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Glückwunsch, Titanic!

Rechtsstreitigkeiten hat sich das Satiremagazin Titanic in den vergangenen Jahrzehnten ja einige eingefangen. Und aus den meisten sind sie siegreich, in der Regel aber wenigstens ein bisschen populärer als zuvor herausgekommen. Das werte ich persönlich als Zeichen dafür, dass man noch nicht alle Hoffnung aufgeben muss in dieser Gesellschaft. Denn – auch wenn es manchmal ausgelutscht wirkt – am Ende halte zumindest ich es immer noch mit den Worten Tucholskys von 1919:

„Was darf die Satire? Alles.“

Gerade in einem Fall wie dem vorliegenden. Die Titanic hat dem Gewand des Papstes einen gelben Fleck verpasst und in Anspielung auf die Vatileaks-Diskussion „Die undichte Stelle ist gefunden!“ darüber getitelt. Gut, das kann man natürlich geschmacklos finden. Aber an und für sich ist es ein so billiger Witz, dass ich mit Sorge auf Papa Ratzi schaue, wenn er sich von so etwas persönlich angegriffen fühlt. Schließlich führt der Mann ein weltweit bekanntes Amt, vertritt Positionen, die von Milliarden Menschen nicht nur geteilt, sondern mindestens genauso oft eben angezweifelt, angegriffen, kritisiert, persifliert, verballhornt und lächerlich gemacht werden. Und seine Person oft genug ebenfalls. Und nun malt ihm ein für Provokationen bekanntes deutsches Käsblatt einen gelben Fleck auf die Hose und alle Würde ist hin?

Das ist – und ich sehe keinen Grund, weswegen mir da nicht sogar Katholiken zustimmen sollten – doch wohl ein schlechterer Scherz als der der Titanic selbst.

Dem Magazin wird es wie immer gut tun, einen Rüffel vom heiligen Vater persönlich fängt sich ja auch nicht jeder ein. Das ist ein PR-Erfolg, ein Ritterschlag sondersgleichen. Die Titanic spielt das Spiel lange genug und die eilige Antwort auf die Unterlassungserklärung, es handele sich bei dem Fleck um Limonade, der Papst sei schließlich bekannt als Freund von Fanta, zeigt wohl auch, dass sie sich nicht ernstlich Sorgen machen. Ich als Laie vermute auch, dass sich der Herr Ratzinger mit dieser Aktion abseits des heiligen Stuhls eher in die Nesseln setzt.

Stände dem alten Herrn gut zu Gesicht, das Diesseits nicht so ernst zu nehmen, sein Spezialgebiet ist ja ohnehin eher die andere Seite. Da darf Satire nicht alles und da wird er sich auch sicher nicht mit Titanic-Redakteuren rumschlagen müssen.

Die allerdings haben jetzt Grund zur Freude und ich persönlich gönne es ihnen. 🙂

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Die immergroße Debatte

Jetzt hab ich bei GNIT schon ganz nebenbei einmal mehr die Büchse der Pandora geöffnet und „Soja“ gesagt. Sogar in einem leicht als negativ misszuverstehenden Kontext. Die große Debatte übers scheinbar so elementare Thema „Fleisch oder nicht Fleisch?“. Je nachdem, wo man sich gerade befindet, triggert man haufenweise Mitmenschen mit an sich harmlosen Vokabeln wie Fleisch, Soja, vegan, Tierprodukte etc.

Und wäre es nicht so traurig, dann müsste man darüber lachen, mit welcher Absurdität die Debatte geführt wird. Man glaubt oft, keinerlei rationale Stimmen würden dabei jemals auftauchen, gefühlt melden sich immer entweder Veganer zu Wort, die der Meinung sind, man sei per se ein schlechter Mensch, sobald man mal versehentlich eine Obstfliege einatmet – oder aber über Nacht zu Grillfleisch-Fetischisten gewordene Spinner, die glauben, „Floisch is goil!“ sei irgendwie ein legitimes Diskussionsargument.

