir zu Tisch zurückgekehrt waren, zeigten sich die Anwesenden wenig verwundert:

„Passiert Euch das nicht ständig?“

Nein. Nicht.

5 Comments

Filed under Vermischtes

Verschiebungen des Lebens

Ich habe die Befürchtung, mein 16-jähriges Ich würde mich hassen.

Nicht unbedingt vollständig. Ich denke sicher, der 16-jährige Sash würde sich erstaunt fragen, wo ich bitteschön eine Frau fürs Leben herbekommen habe – und anerkennend nicken, wenn ich ihm die Geschichte mit der WG, der Party und dem vielen Alkohol erzählen würde, die nun einmal die Grundlage für die nunmehr über 7 Jahre andauernde Geschichte war.

Beim Thema Ehe wiederum …

Aber darum geht es mir gar nicht. Es geht tatsächlich um die Kunst.

„Ich hoffe, dass ich niemals zu den langweiligen Erwachsenen gehören werde, die nur noch ihre alte Musik hören, oder noch schlimmer: Die ganze Scheiße, die im Radio läuft!“

(meine Worte, ca. 1997)

Ganz so schlimm ist es natürlich nicht gekommen. Zwar höre ich tatsächlich nicht mehr so intensiv und bewusst Musik wie früher, das Radioprogramm jagt mir aber immer noch einen Schauer über den Rücken. Und bei aller Vorliebe für altes gruseln mich die ganzen Ü30-Parties, bei denen Steinzeit-Dancefloristen auftreten, die ich schon kurz nach der Veröffentlichung ihrer zwei einzigen Hits in die Tonne treten wollte, aus der sie herkamen. Ebenso finde ich – zwar wesentlich seltener als früher, aber eben immerhin manchmal – noch neue Musik, die ich nicht ablehne. So lange es mir gefällt oder objektiv betrachtet neu und/oder mutig ist, hat es meinen Respekt. Und nur weil ich sowas seltener finde, stimme ich keinen Abgesang auf dieses Jahrzehnt an. Die 80er waren schließlich auch gruselig und haben doch eine Reihe meiner Lieblingsinterpreten großgemacht oder zumindest mal sozialisiert.

Nein, das Schlimme mit der Musik ist – und das würde der 16-jährige Möchtegern-Punk nicht verstehen – dass sie mir nicht mehr so wichtig ist. Dass ich sie seltener bewusst höre, dass sie nicht mehr die Wahl Nummer 1 unter den Kunstrichtungen ist.

Ich hab mir diese Gedanken gemacht, als ich heute im Taxi durch Berlin gecruist bin und die Anlage auf „Ohrenputzen“ gestellt hatte. Im CD-Player die Discover my Soul von H-Blockx, meiner Meinung nach im Übrigen eine zu Unrecht verurteilte Band, auch wenn die Songs nicht gerade ein Aushängeschild der Komplexität sind.

„Wann hat sich das das letzte Mal so gut angefühlt, den Song voll aufzudrehen?“

hab ich mich bei „Life is feeling dizzy“ gefragt.

Lange nicht mehr, zugegeben.

Und ich musste mir von dem neugierigen Naseweis aus dem Jahre 1997 die Frage vorhalten lassen, weswegen ich nicht öfter mal die Stereoanlage auf Durchzug stelle.

Mit den Nachbarn brauche ich mich nicht verteidigen. Die hätten eine Abreibung verdient – auch für den ganzen Ehekrach, den ich mir ungefragt anhören muss – und nach all den Jahren in der WG weiß ich auch, dass der erste Besuch der Cops wegen Ruhestörung völlig lächerlich und kostenlos ist.

Des Rätsels Lösung ist viel einfacher: Es stört mich selbst. Musik ist eine erstklassige Geschichte, um sich – wenn möglich unter dem Einfluss diverser Drogen – zurückzulehnen und sich ganz und gar seinen Gefühlen zu überlassen. Diese Momente waren zahlreich in meinem Leben und ich habe sie nicht gänzlich abgehakt. Aber darüber hinaus hab ich so viel mehr gefunden im Lesen und Schreiben.
Ich bin nicht multitaskingfähig. Zumindest nicht grenzenlos. Einen Zeitungsartikel überfliege ich auch mal kurz bei Musik im Hintergrund. Volle Power gute Musik und gleichzeitig gute Texte lesen oder schreiben ist aber nicht drin. Und deswegen trat die Musik zurück. 1997 hatte ich nach der Ausgabe des Spiegels jede Woche und ein paar Kleinigkeiten den Kopf frei für Musik. So schön das war, so wenig betrübt mich die Tatsache, dass mich heute rund um die Uhr das Internet mit seinen zahlreichen kreativen Schreibern umwirbt und mir zudem die Möglichkeit gibt, meine eigenen Worte hundert-, ja, tausendfach unter die Leute zu bringen. Musik lenkt mich da oft ab, Musik unterfordert mich. Immer möchte ich nebenher etwas anderes machen. Lesen oder schreiben z.B., doch ich kann es nicht.