Aus meiner Sicht sind beide Ansatzpunkte ein wenig dämlich, aber ich sage vorweg, dass ich wesentlich mehr mit den Veganern sympathisiere – obwohl ich nicht einmal vegetarisch lebe.
Es gibt eine Menge Gründe, sich vegan zu ernähren. Gesundheitlich wohl eher begrenzt viele, ethisch mehrere und ökologisch einen ganzen Haufen. Dämlich per se ist es jedenfalls kein Bisschen. Für den Fleischkonsum sprechen rein rational betrachtet wesentlich weniger Gründe. Das ist so und das mag uns Fleischessern nicht gefallen, emotional nicht gefallen. Aber es ist so. Punkt! Und man sollte akzeptieren, dass eine typische Gesundheits-Vitamin-B12-Mangel-Anklage auch nur begrenzt glaubhaft ist, wenn man sie mit Kippe im Mund und Bier in der Hand führt.

Und da sind wir beim Thema, das ich diesbezüglich eigentlich ansprechen wollte: Das Schwarz-Weiß-Denken. Das ist das eigentlich gruselige daran. Denn ich hoffe, wir können uns alle darauf einigen, dass wir mehr oder minder vernünftige Menschen sein wollen. Das ist sicher nicht immer gleich stark ausgeprägt und jeder setzt sich andere Ziele, aber ich setze als Diskussionsgrundlage voraus, dass wir alle ein Interesse daran haben, möglichst wenig Schaden anzurichten und den Planeten Erde in möglichst vollumfänglicher Vielfalt noch ein paar Jahre zu erhalten. Schon alleine, weil wir bisher keinen zweiten in Aussicht haben.

Auf der anderen Seite – und diese Kritik geht an viele Veganer raus – haben wir alle auch Interesse an einem menschenwürdigen Leben und, ob uns das ideologisch passt oder nicht, das lässt sich beim derzeitigen Stand der Dinge nur durch gewisse Eingriffe in die Natur durchsetzen. Auch das ist so. Punkt! Denn selbst wenn wir uns entschließen, uns nur noch nackt im Wald von Beeren zu ernähren und versuchen, dabei keine Ameisen kaputtzutreten, wäre das mit der derzeitigen Zahl an Menschen nicht vernünftig umsetzbar – und nicht weniger müssten wir tun, um WIRKLICH und ABSOLUT perfekte Menschen im Einklang mit der Natur zu sein. Und da steht die ethische Frage, was die Beeren dazu sagen würden, noch außen vor …

Rein von der Energiebilanz her ist Tierzucht Wahnsinn. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass Soja diesbezüglich nicht perfekt ist. Oder andere Nutzpflanzen. Wir täten in Anbetracht der Tatsache, dass wir ernstliche (und nein, nicht umstrittene!) Probleme mit unserem Heimatplaneten haben, gut daran, nicht ständig Tiere großzuziehen, um sie zu essen.

Andererseits würden wir es auch ohne Tierzucht schaffen, die Erde zugrunde zu richten. Wir Menschen sind ja gut darin, Mehrfrontenkriege zu führen. Wir verschmutzen die Welt durch Müll, verbrauchen ausgerechnet seltene Rohstoffe besonders schnell und verhalten uns alles in allem nicht gerade so, als ob wir an unserer eigenen Zukunft überhaupt ein Interesse hätten.

Aber: Wo liegt letztlich die Grenze? Und wer sagt mir, dass diese Grenze die richtige ist? Je mehr, desto besser! Das will ich festhalten. Und deswegen hege ich Bewunderung für die Menschen, die bei der eigenen Ernährung mehr Kompromisse machen als ich. Aber das heißt nicht, dass sie zwingend bessere Menschen sein müssen. Manch Veganer verbraucht mehr Strom als ich, fährt mehr (hier vor allem: unnötiger!) Auto als ich, fliegt gelegentlich, produziert mehr Müll oder ist ein Arschloch, das gerne Konflikte zwischen den Menschen schürt. Wie viele Portionen Rinderhack sind eine Tonne Erdöl wert? Gibt es da eine ernstliche Kenngröße? Nicht einmal CO2 kann die wirklich bieten! Wir werden allesamt niemals perfekt sein, nicht in dieser Zeit, nicht mit unserer Psyche und unserem Entwicklungsstand!

Und auch wenn derzeit die Streitereien meist zwischen Bienenhonig und Hefe geführt werden – ist es weniger willkürlich, die Grenze zu einem „guten“ Leben zwischen Bakterien und Viren oder doch zwischen Fisch und Ente zu führen?

Da landen wir dann letztlich bei der ethischen Frage, der Frage nach dem Wohl der Tiere. Das bietet natürlich am meisten Konflikte, denn hier werden die Fakten dünner und die Überzeugungen übermächtig. Wir landen hier letztlich immer bei philosophischen Fragen, die nicht ohne Grund nur teilweise überhaupt klärbar sind.

Da ich – wie eingangs erwähnt – auch Fleisch esse, habe ich kein moralisches Problem mit dem Töten von Tieren. Ich weiß, das tut manchen jetzt weh, aber es ist so. Das hat jedoch eher weniger mit Speziesismus zu tun. Ich für meinen Teil erachte einfach einen schnellen Tod als nicht schlimm. Irgendwann stirbt jedes Lebewesen und als Atheist bin ich fest davon überzeugt, dass der Tod an sich einem Individuum selbst nicht in seiner wesentlichen – nämlich geistigen – Existenz stören kann, da diese umgehend beendet ist. Ihr mögt meine Theorie nicht teilen – dann solltet ihr Veganer werden! – aber ich bin davon überzeugt, dass der Tod eher ein soziales Phänomen ist, das in seiner zweifelsohne existenzbedrohenden Fiesheit eigentlich nur die Hinterbliebenen betrifft. Für mich selbst spielte es keine Rolle, würde ich umgehend tot umfallen. Und dann soll man mich meinetwegen auch essen, da bin ich pragmatisch und unterscheide eben nicht zwischen mir und einem Rind. Schwierig wird es erst dadurch, dass damit Zukunftspläne zerrissen werden, Beziehungen zerstört, die psychische Gesundheit anderer beeinträchtigt.
Und ganz ehrlich: Soweit mir bekannt ist, sind solche Phänomene im von uns so bezeichneten Tierreich bisher unbekannt. Ich bin aber auch jederzeit bereit, das Töten dort zu verbieten, wo solch ein Sozialverhalten bekannt wird. Ehrlich!

Mal im Ernst, Leute: Wir sollten ressourcenbewusster leben! Wir alle, und je mehr, desto besser! Insofern ist Veganismus eine verdammt gute Idee! Und sie wird nicht ein Jota schlechter, nur weil Fleisch gut schmeckt. Das finde ich ja auch, aber es ist auch wirklich dumm (und ja, ich meine: abgrundtief dumm!) zu behaupten, es gäbe keine Alternativen! Natürlich ist purer Tofu kein Kobe-Steak vom Geschmack her! Und es ist Blödsinn, dass ein paar wirklich ultrablöde Veganer das behaupten. Aber ebenso ist ungewürztes Hackfleisch kein Vergleich zu Tofu in einer Marinade aus Bier, Sojasauce und Habanero-Chilis. Gewöhnung alleine ist kein Qualitätsmerkmal und das kann ich mit gutem Gewissen behaupten. Ich habe strikte Anti-Vegetarier gesehen, die mich für das vegane Hochzeitsbuffet von Ozie und mir gelobt haben und entgegen aller Vorurteile lebt man als Veganer nicht jenseits von Schokotorte und Spaghetti Bolognese. Man muss bloß seinen Blickwinkel ein wenig weiten und offen sein für Experimente.

Und darin muss keinerlei Einschränkung liegen. Es kann auch einfach eine Bereicherung sein. Ich z.B. habe seit langem Räuchertofu liebegewonnen als leckeren Brotbelag. Der schmeckt anders als Schinkenwurst, keine Frage. Aber ich esse ihn auch sehr gerne und kaufe deswegen trotzdem am Ende weniger Schinkenwurst. Und das ist doch mal ein Anfang, oder?

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Speed zum Chillen

Ich weiß, die Überschrift impliziert üble Dinge. Aber um Drogen soll es gar nicht gehen. Nachdem ich gestern über meine Arbeitszeiten referiert habe und mir nochmal vor Augen gehalten hab, was ich gerade alles so am machen und tun bin, habe ich beschlossen, mal wieder etwas ganz seltsames zu tun: Abschalten!

Jetzt lasse ich mich am PC aber genauso gerne hetzen wie runterbringen. Natürlich lese ich mal in Ruhe ein paar Texte oder sehe mir etwas an. Aber am Ende registriere ich doch jede eingehende Mail, jeden Tweet, Kommentar etc. So ganz links liegen lassen geht nicht. Normalerweise. Aber jetzt am Wochenende hab ich dann einfach mal Windows hochgefahren. Im normalen Leben benutze ich Ubuntu, aber ich hab – nur zum Zocken – noch eine kleine Insel mit Win XP bei mir auf der Platte liegen. Und ein System mit einem so alten und nie gepflegten Betriebssystem lässt gar nicht erst den Wunsch aufkommen, sich ernsthaft ins Internet zu wagen. Auch ohne auf diesem System was zu verlieren zu haben, habe ich besseres zu tun, als mich um Virenbekämpfung zu sorgen. Deswegen nutze ich ja Linux.