Musikern wird es umgekehrt ähnlich mit der Literatur ergehen.

Und auch wenn die Musik zunächst näher am Herzen scheint, ist es kein schlechter Tausch für mich gewesen. Immerhin setzt die Fokussierung auf das geschriebene Wort bei mir ungleich mehr kreatives Potenzial frei – etwas, das bei meiner Begabung im musikalischen Bereich nur sehr schlecht aufgehoben wäre …

Und weniger Freude an der Kunst kann ich mir nicht vorwerfen lassen. Liebenswerterweise wurde mir z.B. das Buch zur „Make good Art“-Rede von Neil Gaiman als Geschenk von meiner Wunschliste zugesandt, ein in meinen Augen wortgewaltiges Meisterwerk (hier als Video eingebettet), das mich jetzt umso mehr erfreut, wo ich es – neben dem Bett liegend – immer wieder hervorkramen und darin stöbern kann (Obwohl ich so langsam auf das Level komme, den Text auswendig zu können).
Neben so vielem anderen ebenfalls empfehlen könnte ich die zwar in die Jahre gekommenen, deswegen aber fast noch überraschenderen „Sterntagebücher“ von Stanislaw Lem, ein Buch, das die faszinierende Eigenschaft hat, umso witziger zu werden, je intelligenter und belesener man ist. Mir selbst – bislang allenfalls im Mittelfeld der Skala angeordnet – hat es mehr Spaß gemacht als das ein oder andere Konzert, das mein 16-jähriges Ich nicht missen wollen würde.

So gesehen lächele ich heute ein wenig über mein altes (junges) Ich – wie so ein drecksreaktionäres Arschloch damals.

Der Unterschied ist: Ich tue das nicht aus Gehässigkeit oder weil ich mich jetzt für einen besseren Menschen halte. Ich habe inzwischen, anderthalb Jahrzehnte später, andere Interessen. Und das ist wohl völlig normal. Ich möchte ebensowenig wieder 16 sein wie der Typ damals gerne 31 gewesen wäre. So ist das Leben.

Mein heutiges Ich hat dann aber doch einen Vorteil: Es hat sowohl auf Konzerten Stiefel in die Fresse bekommen, als auch ehrfürchtig vor schönen Worten geweint. Das betrachtend bin ich gespannt, was mein 46-jähriges Ich dereinst übers Bloggen und meine aktuellen Bücher denken wird.

Aber bevor ich mich da hineinsteigere, höre ich ein wenig Musik. Die H-Blockx-CD müsste hier irgendwo liegen …

4 Comments

Filed under Vermischtes

Drossel komm raus!

Auch wenn die Spatzen die Geschichte der Drossel schon von allen Dächern pfeifen: Der Vollständigkeit halber sei auch hier noch einmal erwähnt, dass man sich an der Petition für die Einführung eines Gesetzes zur Netzneutralität beteiligen sollte.

Das kann man hier auf der Seite des Bundestages tun.

Allen nicht so ganz mit der Netzpolitik vertrauten Lesern sei insbesondere dieser Artikel von Thomas Knüwer auf seinem stets lesenswerten Blog „Indiskretion Ehrensache“ empfohlen. Selbstverständlich arbeitet sich auch netzpolitik.org immer wieder ausführlich am Thema ab und auch einige andere Blogger (stellvertretend verlinke ich hier gerne Jörn) haben ihren Senf dazu ins Netz geschrieben.

Warum ich jetzt auch noch? Weil es wichtig ist!