Und dann habe ich einfach ein paar Stündchen (nicht am Stück) Trackmania gezockt. Hektisch herumrasend und innerlich entspannt. Keine Nachrichten, keine Anfragen, einfach nix außer bunten Bildchen. Lange her, dass ich das das letzte Mal gemacht habe, zumindest hat es sich so angefühlt. Sollte ich zukünftig vielleicht auch mal wieder anders halten. Aber wie man sieht: neben aller Mühe ist schreiben trotzdem auch notwendig. Das hier ist ja nicht grundlos ein Blogeintrag.

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Arbeitszeiten

Im Rahmen meiner von außen betrachtet recht niedlichen Angewohnheit, mir das Leben schwer zu machen, habe ich echt was lustiges geschafft: Zum einen hab ich einen recht gewöhnlichen Job. Dessen Vorteile sind bekanntlich sowohl, dass meine Zielgruppe irgendwie jeden Bewohner oder Besucher von Berlin beinhaltet, als auch dass ich sehr flexible Arbeitszeiten habe. Zum anderen schreib ich nebenher (verwirrenderweise ja viel über meinen Job) und dank glücklicher Umstände sorgt das für ein paar Talerchen extra, die ich weitgehend in die Vermeidung von Arbeit investiere. Für sich gesehen ist da erstmal nichts widersprüchliches dabei, es resultieren aber lustige Verknüpfungen daraus:

Je mehr ich schreibe, desto weniger arbeite ich. Und: Je mehr ich schreibe, desto mehr Leute rufen mich als Taxifahrer an.

Ergo: Je weniger ich arbeite, desto mehr Leute wollen mich bei der Arbeit!

Bedenkliche Ausmaße nimmt das noch nicht an, aber ich sollte so langsam mal irgendwie meine Arbeitszeiten besser kommunizieren, denn in letzter Zeit bin ich doch einige Male angerufen worden, während ich an meinem Schreibtisch saß. Von allen Leuten, die nachts Anrufe von Betrunkenen kriegen, bin ich sicher noch der gefassteste, aber da die meisten ja doch eher ein Taxi als ein lustiges Schwätzchen wollen, ist das natürlich ein bisschen doof.

Leider entscheide ich wirklich sehr oft spontan, ob ich arbeite oder nicht, aber bevor ich eine endgültige Lösung finde, hier meine derzeitigen Haupt-Arbeitszeiten:

Donnerstag: 20 – 2 Uhr (manchmal)
Freitag: 20 – 6 Uhr (fast immer)
Samstag: 20 – 6 Uhr (fast immer)
Sonntag: 20 – 1 Uhr (wenn es sich nicht vermeiden lässt, also eher selten)

Außerhalb dieser Zeiten hab ich jetzt schon eine ganze Weile nicht mehr im Taxi gesessen, da ist es also nahezu ausgeschlossen, mich zu erwischen.

PS:
Ich weiß, sieht ganz schön luschig aus. Vom Taxifahren her ist es das auch. Aber wenn ich meine Schreiberei mit allem Nebengedöns draufpacke, dann hab ich eine 80-Stunden-Woche, manchmal auch mehr. Und mein Einkommen bleibt meist dreistellig, also ruhig Blut! 🙂

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Time of my life

after school I took my chances
continued (to) do the things I love
now I find that I was right
I’m 26 and still I
do what I want to

(H-Blockx, 1999, „Bang Boom Bang„, Time of my life)

Eine wahrlich zu schöne Strophe, ein schönes Lied und hoffentlich dauerhaft der Soundtrack meines Lebens. Ein bisschen jugendlicher Leichtsinn und dennoch die Erkenntnis: Nein, verdammt: Ich bin schon alt genug, aber ich stehe immer noch zu meinen Entscheidungen. Und die 26 Jahre hab ich ja nun auch schon deutlich hinter mir gelassen.