Sicher, vordergründig geht es erst einmal nur um ein neues Tarifmodell der Telekom. Darüber kann man sich als Kunde vielleicht ärgern – schließlich wird’s eher teurer als billiger – aber gesellschaftlich gesehen könnte es doch kaum etwas irrelevanteres geben, oder?
Stimmt. Oben genannte Petition richtet sich entsprechend auch nicht gegen eine wie bekloppt auch immer daherkommende Preispolitik eines einzelnen Providers. Die sollen schön ihre Kunden mit dummen Tarifen vertreiben dürfen, alles kein Problem!

Wichtiger als die Abschaffung der Flatrate und eventuelle Mehrkosten für Vielnutzer ist bei den Telekom-Plänen nämlich das, was unter dem schönen Namen Netzneutralität jetzt ebenfalls der Abschaffung harrt. Bei der Telekom soll sich das zunächst so zeigen, dass man seine 75 bis ein paar hundert Gigabyte Datentransfer frei hat, spezielle telekom-eigene Dienste (z.B. im Rahmen ihrer T-Entertain-Pakete) nicht darauf angerechnet werden. Das aber ist nicht mal eben ein lustiger kleiner Marketinggag fürs eigene Programm, sondern bedeutet zum einen natürlich, dass fleißig geschnüffelt werden muss, woher die Daten kommen. Darüber hinaus kann sich die Telekom, so sie das Modell erst einmal eingeführt hat, natürlich von anderen Anbietern (z.B. Youtube) gut dafür bezahlen lassen, dass deren Webangebote auch weiterhin genutzt werden können. Das klingt so lange noch immer nach einem harmlosen Scherz, bis man sich mal vorstellt, dass kleinere Unternehmen keine Chance hätten, so einen Deal auszuhandeln. Oder Konkurrenzangebote zur Telekom, die selbige vielleicht überhaupt nicht haben will – ungeachtet des Preises.

In letzter Zeit wird die Netzneutralität immer öfter verletzt. Verschiedene Anbieter bremsen z.B. Filesharing-Angebote massiv aus und im mobilen Internet ist schon heute nicht mehr alles möglich. Anbieter wie Vodafone verbieten beispielsweise die Nutzung von Skype und Chats, so dass man gefälligst für Telefongespräche und SMS zahlt, die man sonst nicht bräuchte.

Die Einzelfälle sind aus rein wirtschaftlicher Sicht teilweise verständlich. Alles in allem gefährdet diese Verletzung der Netzneutralität jedoch das Internet als freies Medium insgesamt. Deswegen ist wirklich wichtig, dass diesem Treiben ein Riegel vorgeschoben wird. Deshalb ist es wichtig, die Online-Petition mitzuzeichnen und darauf zu hoffen, dass die Garantie der Netzneutralität alsbald Gesetzescharakter bekommt.

Auch wenn man sich vielleicht zunächst nicht betroffen fühlt: Fällt die Netzneutralität flächendeckend, könnte das bedeuten, dass unser Anbieter uns irgendwann e-Mails blockt, weil er ein Agreement mit der deutschen Post hat. Wir könnten vielleicht nur noch gegen Aufpreis zu Twitter, weil Facebook den Deal mit Vodafone hat – und unseren Freunden Links zu schicken, kann man sich auch sparen, weil man nicht sicher wüsste, ob die gerade noch die technische Möglichkeit haben, sich diese Seite anzuschauen. Es steht wirklich das Internet, wie wir es kennen, wie es uns hilft, wie es wichtig geworden ist, auf dem Spiel. Nicht bloß der Geldbeutel von Telekom-Kunden.

Deswegen: Mitzeichnen!

7 Comments

Filed under Politik, Vermischtes

Überraschungen

Man wird im Leben oft genug überrascht, viel zu selten natürlich positiv. Das aber kann ich für meinen Teil nun mal ausnahmsweise verkünden. Nachdem meine Oma vor einem Monat gestorben ist, war die Zeit lange von Beerdigung und diesen und jenen Kleinigkeiten bestimmt. Ich würde gerne schreiben, dass die Trauer einen wichtigen Raum eingenommen hat – aber im Gegenzug zum Tod meiner Mutter vor dreieinhalb Jahren kann ich das nicht wirklich behaupten. Die Trauer um den Verlust meiner Oma hat sich in den letzten Jahren hier und da eingeschlichen, in denen sie immer mehr und mehr ihres Lebens an die Demenz verlor, zusätzlich gebeutelt durch Krebs und das ein oder andere Altersleiden kleineren Ausmaßes.
Ich war mir bei dieser Behauptung immer unsicher, aber jetzt, da es soweit war, konnte ich tatsächlich sagen, dass in diesem Fall der Tod die vielbeschworene Erlösung war und ich zumindest versucht habe, ihr das zu gönnen. Gerade weil sie in ihrem Leben viel für mich und andere getan hat, war es schön zu wissen, dass ihr zunehmendes Leiden nun ein Ende gefunden hat. Und ich hoffe sehr, dass es bei mir dereinst schneller gehen wird.

Aber selbstverständlich war der Tod meiner Oma nicht wirklich eine positive Überraschung. Ich mag ja bisweilen überpragmatisch sein, aber ganz so schlimm ist es um mich dann doch nicht bestellt. Ein Tod ist aufgrund seiner Endgültigkeit natürlich immer irgendwie tragisch.

Da ich die ganzem Ereignisse von Berlin aus mit einer gewissen Distanz betrachten muss, war ich nun aber tatsächlich dahingehend überrascht, dass wohl tatsächlich noch ein Erbe anfällt. Dass ein gewisses Vermögen vorhanden war, war mir zwar bekannt – allerdings haben Heim und sonstige Kosten im Laufe der Jahre dann doch an all dem genagt, so dass ich fast schon erwartet hatte, am Ende sogar noch die ein oder andere Rechnung zu begleichen, bzw. dass allenfalls ein Taschengeld übrig bleiben würde. Das allerdings scheint nicht zu stimmen.

Nachdem ich nun den Abschlussbericht ihrer Betreuerin gelesen – und dabei zufrieden festgestellt habe, dass offenbar wirklich allen Aufgaben Sorge getragen wurde – scheint doch selbst nach Begleichung der Beerdigungskosten und der Grabpflege für die nächsten Jahre ein in meinen Augen stattlicher Betrag übrig zu bleiben. Zwar ist bis jetzt vieles bezüglich weiterer Kosten und der Verteilung des Erbes noch unklar, aber rein nach den gesetzlichen Regelungen könnte es sein, dass ich demnächst einen Betrag erhalte, der immerhin mehrere Monatslöhne umfasst. Nichts, was einen große Sprünge machen lässt, doch aber eine erhebliche Erleichterung für jemanden wie mich, der nach wie vor ein festes monatliches Budget für Schuldenrückzahlungen hat (die sich dadurch aber vermutlich wirklich mal erledigt hätten).

In Anbetracht der Umstände kann ich mich darüber wirklich sehr freuen. Neben der traurigen Tatsache, dass ich meiner Oma dafür nicht mehr danken kann, bedauere ich vor allem die Pfleger und Zivis bei ihr im Heim. Denn so wie ich sie gekannt habe, wäre das Geld sonst im Laufe der Zeit bei ihnen gelandet – und das nicht zu unrecht.

Deswegen ist das gerade alles nur unverhofftes Glück für mich. Aber diesbezüglich hat meine Oma es schon früher immer voll rausgehabt, ich war ein Narr zu glauben, dass sich das mit ihrem Tod ändern würde.

Bleibt nur noch das eine – wie bei allen Verstorbenen zu selten gesagte – Wort übrig:

Danke!

3 Comments

Filed under Vermischtes

Eingetütet

Ich weiß, ich schreibe ein bisschen viel über Zahnarztbesuche im letzten halben Jahr. Das ist aber nicht weiter verwunderlich, schließlich habe ich ein bis zwei davon monatlich. Wem das trotzdem auf den Keks geht, der kann sich jetzt ein wenig freuen – obwohl es schon wieder darum geht. Denn: Ein großer Teil davon ist abgeschlossen.

Gestern morgen war mein letzter Besuch auf hoffentlich lange Zeit beim Kieferchirurgen. Nach der Aktion letzte Woche stand nun noch das Ziehen der Fäden an und das war mit grob geschätzten 40 Sekunden im Behandlungszimmer der wohl kürzeste Zahnarzt-Besuch aller Zeiten. Was das angeht, setzt der sehr sympathische junge Mann dort wirklich Maßstäbe. Egal, was gerade ansteht: Sobald er im Raum ist, erfolgt keine halbe Minute später die Behandlung. Ob es nun nur ums Fädenziehen geht, das Setzen von Betäubungsspritzen oder gar die Extraktion von – wie bei mir zuletzt – sechs Zähnen. Chef ist da da – es geht los!