Kurz bevor dieses Album rauskam, war das Jahr meines Lebens 1997. Obwohl ich während dieses Jahres allein in ungefähr ein Dutzend Mädels ebenso überschwänglich wie unglücklich verliebt war, war es eine geile Zeit mit vielen Parties, Konzerten neuen Freunden und und und. Geschworen hatte ich mir damals, alle folgenden Jahre am Jahr 1997 zu messen und einige Briefe von 1998 ziert noch das Datum „1997 (2)“

Nun, die Zeit bleibt nicht stehen und wesentlich mehr als damals sollte eigentlich klar sein, dass das Leben kein Ponyhof ist und man nicht immer nur machen kann, was man will. Vielleicht. Aber ich krame an dieser Stelle – sicher zum Stolz meiner Deutschlehrerin – nach den Worten des Faust: „Allein mir fehlt der Glaube“ und halte mich einfach nicht an diese Regeln.

Nett zu zweit kochen, Fischstäbchen zum Frühstück, ein großes Geschenk freudig auspacken, einfach mal die Arbeit absagen und nebenbei noch lobende Post von einem Helden der eigenen Jugend bekommen. So sah mein gestriger Tag aus. Das Fußballspiel, so spannend es war, war für mich nur das i-Tüpfelchen auf einem Tag, an dem ich selten mehr als meine Boxershorts getragen habe und an dessen Ende ich zufrieden ein paar Zeilen niederschreibe, während es sich in meinen Fingern anfühlt, als würde ich irgendwas ungleich erhabeneres machen als mal eben zu bloggen oder eine Buchgeschichte zu vollenden. Es gibt ein Wort dafür: Hach!

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Als ich ein Arschloch war …

Im Allgemeinen bin ich ja ein eigentlich recht leicht liebzugewinnender Mensch. Ich achte auf meine Umwelt, die Menschen um mich herum und selbst im Taxi verprügele ich nur selten meine Fahrgäste. Spaß beiseite: Ich hab noch keinen verdroschen!

Aber – ein paar wenige kennen mich so – ich war auch mal anders.

Nein, der typische Schul-Rowdy war ich nie. Glaube ich zumindest. Aber es gibt Menschen, die bleibende Schäden durch mich erlitten haben. Die meisten allerdings verdient.

Als „Fettsack“ der Klasse bin ich oft genug Opfer gewesen. Ich habe Spott, Hänseleien und dergleichen mehr zur Genüge abbekommen. Das Problem der meisten meiner Gegner war: Ich war nicht nur fett, sondern auch groß und stark. Mit Entsetzen nahm meine Mutter vor zig Jahren zur Kenntnis, dass ich einem Jungen namens Goran aus meiner Klasse ein blaues Auge verpasst hatte. Was kaum jemand wusste war indes, dass er dieses bekam, als ich bereits am Boden lag und einer meiner verteidigenden Fußtritte ihn glücklicherweise so treffsicher in die mich verhöhnende Fresse traf, dass ich noch heute ein wenig von der Genugtuung zehren kann, wenn ich nur daran denke.

Kinder sind Arschlöcher. Und als solche sind sie sehr effektiv. Da hab ich eben keine Ausnahme gemacht. Wenn ich etwas in dieser Hinsicht bereue, dann höchstens, dass mein zeitweiliger Freund Thomas von mir einen Bleistift ins Bein gerammt bekam, dessen Spitze er wahrscheinlich noch heute vorzeigen kann. Die anderen hatten die Schläge ins Gesicht und die Stühle auf den Kopf (kein Witz, so war ich wirklich drauf!) verdient.

Wie man in mir gut erkennen kann: Nicht aus jedem verhaltensauffälligen Kind wird ein Psychopath. Allerdings kann ich bestätigen, dass äußerst brutale Mordfantasien in meinem Leben als (kindliches) Arschloch durchaus vorgekommen sind. Ich vermute, die Fachwelt wird es erschrecken, dass das etwa zeitgleich mit dem Aufkommen von „Killerspielen“ nachgelassen hat …

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Make good Art!