Ich glaube, vielen Leuten würde das nicht behagen – ich als Schisser und Weichei finde es klasse. Bevor man auch nur auf die Idee kommt, Panik zu schieben, ist man schon mittendrin. Im heutigen Fall war es so schnell vorbei, wie es angefangen hat:

„Setzen Sie sich doch hin und Mund auf, aha, sieht gut aus, Achtung, dass zieht jetzt kurz, aha, aha, oh, aha, so, das war es schon. Das war dann wahrscheinlich der letzte Termin hier, warten Sie bitte draußen noch kurz, wir geben ihnen noch einen Brief mit.“

Bei den „aha“ hat er Luft geholt, glaube ich.

Das Ganze wäre keine absurde Posse meines Alltags, wenn es das gewesen wäre. Denn ich, treudoof und wie jedes Mal angenehm beeindruckt – setze mich und warte. Auch am Tresen sind sie in dieser Praxis regelmäßig schnell. Doch Patient um Patient wird vor mir reingewunken.
Nach vielleicht 25 Minuten gehe ich mal zu den Herlfern und frage nach, ob sie meinen Brief vielleicht vergessen haben. Ist nicht böse gemeint, nur weil sie sonst doch so schnell sind …

„Der Brief? Ach. Den hab ich doch schon eingetütet. Den schicken wir doch …“

„Aber es hieß, ich solle warten.“

„Oh. Hmm. Blöd. Wollen Sie ihn gleich mitnehmen?“

„Nö, schicken Sie ihn ruhig wie geplant. Dann vergess‘ ich das schon nicht.“ 🙂

Zugegeben: Wenn der Termin schon nur 40 Sekunden (mit Wartezeit viereinhalb Minuten) dauert, wartet man ungern eine halbe Stunde umsonst. Bei meinem Zahnarzt in Stuttgart waren jedoch trotz Termin anderthalb Stunden Vorlauf keine Seltenheit. Und Fehler passieren sowieso immer mal wieder. So gesehen hab ich mich da trotzdem sehr gut aufgehoben gefühlt und bereue es auf eine sehr komische Art und Weise sogar, dass ich nun das letzte Mal da war.

Im Nachhinein bleibt also nur zu sagen, dass es echt eine gute Praxis ist, auch wenn ich froh bin, es hinter mir zu haben. Ehrlich.

Praxis Dr. Fischer und Dr. Schüler
Mehrower Allee 34
12687 Berlin

2 Comments

Filed under Vermischtes

Die Ersten …

In den letzten Tagen ist Mars One ein wenig durch die Medien gegangen. Zu Recht, wie ich finde. Ist es doch zweifelsohne derzeit das einzige Vorhaben, die Menschheit einen Schritt voranzubringen, über den man sich bisher noch nicht einmal im Ansatz Gedanken machen konnte: Das dauerhafte Verlassen des Planeten Erde.

Man darf natürlich skeptisch sein. Nicht nur bezüglich des Projektes selbst, dessen Ziele wahrlich überambitioniert erscheinen. Nein, auch ob der Idee, tatsächlich die Erde zu verlassen. Nicht nur, weil es hier so schnuckelig ist, sondern weil es natürlich eine Menge gesellschaftliche Fragen aufwirft, inwiefern die Menschheit reif dazu ist, alleine mit dem Gedanken umzugehen, dass sie mehr als diesen Planeten zur Verfügung zu haben. So sehr man anerkennen muss, dass wir immerhin ein paar Fortschritte machen, so bleibt doch bezüglich unseres eigentlichen Planeten eine verheerende Bilanz, was unser bisheriges Wirken angeht.

„Vielleicht wäre es besser, wenn die Menschheit sich selbst auslöscht, bevor sie in der Lage ist, den Planeten zu verlassen.“

Diesen Satz hab ich pessimistisch vor etwa 15 Jahren irgendwo notiert und er ist mir nicht mehr aus dem Gedächtnis gegangen. Und darüber nachzudenken lohnt sich sicher immer noch.

Abgesehen vom Nachdenken über unsere (zumeist) negativen Beeinflussung der Umwelt stellt sich bei einem Konolisationsprojekt natürlich auch eine wichtige gesellschaftliche Frage: Was bedeutet es für das Leben auf der Erde, wenn Menschen mit einem gewissen Einkommen notfalls die Möglichkeit haben, diesen Felsbrocken zu verlassen?