Manchmal passiert es mir, dass ich Dinge sehe, höre oder lese, die mich vor Erstaunen und Ehrfurcht erschaudern lassen. Wortwörtlich. Bilder, Musik, Sprache, ein paar Häppchen meist digitaler Darreichungsform, sorgen dann dafür, dass mich ein wohliger Schauder überkommt, sich meine Nackenhaare aufstellen und ich gefesselt bin vor Staunen. Manchmal sind es ausdrucksstarke Fotos oder innovative Songs, viel öfter allerdings ist es die Sprache. Im einfachsten Fall reicht ein Tweet von 140 Zeichen aus, um mich innerlich zu verneigen vor dem Verfasser, meist braucht es ein wenig mehr: Ein Buch, einen Blog, zumindest aber mal einen ganzen Text, und wenn es „nur“ ein Gedicht ist.

In dieser Aufzählung nicht vorgekommen ist bis jetzt immer die Rede. Reden sind zwar eigentlich dazu da, Menschen zu bewegen und die Geschichte ist reich an ihnen, mein persönlicher Kontakt zu dieser Kommunikations- und Kunstform beschränkte sich allerdings bislang eher auf die unschönen Beispiele uninspirierter Demo-Beiträge oder die kleinen Ansprachen zu Familien- oder Betriebsfeiern.

Auf meinen verschlungenen Pfaden durchs Internet bin ich dann neulich allerdings bei einer Rede gelandet, die gleichermaßen einen etwas seltsamen Anlass, dennoch einen Schnittpunkt mit dem Leben vieler Menschen hat: die inzwischen nicht zu Unrecht relativ bekannte Rede von Neil Gaiman vor den abgehenden Studenten der University of the Arts in diesem Frühjahr. Wer jetzt das große Fragezeichen auf der Stirn hat: Keine Panik! Ich kannte ihn vorher auch nicht. 😉

Auf jeden Fall hat der Autor eine Rede gehalten, die in Punkto Inspiration für Künstler alle Register zieht und die einfach nur das schwer zu übersetzende Prädikat „awesome“ verdient. Die Rede ist 20 Minuten lang und auf Englisch, aber ich kann sie jedem ans Herz legen. Auch ohne jedes einzelne Wort zu verstehen, ist sie einfach mitreißend. Wer also rudimentäre Englischkenntnisse hat und das Wort Kreativität nicht nur aus Buchstabierwettbewerben kennt, sollte sich die Zeit nehmen:

Eigentlich gäbe es genügend gute Ansatzpunkte, um sich mit dem Inhalt der Rede auseinanderzusetzen. In Anbetracht dessen, dass ich nach diesem zeitintensiven Video sicher nicht noch Millionen weit langweiligerer Zeichen nachzuschieben brauche, will ich nur kurz einen kleinen Nebenaspekt aufgreifen:

Gaiman sagt, dass sobald sich ein geringer Erfolg als Künstler einstellt, man das Gefühl hat, gerade mit irgendwas quasi unlauterem durchzukommen und dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis man entdeckt wird und der Traum damit aus ist. Dass diesen Gedanken auch andere haben, noch dazu wirklich erfolgreiche Menschen, hat mich in mich hineinkichernd hinterlassen, wohlwissend, dass das gleichermaßen ein reales Gefühl wie völliger Irrsinn ist.

Da sitzt man z.B. als Schreiberling da und hat einen Haufen halbwegs brauchbare Texte vor sich. In meinem Fall landet der Haufen dann recht schnell, höchstens ein bisschen verteilt, im Netz. Und mit der Zeit häufen sich die Komplimente für die Arbeit, für die Kreativität, für schöne Formulierungen und irgendwann kommen dann sogar Anfragen. Anfragen, ob man nicht im Radio was über sich erzählen will, ob man hier oder da mitarbeiten möchte. Ja, es kommen plötzlich sogar Leute an, die sich darüber freuen, wenn man sie auch nur in einem Nebensatz erwähnt.
Und was macht man in dem Moment als „Künstler“? Man sitzt da und denkt sich:

„WTF? Geile Scheiße! Aber irgendwann merken die, dass ich nix anderes mache, als an meinem Schreibtisch ein paar lustige Texte zu schreiben.“

Wer auch immer nur den leichtesten Draht zu irgendeiner Form von Kunst hat – ja, auch Blogger! Ja, auch Comiczeichner! Wir reden hier nicht ausschließlich von Nobelpreisliteratur, die man wahrscheinlich gar nicht am PC schreiben darf! – sollte sich die Rede von Gaiman einmal antun und sie auf sich wirken lassen! Ich bin mir sicher, dass viele danach ermutigt sind, genau das zu tun, was der Autor den Studenten in jeder noch so beschissenen Lebenslage empfiehlt:

Make good Art!

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