Alles spannend, aber das wollte ich gar nicht wirklich vertiefen. Da fehlt mir ganz ehrlich gesagt auch einiges an Grundwissen. Für mich als Laien viel interessanter ist die Frage, wie man sich auf eine Mission bewerben kann, die zwar historisch ohne Vergleich ist, dennoch den Abschied von ALLEM darstellt, was einem bislang noch als Gewissheit dienen konnte.
Die ersten Missionen von Mars One wären nämlich – zumindest voraussehbar – Einwegmissionen. Reisen zum Mars ohne eingeplante Rückkehr. Und damit so ziemlich die völlige Isolation von all dem, was man bislang kannte. Natürlich sind wir in der Lage, mit dem Mars und eventuell dort wohnenden Menschen zu kommunizieren. Aber die Entfernung von ca. 50 bis 350 Millionen Kilometern erschwert die Sache enorm. Vom Gedanken, dorthin zu telefonieren, kann man sich verabschieden, denn jede Antwort auf eine Nachricht würde etliche Minuten Wartezeit benötigen – und wir kommunizieren bereits mit der höchstwahrscheinlich schnellstmöglichen Geschwindigkeit – der Lichtgeschwindigkeit.

Darüber hinaus viel wichtiger: Kann sich überhaupt irgendwer vorstellen, den Rest seines Lebens außerhalb unserer Zivilisation zu verbringen? Da mag die künftige Station auf dem roten Planeten noch so gut ausgebaut sein und die Besatzung mit 40 Leuten vergleichsweise hoch: Nie mehr fremde Menschen treffen? Wirklich nie mehr?

Ich bin ja wirklich ein lichtscheuer Geselle und würde mich als Einsiedler bezeichnen. Aber zum einen hab ich immer noch das Internet, zum anderen habe ich die Gewissheit, mein Leben jederzeit ändern zu können. Wie muss es sein, nach drei Jahren festzustellen, dass alle 39 restlichen Mitbewohner auf meinem Planeten Idioten sind und man trotzdem nie wieder jemand anders zu Gesicht bekommt? Egal, was man macht …
Ich muss ehrlich sein: Ich glaube nicht daran, dass es Menschen gibt, die WIRKLICH bereit sind, diesen Schritt zu wagen.

Auf der anderen Seite kann ich nicht verleugnen, ein Interesse an der Sache zu haben. Und erst recht habe ich Bewunderung übrig für die Leute, die diese Aufgabe auf sich zu nehmen bereit sind. Und ich kann nur hoffen, dass niemand je dieses Risiko einzugehen gedenkt aufgrund eines Star-Ruhmes, von dem einem am Ende – auf dem Mars! – überhaupt nichts bleibt.

Man sieht also: Zu den entscheidenden Fragen, die diese geplante Mission mit sich bringt, will ich mir keine Meinung erlauben. Zu schwierig ist das Thema.
Sollte das Ganze allerdings tatsächlich irgendwann einmal Gestalt annehmen und durchgeführt werden, dann muss ich zugeben, dass die mitwirkenden Menschen, insbesondere natürlich die Astronauten, meinen Respekt haben. Denn gegen das bei Mars One geplante ist objektiv gesehen selbst die Mondlandung unwichtig und allenfalls ein halbgarer Versuch ohne nennenswerte Auswirkungen gewesen – so leid es mir für die Pioniere damals tut.

Vielleicht leben wir tatsächlich in einer Zeit, in der eine der größten wissenschaftlichen Leistungen vollbracht werden wird. Ich bin gespannt.

18 Comments

Filed under Medien, Vermischtes

Nu isses raus!

Raus? Was? Na zumindest mal mein halbes Gebiss. Und dank des unterwürfigen Gewinsels bei den Betäubungsspritzen auch meine Selbstachtung – aber sei’s drum!

In einem Anflug von organisatorischer Super-GAUness hatte ich den Zettel verlegt, auf dem stand, wann mein zweiter Zahnarzttermin zur Entfernung der kaputten 6 Zähne auf der rechten Seite ist. So Pi mal Daumen wusste ich, es war irgendwann am Wochenanfang Mitte Mai. Langzeitstudenten lachen über derart akkurate Planung, ich war das ganze Wochenende ein wenig hibbelig:

„Hab ich den Termin jetzt diese Woche, und vielleicht echt schon am Montag?“

Ich hätte am gestrigen freien Abend nach einem anstrengenden, aber sehr schönen, Wochenende gerne einfach ein paar Bier in den Morgenstunden getrunken und feierlich ausgeschlafen. Stattdessen war da dann ein eher verkrampftes Warten auf 8 Uhr – viel zu spät, ich war müde! – um umgehend beim Zahnarzt anzurufen. Und immerhin: Es war gut so.

„Ich muss gestehen, ich weiß nicht mehr genau, wann mein Termin bei ihnen war …“

„Um 9 Uhr.“

Gut, dass wir das Internet haben und ich nicht auf Verdacht erst um 9 Uhr zum Telefonhörer griff. 60 Minuten nach meiner Frage etwa setzte der Chirurg mit den Worten „da ist es besonders unangenehm“ die fünfte von sieben (oder waren es neun?) Betäubungsspritzen – ein Vorgang, der in mir die niedersten Instinkte zu wecken vermöchte. Vor einem Jahr noch zahnarztscheu lasse ich mich ja inzwischen beim normalen Bohren grundsätzlich ohne Betäubung behandeln. Das tut zwar auch mal ein bis zwei Minuten lang höllisch weh, aber meine Schmerztoleranz ist eben auf unterschiedlichen Gebieten unterschiedlich ausgeprägt. Und ich ziehe Bohren am offenen Nerv dem Stechen ins Zahnfleisch vor. Klingt irrational, ist für mich aber angenehmer.

(Im Übrigen ist das nicht eine pauschale Angst vor Spritzen. Ich mag sie nicht, ja. Aber nach meinem Beinbruch vor ein paar Jahren hab ich mir selbst welche in den Bauch setzen können und ich kipp auch beim Blutabnehmen nicht um. Im Mund geht halt gar nicht!)

Nachdem das erledigt war, bin ich eigentlich recht entspannt auf den Behandlungsstuhl gekraxelt. Dass der Rest easy werden würde, war mir klar. Im Grunde war ich eher versucht, einzuschlafen als nervös zu werden. Zu meinem Erstaunen fragte mich der Arzt, ob ich weniger rauchen würde, was ich verneinte. Im Gegenteil: Nach der letzten Zigarette vor der Praxis hatte ich mich noch geärgert, dass ich keine Bonbons mehr zum Überdecken hatte. Ich vermute, das hat dann die Tomatensuppe vom letzten Abend erledigt, bzw. die etwa 6 Zehen Knoblauch darin.
Ganz schmerzfrei ging der eigentliche Teil des Spektakels dieses Mal nicht vonstatten – obwohl selbst meine Nase zur Hälfte taub war – am Ende stand ich aber trotzdem nach kaum 45 Minuten im Gang und hab auf die Frage, ob es mir gut ginge, eloquent geantwortet, dass das zwar der Fall sei, mir aber just das Sprechen über diesen Umstand in Anbetracht von Schwellungen, Betäubung und Tupfern im Mund ein bisschen schwerfallen würde. Ich glaube, meine Wortgewandtheit wird von Ärzten wesentlich weniger geschätzt als von der Durchschnittsbevölkerung.

Die letzten 10 Stunden waren hart. Mal abgesehen von den psychischen Problemen, die das Essensverbot nach Zahnarztbesuchen jedes Mal bei mir auslöst, hatte ich mit der Zeit wirklich wirklich schlimme Schmerzen. Warum sie dort in der Praxis nicht einmal Rezepte für Ibuprofen 800 ausstellen, hab ich noch nicht rausgefunden. Die 400er, die sie stattdessen verschreiben (obgleich rezeptfrei billiger zu bekommen), nehme ich bei leichten Kopfschmerzen. Nach zweien davon konnte ich wenigstens schlafen.

Gut, jetzt bin ich wieder mehr oder weniger wach – vor allem aber (nach noch einer Tablette) schmerzfrei. Damit sollte ich das Wildeste hinter mir haben, ab jetzt geht es bergauf. Ein oder zwei kleinere Bohrereien an einem anderen Zahn werden nächsten Monat noch folgen, dann ist der unangenehme Marathon mit den Beisserchen wohl erst einmal vorbei für mich. Dann geht es noch an den Ersatz für das, was heute unter großem Knirschen aus meinem Kiefer entfernt wurde. Ich vermute, das wird halb so wild.

Und meine Uhr sagt mir gerade, dass es jetzt Kartoffelpüree gibt. Und das wird auch Zeit. Eigentlich wollte ich ja heute morgen vor dem Schlafengehen, vor 12 Stunden, noch kochen.

2 Comments

Filed under Vermischtes